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17.05.1999 07:14

Lucas-Preis 1999 an amerikanischen Religionswissenschaftler

Michael Seifert Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

    Lucas-Preis 1999 an amerikanischen Religionswissenschaftler

    Universität Tübingen ehrt Steven Theodore Katz

    Am Dienstag, dem 18. Mai 1999, verleiht die Evangelisch-Theologische Fakultät im Namen der Eberhard-Karls-Universität Tübingen den mit 60.000 DM dotierten Dr. Leopold-Lucas-Preis an den amerikanischen Religionswissenschaftler und Historiker Prof. Dr. Steven Theodore Katz.

    Die Fakultät zeichnet Steven Katz - wie es in der Verleihungsurkunde heißt - aus, da er "die jüdische Religions- und Geistesgeschichte umsichtig zu erschließen, das Phänomen der Mystik im interreligiösen Vergleich profund zu erforschen und die internationale Holocaust-Forschung mit seinen Beiträgen eindrucksvoll zu bereichern verstanden hat".

    Der Festakt aus Anlaß der Preisverleihung findet um 17.30 Uhr im Festsaal der Neuen Aula, Wilhelmstr. 7, statt. Die Laudatio auf den Preisträger hält der Dekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät, Prof. Dr. Volker Drehsen. Der Preisträger wird in seinem Festvortrag das Thema "Continuity and Discontinuity in the History of Antisemitism" behandeln.

    Der mit 60.000 DM dotierte Dr. Leopold-Lucas-Preis würdigt alljährlich hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Theologie, der Geistesgeschichte, der Geschichtsforschung und der Philosophie. Er ehrt dabei insbesondere Persönlichkeiten, die zur Förderung der Beziehungen zwischen Menschen und Völkern wesentlich beigetragen und sich durch Veröffentlichungen um die Verbreitung des Toleranzgedankens verdient gemacht haben. Zu den bisherigen Preisträgern gehörten namhafte Wissenschaftler wie Karl Rahner, Paul Ricoeur, Raimund Popper oder Michael Walzer. Die Auszeichnung wurde 1972 von dem am 9. Juli 1998 verstorbenen Generalkonsul Franz D. Lucas, ehemals Ehrensenator der Eberhard-Karls-Universität, zum 100. Geburtstag seines in Theresienstadt umgekommenen Vaters, des jüdischen Gelehrten und Rabbiners Dr. Leopold Lucas gestiftet.

    Steven T. Katz wurde 1944 in Jersey City geboren. Er studierte u. a. an der Rutgers University sowie an den Universitäten von New York und Cambridge. Nach mehreren Assistenzprofessuren lehrte Katz als Full-Professor zunächst von 1984 bis 1988 in Ithaka, N. Y., heute an der Bostoner Universität als Leiter des "Center for Judaic Studies". In der Zwischenzeit nahm er zahlreiche Gastprofessuren u. a. in Jerusalem, Lancaster, Toronto, Santa Barbara und Cambridge, Mass., wahr.

    Auf den Gebieten der jüdischen Studien, der Religionswissenschaft und der historischen Holocaust-Forschung gilt Steven T. Katz als eine international anerkannte Kapazität. Mit seinen Büchern, wie "Jewish Philosophers" (1975), "Jewish Ideas and Concepts" (1977), "Jewish Neo-Platonism" (1980) und "Medieval Jewish Philosophy" (1980), hat sich Katz als profunder Kenner der Quellen, Traditionen und Zentralthemen der jüdischen Religions- und Geistesgeschichte erwiesen. Mit präzisen Geschichtskenntnissen und plausiblen Argumentationsgängen hat er dem christlich-jüdischen Dialog immer wieder eine historische Tiefenschärfe einzuzeichnen verstanden.

    Aus der Feder von Steven T. Katz stammen darüber hinaus bahnbrechende Beiträge zur interdisziplinären Erforschung und zum interreligiösen Vergleich der Mannigfaltigkeit mystischer Erfahrungen in Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus. Hierzu hat er vielbeachtete Studien und Aufsatzsammlungen vorgelegt: "Mysticism and Philosophical Analysis" (1978), "Mysticism and Religious Traditions" (1983) sowie "Mysticism and Language" (1982). Schließlich ist Katz auch in der internationalen Holocaust-Forschung als profilierter Exponent und umsichtiger Promotor hervorgetreten. Angesichts pauschaler Ursachenvermutungen und diffuser Betroffenheitsgefühle hat Katz immer wieder auf präziser historischer Forschung und begriffsdifferenziertem Urteilsvermögen bestanden. Davon legen seine Bücher "Post-Holocaust Dialogues" (1983), "The Holocaust in Historical Context" (1992), "Historicism, the Holocaust, and Zionism" (1992) und "The Holocaust and Comparative History" (1993) ein ebenso aufschlußreiches wie eindrucksvolles Zeugnis ab.

    Dr. Leopold Lucas wurde am 18. September 1872 in Marburg geboren. Er entstammte einer seit Anfang des 17. Jahrhunderts in Marburg ansässigen jüdischen Familie. Lucas studierte in Berlin Geschichte und jüdische Wissenschaft sowie Philosophie und orientalische Sprachen. 1895 wurde er in Tübingen mit einer Dissertation über die "Geschichte der Stadt Tyrus zur Zeit der Kreuzzüge" zum Doktor der Philosophie promoviert. Im Jahre 1899 wurde er als Rabbiner nach Glogau berufen. Er diente dieser traditionsreichen jüdischen Gemeinde vier Jahrzehnte lang als Lehrer, Prediger und Seelsorger. Unermüdlich war Leopold Lucas während seines ganzen Lebens wissenschaftlich tätig. Sein besonderes Arbeitsgebiet war die Geschichte der Juden in den ersten christlichen Jahrhunderten. Lucas war 1902 Initiator der "Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums", deren Leitung er sich mit Martin Philippson teilte. Im Jahr 1940 folgte Lucas einem Ruf an die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin - zu einer Zeit also, in der die Vernichtung der Juden in Deutschland beschlossene Sache war und begonnen hatte. Am 17. Dezember 1942 wurde Leopold Lucas zusammen mit seiner Frau nach Theresienstadt deportiert. Auch hier wirkte er noch als Seelsorger seiner Leidensgenossen. Er erlag am 13. September 1943 den Strapazen des Konzentrationslagers. Frau Dorothea Lucas wurde im Oktober 1944 nach Auschwitz verschleppt und umgebracht.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
    Deutsch


     

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