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05.09.1996 00:00

"Knockout-Maus" als Krankheitsmodell

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 05.09.1996 Nr. 159

    Wenn Maeuse ,K.O." gehen

    ,Knock-out" Technologie liefert Krankheitsmodelle

    RUB-Mediziner klaert geheimnisvolle Proteinfunktion

    Vor 30 Jahren wurde es entdeckt - ein Eiweiss, das die Evolution nahezu unveraendert ueberstand und sich in vielen ganz verschiedenen Lebewesen wiederfindet. Deshalb - so die Fachwelt - muesse es eine besondere Rolle bei der Steuerung wichtiger Lebensprozesse spielen. Doch das Geheimnis lueften kann erst jetzt Dr. med. Juergen Braun (Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitaetsklinik Bergmannsheil der RUB, Direktor: Prof. Dr. Helmut Schatz) nach einem Forschungsaufenthalt bei den Nobelpreistraegern Goldstein und Brown (USA) mit Hilfe der ,Knockout-Technologie". Im Blut von ,Knockout"-Maeusen konnte er inzwischen gehaeuft Liganden, die Bindungspartner dieses Eiweisses (Proteins), nachweisen. Jetzt ist es moeglich, die Liganden zu isolieren, zu reinigen und schliesslich die biologische Funktion des Proteins zu klaeren.

    ,Knock-out-Maus": Das Prinzip

    Mit Hilfe sogenannter ,Knockout"-Verfahren ist es seit kurzem moeglich, ein bestimmtes Gen gezielt in einem Kleintier ,auszuschalten" und somit seine Funktion im lebenden Organismus zu untersuchen. Zu diesem Zweck wird zunaechst ein ,Inaktivierungsvektor" durch sogenannte homologe Rekombination in die embryonalen, noch undifferenzierten Stammzellen von Maeuseembryos uebertragen (homologe Rekombination: Faehigkeit von Saeugerzellen identische DNA-Bereiche zwischen entsprechenden Chromosomen auszutauschen; in der Natur Voraussetzung dafuer, dass neues Erbgut entstehen kann).

    Ein Gen wird ,ausgeknockt"

    Der kuenstlich hergestellte Inaktivierungsvektor besteht aus einem eigentlichen Inaktivierungsgen, das von zwei benachbarten DNA-Abschnitten des auszuschaltenden Gens umgeben ist. Diese DNA-Bereiche sichern die Aufnahme (durch homologe Rekombination) des Vektors an der richtigen Stelle im Maeuseerbgut. Dass das Inaktivierunsgen nicht nur die vorhandene Information des Zielgens zerstoert, sondern gleichzeitig die Zellen resistent gegenueber Antibiotika macht, vereinfacht seine weitere Anreicherung: Bei Gabe entsprechender Antibiotika wachsen lediglich die Zellen mit dem ,Defektgen". Nach Transfer dieser Zellen in die Empfaengermaeuse entwickeln sich zunaechst Tiere, deren Gewebe aus einer Mischung von Zellen der Empfaengermaeuse und der Stammzellen mit dem ,Defektgen" besteht (Chimaeren). Nach weiteren Kreuzungen koennen schliesslich anhand der Fellfarbe der Tiere die ,Knockout"-Maeuse erkannt werden. In allen Zellen dieser Maeuse ist das Gen zerstoert oder ,ausgeknockt".

    Mit K.O-Maeusen gegen Volkskrankheit

    Da das Auftreten zahlreicher menschlicher Erbkrankheiten haeufig Folge gestoerter Genfunktionen ist, stellt die ,Knockout"- Maus ein ideales Krankheitsmodell dar. Mit ihm lassen sich beispielsweise schnell reproduzierbare Aussagen ueber die Rolle eines bestimmten Gens bei der Krankheitsentstehung machen und neue Therapiestrategien bzw. die Auswirkungen von Medikamenten mit neuen Wirkmechanismen ueberpruefen. So wurden ,Knockout"-Maeuse erzeugt, die als Krankheitsmodell der menschlichen Atherosklerose dienen koennen. Diese Krankheit kann verschiedene Ursachen haben; eine ist die genetisch bedingte familiaere Hypercholesterinaemie. Sie ist Folge der gestoerten Funktion des Gens fuer den low density lipoprotein Rezeptor (LDLR). In diesem Fall hat die ,fette Malzeit" schwere Folgen, denn die schaedlichen cholesterolhaltigen Partikel werden nicht mehr aus dem Zellplasma gefischt, sondern vermehrt in den Gefaesswaenden abgelagert. Nicht selten endet dieser Prozess in den Herzkranzgefaessen mit dem Herzinfarkt.

    Vermutungen nicht bestaetigt

    Fuer die Entdeckung und Charakterisierung des LDL-Rezeptors erhielten Goldstein und Brown (USA) 1985 den Nobelpreis fuer Medizin. Waehrend eines Forschungsaufenthaltes in den USA begann Dr. Braun in den Laboratorien der Nobelpreistraeger mit den Untersuchungen des Rezeptors fuer Asialoglykoprotein, dem seit 30 Jahren bekannten Protein, dem die Fachwelt bislang ebenfalls eine besondere Rolle im Fettstoffwechsel des Koerpers und damit bei der Entstehung der Atherosklerose zugeschrieben hatte. Die mit Hilfe der ,Knockout"-Maeuse gewonnenen Ergebnisse bestaetigen dies nicht. Doch mit Brauns Nachweis von Liganden im Blut der Tiere steht nun der Charakterisierung des geheimisvollen Proteins nichts mehr im Wege.

    Weitere Informationen

    Dr. med. Juergen Braun, Universitaetsklinik Bergmannsheil, Buerkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum, Tel.: 0234/3 02 64 00, Fax: 0234/3026403


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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