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29.06.1999 14:28

Neuer SFB an der RUB zur "Rheologie der Erde"

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    In einem zum 1. Juli an der RUB beginnenden Sonderforschungsbereich "Rheologie der Erde" wollen 25 Wissenschaftler der RUB (Geologen, Bauingenieure und Maschinenbauer) grundlegende Prozesse zur Tektonik der Erde klären, insbesondere wie Gesteine verformt werden. Den SFB fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit rund 2,5 Mio DM jährlich.

    Bochum 29.06.1999
    Nr. 150

    Wenn bei Kreta Afrika unter Europa versinkt ...
    Wie Gesteine fließen und brechen
    Neuer SFB an der RUB zur "Rheologie der Erde"

    Kontinente zerbrechen, Ozeane öffnen sich, Erdkruste fließt in den Erdmantel zurück und kehrt vielleicht irgendwann einmal wieder auf die Oberfläche zurück - ein ewiger Kreislauf. Daß auf und in der Erde alles ständig in Bewegung ist, merken wir täglich so gut wir gar nicht, oder nur dann, wenn uns Erdbeben wachrütteln und ins Bewußtsein bringen, daß wir auf einer schmalen, zerbrechlichen Kruste leben, die sich über ein heißes fließfähiges Erdinneres bewegt. Unser Wissen über unseren Planeten ist noch sehr bruchstückhaft. Einige grundlegende Prozesse, insbesondere wie Gesteine verformt werden, wollen nun 25 Wissenschaftler (Geologen, Bauingenieure und Maschinenbauer) der RUB klären. Dazu richtet die Deutsche Forschungsgemeinschaft zum 1. Juli 1999 einen neuen Sonderforschungsbreich "Rheologie der Erde - von der Oberkruste bis in die Subduktionszone" (SFB 1704 - Sprecher: Prof. Dr. Bernhard Stöckhert, Endogene Geologie, Fakultät für Geowissenschaften der RUB) ein, den sie mit rund 2,5 Mio. DM jährlich in den nächsten drei Jahren fördert. Es ist derzeit der neunte SFB an der RUB.

    Journalistenseminar geplant

    Hinweis für die Kollegen Wissenschaftsjournalisten: In Zusammenarbeit mit dem Sprecher des SFB wird die Pressestelle der RUB zu einem ganztägigen Journalistenseminar mit Laborbesichtigungen (voraussichtlich im September 1999) gesondert einladen.

    Mechanisches Verhalten von Gesteinen im Blickpunkt

    Die Lithosphäre, die in sich relativ starre äußere Schale der Erde (aufgebaut aus der Erdkruste und dem obersten Teil des Erdmantels) ist dauernder Verformung unterworfen. Unmittelbares Zeugnis der Verformung sind die Erdbeben (Seismizität), die sich vor allem entlang der Plattengrenzen und größerer aktiver Bruchzonen weltweit mit zum Teil gravierenden Auswirkungen auf die örtliche Zivilisation ereignen. Sie sind nichts anderes als der Ausdruck bruchhafter Verformung im oberen, kälteren Stockwerk der Lithosphäre, wobei durch die ruckartige Bewegung auf den Trennflächen Schwingungen des Erdkörpers ausgelöst werden. Entscheidend hierfür ist das mechanische Verhalten der Gesteine unter den unterschiedlichen Randbedingungen und das durch die Konvektion im Erdinneren erzeugte Spannungsfeld, das Thema des SFB "Rheologie der Erde" (Fließerscheinungen von Stoffen unter Einwirkung äußerer Kräfte).

    Verknüpfung von Teilaspekten

    Tatsächlich sind elementare Fragen zur Rheologie in den verschiedenen Stockwerken der Erde und tektonischen Milieus nicht zufriedenstellend beantwortet. In den einzelnen geo- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen stehen in der Regel nur bestimmte Teilaspekte zur Diskussion, ohne die gebotene und sehr vielversprechende Verknüpfung. Hier soll der Sonderforschungsbereich "Rheologie der Erde" ansetzen und Brücken schlagen.

    Zentrale Fragestellungen

    Das übergeordnete Forschungsprogramm konzentriert sich in der ersten Phase auf die folgenden vier Themenkreise: Welche Parameter bestimmen die Festigkeit der Oberkruste, welche Prozesse und Eigenschaften sind für den Übergangsbereich zwischen spröder Oberkruste und plastisch fließender Unterkruste relevant, wie unterscheidet sich das mechanische Verhalten mehrphasiger Gesteine (also Gesteinen aus verschiedenen Mineralarten, teilweise mit einer fluiden Phase oder Schmelze im Porenraum) von dem einphasiger Systeme, die bisher in der Mehrzahl der Experimente und Modelle behandelt wurden? Und wie ist der mechanische Zustand konvergenter Plattengrenzen?

    Experimente in der Ägäis

    Für die konvergenten Plattengrenzen steht insbesondere die Frage der Koppelung der Lithosphärenplatten in Subduktionszonen (als Ort der verheerendsten Erdbeben) im Mittelpunkt, wobei umfangreiche geophysikalische Experimente an der seismisch sehr aktiven europäischen Subduktionszone südlich der Ägäis durchgeführt werden. Dort taucht die Lithosphäre der afrikanischen Platte mit einer Geschwindigkeit von 4 bis 5 cm pro Jahr unter den von Europa abgekoppelten und sich nach Süden bewegenden Südrand der Ägäis (Kreta) ab. Die extrem hohe Erdbebenhäufigkeit und die ungewöhnliche Kinematik macht dieses Gebiet höchst interessant.

    Deformation synthetischer Gesteine

    In jedem der Projektbereiche kommen spezifische methodische Ansätze in unterschiedlichen problemorientierten Kombinationen zum Einsatz, etwa Laborexperimente, die aufgrund der technischen Anforderungen nur in der RUB durchgeführt werden können. Dabei handelt es sich um Deformationsexperimente an synthetischen (Gesteins-)Proben in speziellen, an der RUB entwickelten und für die extremen Bedingungen erbauten Apparaturen: Unter Drucken von 40.000 bar und bei Temperaturen von bis zu 1.300 °C. Damit lassen sich so geologische Vorgänge simulieren.

    Verständnis des Erdbebenprozesses verbessern

    Ein weltweit einmaliges und besonders attraktives Experiment wird schließlich in einem natürlichen Labor, nämlich in der Kontinentalen Tiefbohrung (KTB) in der Oberpfalz, die Erzeugung künstlicher Erdbeben in 9 km Tiefe beinhalten. Zwar lassen sich diese Untersuchungen nicht als Durchbruch zur "Erdbebenvorhersage" bezeichnen, aber ein besseres Verständnis der Mechanismen im Erdbebenherd ist eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, diesem Ziel in irgendeiner Weise näherzukommen.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Bernhard Stöckhert, Endogene Geologie, Fakultät für Geowissenschaften der RUB, Tel.: 0234/700-3227, Fax: 0234/7094-572, eMail: bernhard.stoeckhert@ruhr-uni-bochum.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Bauwesen / Architektur, Geowissenschaften, Maschinenbau
    überregional
    Forschungsprojekte, Organisatorisches
    Deutsch


     

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