idw - Informationsdienst
Wissenschaft
16.6.1999
Ausstellung über das SA-Gefängnis General-Pape-Straße "Verfolgte Ärzte im Nationalsozialismus" eröffnet
RKI gedenkt der Opfer des Nazi-Terrors
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 entstanden an verschiedenen Orten in Berlin sogenannte "wilde Kon-zentrationslager", die den neuen Machthabern dazu dienten, politi-sche Gegner nach willkürlichen Verhaftungen zu verhören und zu mißhandeln. Auch auf dem Gelände des damaligen Kasernenkom-plexes an der General-Pape-Straße, das heute teilweise vom Robert Koch-Institut belegt wird, befand sich von März bis Dezember 1933 ein Gefängnis der SA-Gruppe Berlin-Brandenburg. Hier wurden etwa 2 000 Menschen - darunter bedeutende Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Kultur - gefangengehalten, gefoltert und psychisch mißhandelt. In vielen Fällen führten die willkürlichen Mißhandlun-gen zum Tode der Inhaftierten.
Mit der Ausstellung im Robert Koch-Institut sollen die Beiträge der im Tempelhofer SA-Gefängnis Inhaftierten zum Gesundheitswesen in Forschung, Praxis und Politik gewürdigt werden. Die Ausstellung rekonstruiert Lebenswege dieser verfolgten Menschen vor 1933 und - sofern sie überlebten - nach 1945. Auf sieben Tafeln werden Ärzte und Ärztinnen sowie Gesundheitspolitiker vorgestellt, die in den zwanziger Jahren als Hausärzte, Kliniker oder fortschrittliche So-zialmediziner tätig waren. Dr. Arno Philippsthal und der Kranken-kassen-Geschäftsführer und Geschäftsführer der Ambulatorien Max Ebel waren z.B. zwei der Opfer, die an ihren Verletzungen aus den Folterungen im SA-Gefäng-nis starben.
Aus den Biographien der Opfer wird deutlich, daß mit ihrer Vertreibung oder ihrem Tod viele Ideen und Konzepte des sich damals schnell entwickelnden Public Health-Gedankens zerstört wurden. Welche Folgen die nationalsozialistische Herrschaft für die Medizin hatte, wird am Beispiel des Krankenhau-ses Moabit und den Fürsorgestellen, Ambulatorien sowie Poliklini-ken gezeigt.
Nach 1945 gerieten der Ort und die Ereignisse in Vergessenheit. Erst 1992 wurden die Kellerräume des Gefängnisses an der General-Pape-Straße durch den Hinweis eines Zeitzeugen wiederentdeckt. Der Tod oder die Emigration der Opfer machen es schwierig, die Namen und Lebensgeschichten der Betroffenen und die Geschehnisse zu rekon-struieren.
"Das Robert Koch-Institut will mit der Ausstellung 'Verfolgte Ärzte im Nationalsozialismus'an die Gewalt, Willkür und Brutalität der nationalsozialistischen Herrschaft auch gegenüber Ärzten erinnern", sagt Prof. Reinhard Kurth, Leiter des Robert Koch-Instituts, der am 16.6.1999 um 11 Uhr, die Ausstellung eröffnet. Paul Tollmann, ein ehemaliger Gefan-gener, wird über die Zeit seiner Inhaftierung berichten. Außerdem wird die Soziologin Sylvia Walleczek die Entdeckung der Keller-räume des SA-Gefängnisses Papestraße beschreiben, die nach 60 Jahren Licht in die dunkle Vergangenheit der General-Pape-Straße brachte.
Die Ausstellung "Verfolgte Ärzte im Nationalsozialismus" befindet sich im Robert Koch-Institut, General-Pape-Straße 62, Berlin-Tem-pelhof. Sie ist werktags von 9 bis 15 Uhr geöffnet.
+++ Ende RKI-P+++
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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