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24.05.1999 09:49

FAO: Pestizid-Giftmüll in vielen Ländern eine gefährliche Zeitbombe

Erwin Northoff Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen

    Rom, 24. Mai - Grosse Bestände alter und ungenutzter Schädlingsbekämpfungsmittel drohen in Afrika und im Nahen Osten zu einer "gefährlichen Zeitbombe" zu werden. Darauf hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) anlässlich einer Tagung in Rom hingewiesen.

    Falls die Beseitigung des Pestizidmülls nicht beschleunigt werde, sei in Afrika und im Nahen Osten frühestens im Jahre 2030 mit einer Lösung dieses schweren Umweltproblems zu rechnen. Die FAO rief die internationale Gemeinschaft und die Pestizid-Industrie dazu auf, sich finanziell stärker an den Aufräumarbeiten zu beteiligen.

    Die Pestizid-Altlasten werden weltweit auf einige hunderttausend Tonnen geschätzt, in den Entwicklungsländern sollen es mehr als 100 000 Tonnen sein. In Afrika lagern rund 20 000 Tonnen. Besonders dramatisch ist die Lage in Polen, dort werden die Bestände auf 65 000 Tonnen geschätzt, in der Ukraine sollen es rund 23 000 Tonnen sein. Die FAO unterstützt in erster Linie Länder in Afrika und im Nahen Osten bei der Beseitigung des Mülls.

    Die Chemikalien sind oft über 30 Jahre alt, sie lagern im Freien und sind für jeden zugänglich. Viele Pestizide stammen aus früherer Entwicklungshilfe, sie können nicht mehr benutzt werden, da sie inzwischen entweder verboten worden sind oder ihr Verfallsdatum längst überschritten ist.

    "Oft sind die Metallbehälter undicht, hochgiftige Stoffe versickern im Boden, sie vergiften das Grund- und Trinkwasser", sagte FAO-Mitarbeiter Alemayehu Wodageneh. "In vielen Fällen lagern die Pestizide in der Nähe von Märkten und Lebensmitteln, selbst Kinder können dort spielen. Es kommt immer wieder zu Unfällen. Diese vergessenen Chemikalien können in ländlichen Gebieten und in grossen Städten eine Tragödie verursachen. Es gibt kaum ein Entwicklungsland ohne Pestizid-Altlasten". Die Giftfässer enthalten meistens Aldrin, DDT, Dieldrin, Endrin, Hexachlorcyclohexan (HCH), Lindane, Malathion, Parathion.

    Seit 1994 wurden rund 3 000 Tonnen Giftmüll aus 14 Ländern Afrikas und aus zwei Staaten des Nahen Ostens vernichtet. "Behalten wir das bisherige Tempo bei der Beseitigung des Mülls bei, werden Afrika und der Nahe Osten das Problem nicht vor dem Jahr 2030 in den Griff bekommen. Und dies bezieht sich nur auf die Beseitigung der Behälter, es wird viel länger dauern, wenn auch verseuchter Boden beseitigt oder gereinigt werden muss", sagte Wodageneh.

    Die Aufräumarbeiten in Afrika und im Nahen Osten haben bislang etwa 24,4 Millionen Dollar gekostet. Zu den wichtigsten Gebern zählen die Niederlande, Dänemark, Deutschland, Südafrika, die USA, Schweden und die FAO. Insgesamt werden für Afrika und den Nahen Osten zwischen 80 und 100 Millionen Dollar benötigt.

    Die Chemie-Industrie hat bislang nur sehr begrenzt an den Programmen teilgenommen. Nur Shell International hat sich an der Beseitigung von Dieldrin in Mauretanien mit rund 300 000 Dollar beteiligt. "Dies entspricht etwa einem Prozent der bisher in Afrika und im Nahen Osten eingesetzten Mittel", sagte Wodageneh. "Von ihrer einst gemachten Verpflichtung, die Vernichtung von einem Kilogramm/Liter Pestizidmüll mit einem Dollar mitzufinanzieren, ist die Industrie weit entfernt. Ihre Unterstützung aber ist wichtig, da Regierungen und andere Geber die Aufräumarbeiten nicht allein bezahlen können". Die FAO rief deshalb die Chemie-Unternehmen dazu auf, sich stärker als bisher an den Programmen zu beteiligen.

    In Äthiopien (rund 1 500 Tonnen) und Tansania (etwa 1 100 t) will die FAO als nächstes Pestizid-Altlasten beseitigen. Verschiedene Geber haben angekündigt, sich an den Aufräumarbeiten in Äthiopien mit rund vier Millionen Dollar zu beteiligen. Die Geberländer dringen besonders darauf, dass die Entwicklungsländer alles tun, um zu verhindern, dass sich dort in Zukunft weiterhin Pestizidmüll ansammelt.

    Die Hochtemperatur-Verbrennung ist nach FAO-Angaben nach wie vor das beste Verfahren, um die Pestizid-Altlasten zu vernichten. Da es in den meisten Entwicklungsländern keine sicheren und umweltverträglichen Verbrennungsöfen gebe, müsse der Pestizid-Abfall zur Verbrennung nach Europa gebracht werden.

    Der Pestizidmüll hat sich in den Entwicklungsländern aus verschiedenen Gründen angehäuft: so werden Pestizide weiterhin gelagert, die längst verboten worden sind; zudem kann das Ausmass von Schädlingsplagen nicht genau abgeschätzt werden; auch werden oft zu viele Bekämpfungsmittel geliefert. In vielen Fällen werden falsche und unwirksame Pestizide beschafft und oft am Bedarf vorbei verkauft.

    Die hochgiftigen Bestände an Pestiziden werden weiter wachsen, wenn nicht eindeutig mehr für die Müllvermeidung getan werde, warnte die FAO. Sie rief die Entwicklungsländer dazu auf, integrierte Schädlingsbekämpfung anzuwenden und deutlich weniger Pestizide zu benutzen.


    Weitere Informationen:

    http://www.fao.org/WAICENT/FAOINFO/Agricult/AGP/AGPP/Pesticid/Disposal/default.h...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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