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Wissenschaft
Jena. (07.06.99) "In den nächsten zehn Jahren müssen einschneidende Reformen in der deutschen Juristenausbildung durchgesetzt werden, sonst verlieren wir den Anschluß im europäischen Wettbewerb", fordert der neu gewählte Vorsitzende des Juristen-Fakultätentages, Prof. Dr. Peter M. Huber. Der 40jährige Rechtsprofessor, der an der Friedrich-Schiller-Universität lehrt, war am vergangenen Freitag einstimmig in dieses Amt gewählt worden.
Er löst damit seinen Jenaer Kollegen Prof. Dr. Olaf Werner ab. Noch nie seien die Bedingungen für eine ernsthafte Reform so günstig gewesen wie jetzt unter dem Diktat leerer öffentlicher Kassen, sagte Huber heute. Allerdings sehe er als Grundvoraussetzung an, daß die administrative Gängelung der 42 rechtswissenschaftlichen Fakultäten in Deutschland durch die Wissenschaftsverwaltung abgebaut und die dominierende Stellung der Justizprüfungsämter zurückgeführt werde. Erst dann könnten eigenständige Profile und damit mehr Wettbewerb untereinander und in Europa entstehen.
"Prinzipiell erfüllt die deutsche Ausbildung zum sogenannten Einheitsjuristen hohe Qualitätsmaßstäbe", so Huber weiter, "aber sie ist viel zu stark auf das Richteramt orientiert." Nur etwa fünf Prozent der Absolventen arbeiten auf dieser Seite der Justiz. Warum den Studenten als zentrales Element oftmals nur vermittelt werde, wie man Urteile findet und begründet, sei deshalb nicht einsichtig. "Wir müssen mehr an andere Aufgabenfelder der Justizberufe denken: vor allem an Anwälte und Unternehmensjuristen", fordert Huber.
Er schließt nicht aus, daß in absehbarer Zeit mit Alternativangeboten an Studienschwerpunkten, etwa im Wirtschafts- und Umweltrecht, im Sozial- und Arbeitsrecht, auch akademische Abschlüsse jenseits des üblichen Staatsexamens möglich würden. Damit erhielten die Hochschulen auch die Chance, eigenständige wettbewerbstaugliche Profile zu entwickeln.
Einmütigkeit herrscht unter den deutschen Jura-Fakultäten darin, daß die Zahl der Jurastudenten verringert werden müsse. "Das darf aber nicht durch blindwütiges ,Rausprüfen' nach der Vorgabe haushaltskompatibler Studierendenzahlen passieren", fordert Huber, "sondern wir müssen unseren Studenten stärker als bisher helfen, frühzeitig zu erkennen, ob sie für einen juristischen Beruf geeignet sind oder nicht." Offenbar setzt sich inzwischen ein Prüfungssystem durch, nach dem während der ersten drei Semester zwölf Kernfächer mit Klausur abschließen; wer nicht mindestens acht davon besteht, wird exmatrikuliert. Rund die Hälfte der juristischen Fakultäten in Deutschland praktiziert dieses Verfahren bereits, in Jena soll es diesen Herbst eingeführt werden.
Eine klare Absage erteilte Huber dem sogenannten Behrends-Modell, das von den Justizministern favorisiert wird. Darin wird vorgeschlagen, das Referendariat durch praktische Ausbildungselemente zu ersetzen, die von Richtern in Kleingruppen an den Hochschulen gelehrt werden. - Zu teuer, zu realitätsfern, zu sehr auf die deutsche Binnenperspektive konzentriert und zu unwissenschaftlich, urteilt Huber, der selbst im Nebenamt als Richter am Thüringer Oberverwaltungsgericht tätig ist.
Jedoch berge der Entwurf auch einige sehr vernünftige Ansätze, über die nun konstruktiv verhandelt werde. "Wir stehen in einem guten Dialog mit den Justiz- und mit den Wissenschaftsministern", so Huber hoffnungsvoll. "Allerdings sind wir auch zum Erfolg verdammt, denn es kann schon aus finanziellen Gründen nicht so weitergehen wie bisher."
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Peter M. Huber
Tel.: 03641/942200, Fax: 942202
e-mail: pmhuber@lawnet1.recht.uni-jena.de
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Wolfgang Hirsch
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931031
Fax: 03641/931032
e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de
Neuer Vorsitzender des Juristen-Fakultätentages: Prof. Dr. Peter M. Huber
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Politik, Recht
überregional
Studium und Lehre
Deutsch
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