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Wissenschaft
Die am ITER-Projekt beteiligten Länder einigen sich auf den
europäischen Standort Cadarache
Das Forschungszentrum Karlsruhe ist im Rahmen des europäischen Fusionsprogramms seit vielen Jahren federführend an der Entwicklung von Technologien für ITER beteiligt. Mit dem Experimentalreaktor ITER soll der Durchbruch in der Fusionsforschung gelingen. Sechs internationale Partner, die Europäische Union, die USA, Russland, Japan, Südkorea und China, sind an seiner Entwicklung beteiligt und werden die für den Bau notwendigen Mittel von fünf Milliarden Euro bereitstellen. Die Vertreter der am ITER-Projekt beteiligten Länder (für die EU: Forschungskommissar Janez Potocnik) haben sich heute morgen in Moskau nach mehrjährigen Verhandlungen auf einen Standort für dieses internationale Großprojekt geeinigt: ITER wird in Südfrankreich, in Cadarache, gebaut.
Die weltweite Fusionsforschung hat sich zum Ziel gesetzt, kommerzielle Fusionskraftwerke zu entwickeln, die nach dem Vorbild der Sonne aus der Verschmelzung leichter Atomkerne Energie gewinnen. Der Brennstoff ist ein sehr dünnes ionisiertes Gas - auch Plasma genannt - aus den Wasserstoffarten Deuterium und Tritium, die zu Helium verschmelzen. Mit dem Experimentalreaktor ITER soll der Durchbruch gelingen: Erstmals wird um ein Vielfaches mehr Energie gewonnen als zur Zündung des Fusionsfeuers bei 100 Millionen Grad Celsius aufgewendet wird. Die projektierte Leistung des ITER liegt mit 500 Megawatt bereits im Bereich großer Kraftwerke. Die Errichtung des Testreaktors wird rund fünf Milliarden Euro kosten. Partner dieses weltumspannenden Projektes sind die Europäische Union, Russland, Japan, China, Südkorea und die USA; Indien und Brasilien haben Interesse an einer Partnerschaft gezeigt.
Das Forschungszentrum Karlsruhe ist im europäischen Fusionsprogramm seit vielen Jahren federführend an der Entwicklung von Technologien für ITER beteiligt; die wesentlichen bisher entwickelten Komponenten sind im Folgenden dargestellt.
Zur Aufheizung des Plasmas auf Temperaturen um 100 Millionen Grad Celsius wurden Mikrowellenröhren - im Prinzip ähnlich wie die Mikrowelle in der Küche - entwickelt, die mit Ausgangsleistungen von ein bis zwei Megawatt (ein Megawatt entspricht der Leistungsaufnahme von etwa 1500 Küchenmikrowellen) bei einer Frequenz von 140 bis 170 Gigahertz Weltspitze sind.
Das heiße Plasma muss durch starke Magnetfelder - hunderttausendfach stärker als das Erdmagnetfeld - eingeschlossen werden, denn kein Material würde derartige Temperaturen aushalten. Dazu benötigt man große supraleitende Magnetspulen, weil normal leitende Spulen praktisch die gesamte gewonnene elektrische Energie verbrauchen würden. In der Testanlage TOSKA des Forschungszentrums gelang es weltweit erstmals, eine solche gemeinsam mit der Industrie entwickelte Spule ohne Verluste mit Stromstärken von 80 000 Ampère zu betreiben.
Der Brennstoff für den Fusionsreaktor wird in einem geschlossenen Kreislauf prozessiert: Das Deuterium-Tritium-Gemisch wird im Plasma verbrannt, die "Asche" Helium und unverbrannter Brennstoff abgesaugt, das Helium abgetrennt und der Brennstoff gereinigt und in das brennende Plasma rückgeführt. Im Tritiumlabor Karlsruhe, einem europaweit einzigartigen Labor, werden die Komponenten dieses Kreislaufes für ITER entwickelt und erprobt.
Die Umwandlung der Energie aus dem Plasma in nutzbare Wärme sowie die Herstellung des in der Natur selten vorkommenden Tritiums aus dem überall verfügbaren Lithium erfolgt in einem zukünftigen Fusionskraftwerk - der nächste Schritt nach ITER - im so genannten Blanket. Als Blanket bezeichnet man die innere Auskleidung der Brennkammer des Kraftwerks. Das Forschungszentrum entwickelt ein solches Blanket, das in ITER in Form von Testkörpern einer Funktionsprüfung unterzogen werden soll.
"Mit ITER werden die physikalischen und technischen Grundlagen geschaffen, um die Fusion als eine nachhaltige, umweltverträgliche Energiequelle zu erschließen, die sich zudem durch günstige Sicherheitseigenschaften und Brennstoffvorräte für viele Jahrtausende auszeichnet", erläutert Dr. Günter Janeschitz, Leiter des Programms Kernfusion im Forschungszentrum Karlsruhe.
Das Forschungszentrum Karlsruhe ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,1 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.
Joachim Hoffmann 28. Juni 2005
Die Farbfotos senden wir Ihnen auf Wunsch gerne zu (Telefon 07247 82-2861).
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau, Mathematik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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