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17.06.1999 15:42

Internationale Polarforschungskonferenz in Bremerhaven

Dipl.-Ing. Margarete Pauls Kommunikation und Medien
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung

    Keine Probleme mit dem Überleben in der Kälte:Wie leben Pflanzen und Tiere in der antarktischen Packeiszone? Das ist das Thema der internationalen Konferenz "Ecology of the Antarctic Sea Ice Zone (EASIZ)", die vom 22. bis zum 25. Juni 1999 im Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven stattfindet. Über 100 Polarforscher treffen sich, um die Ergebnisse des seit 1995 laufenden EASIZ-Programms zu diskutieren.

    Wie leben Pflanzen und Tiere in der antarktischen Packeiszone? Das ist das Thema der internationalen Konferenz "Ecology of the Antarctic Sea Ice Zone (EASIZ)", die vom 22. bis zum 25. Juni 1999 im Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven stattfindet. Über 100 Polarforscher aus 17 Nationen folgen der Einladung des AWI, um die Ergebnisse des seit 1995 laufenden EASIZ-Programms zu diskutieren.
    Die Packeiszone - auf den ersten Blick ein extrem unwirtlicher und lebensfeindlicher Eisgürtel um den antarktischen Kontinent. Bis vor 15 Jahren war sie eines der am wenigsten erforschten Gebiete der Weltmeere. Mit dem regelmäßigen Einsatz des Forschungseisbrechers "Polarstern" und anderer Forschungsschiffe begann eine der letzten großen Entdeckungen auf unserem Planeten. Heute kommen die Wissenschaftler aus dem Staunen nicht heraus. Die scheinbar lebensfeindliche Packeiszone gehört zu den reichsten und interessantesten Meeresgebieten der Welt. Die an extreme Kälte, Nahrungsmangel und Eisbedeckung angepaßte Lebewelt entwickelt am Meeresboden artenreiche Gemeinschaften, die an subtropische Felswände oder tropische Korallenriffe erinnern. Im freien Wasser finden sich große Mengen verschiedener Krebse; Algen in winzigen Eiskanälchen und an der Eisunterseite stellen die Grundlage für komplexe Nahrungsnetze, an deren Ende Krebse, Fische, Pinguine, Robben und Wale stehen. Die Vorstellung, ein extremes Milieu wie die Packeiszone müsse arm an Leben sein und könne allenfalls einer kleinen Zahl ausgefuchster Überlebenskünstler als Lebensraum dienen, ist heute überholt.
    Die EASIZ-Konferenz in Bremerhaven trägt die Ergebnisse zweier "Polarstern"-Reisen und mehrerer Landexpeditionen zusammen:

    Nahrungsmangel erfordert besondere Strategien
    Obwohl die Nahrung am antarktischen Meeresboden knapp ist, beherbergt er eine reiche Tierwelt. Besonders die Tiere, die ihre Nahrung aus dem Wasser filtrieren (Suspensionsfresser), entwickeln eine große Vielfalt. Überraschenderweise nutzen sie den "Regen" organischer Partikel, der zwei bis drei Monate im Jahr nach Kieselalgenblüten auf den Meeresboden rieselt, kaum. Stattdessen leben sie von Kleinstorganismen, die das ganze Jahr über in geringen Mengen im Wasser vorhanden sind und von resuspendiertem Material, das von Bakterien und Einzellern aufgearbeitet wurde. Diese Strategie - lieber das ganze Jahr über schmale, aber sichere Kost statt einer gelegentlichen Völlerei - könnte sich während vergangener Eiszeiten entwickelt haben, als das Meereis die Wasseroberfläche noch dichter abschloß als heute.
    Eine anderes Projekt befaßt sich mit der Nahrungsökologie der Weddellrobben. Die Robben stellen sich perfekt auf den jeweiligen Aufenthaltsort ihrer Fischbeute ein, die sich je nach Tageszeit in unterschiedlichen Wassertiefen aufhält. Diese Vorgänge ließen sich erst in den letzten Jahren beobachten, in denen Meßsonden, Satellitentransmitter und steuerbare Schleppnetze deutlich weiterentwickelt wurden. Über Tauchtiefenrekorder lassen sich die Tauch-, Freß- und Ruhephasen der Robben genau verfolgen.

    Störung schafft Vielfalt
    In Wassertiefen von 150 bis 300 Metern laufen häufig mächtige Eisberge auf und hinterlassen Schneisen der Verwüstung am Meeresboden. Die Bodentiere besiedeln diese Schneisen sukzessive wieder, wobei bestimmte Indikatorarten - vor allem Seescheiden, Moostierchen, Hornkorallen, Schwämme und Fische - für die einzelnen Phasen charakteristisch sind. Zu Beginn siedeln sich schnellwüchsige Formen an. Bis zu einer artenreichen Gemeinschaft, in der wieder große, alte Schwämme dominieren, dürften Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte vergehen. Aus der Dauer der Wiederbesiedlung läßt sich auf die Flexibilität der Bodentiergemeinschaften und die Belastbarkeit des antarktischen Ökosystems schließen. Das verblüffende Ergebnis: die Störungen durch Eisberge reduzieren den Artenreichtum nicht, sondern fördern ihn: Störung schafft Vielfalt.

    Die Wissenschaftler sind heute in der Lage, Prognosen darüber abzugeben, wie die Organismen auf zukünftige Klimaveränderungen reagieren könnten. Sie gehen davon aus, daß ein Anstieg der UV-B-Strahlung und eine fortschreitende globale Erwärmung die kälteangepaßten Pflanzen und Tiere des Südozeans besonders hart treffen würde. EASIZ ist ein Programm des internationalen Wissenschaftlichen Komitees für Antarktisforschung SCAR (Scientific Council for Antarctic Research). Die jetzt in Bremerhaven stattfindende Konferenz trägt der starken deutschen Beteiligung Rechnung. Die Vorträge und Postersitzungen werden im Deutschen Schiffahrtsmuseum stattfinden, der anschließende Workshop zu den Perspektiven des EASIZ-Programms im Hauptgebäude des AWI.

    Bremerhaven, den 17. Juni 1999
    Bitte senden Sie uns bei Abdruck einen Beleg

    Ansprechpartner für Ihre Fragen: Prof. Dr. Wolf Arntz, Tel.: 0471-4831-300, Fax: 0471-4831-149.
    Prof. Arntz ist Mitglied der EASIZ-Leitung und Organisator der Konferenz. Er leitet die biologische Sektion "Ökologie und Ökophysiologie" am Alfred-Wegener-Institut und war wissenschaftlicher Fahrtleiter beider "Polarstern"-Expeditionen.


    Weitere Informationen:

    http://www.awi-bremerhaven.de/ECOLOGY/EASIZ/index.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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