idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
13.07.1999 14:40

MAK- und BAT-Werte-Liste 1999 vorgelegt

Dr. Eva-Maria Streier Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

    Die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die MAK- und BAT-Werte-Liste 1999 vorgelegt und dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung als Vorschlag zur Verbesserung von Arbeitsschutzmaßnahmen übergeben. Sie enthält Vorschläge für MAK-Werte, das heißt die höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Aerosol (Schwebstoff) in der Luft am Arbeitsplatz, die nach gegenwärtigem Kenntnisstand auch bei langfristiger, täglich achtstündiger Exposition die Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt. Außerdem werden die Arbeitsstoffe entsprechend ihrer krebserzeugenden, erbgutschädigenden, fortpflanzungsgefährdenden, sensibilisierenden oder hautresorptiven Wirkung klassifiziert. Gegenüber dem Vorjahresstand ergeben sich 64 Änderungen und Neuaufnahmen.

    Bei den krebserzeugenden Arbeitsstoffen gab es 16 Überprüfungen bzw. Einstufungen. Besonders hervorzuheben ist in diesem Jahr die Einstufung von kristallinem Siliciumdioxid, also Quarz, Cristobalit und Tridymit in Kategorie 1 (das heißt erwiesenermaßen krebserzeugend für den Menschen) der krebserzeugenden Arbeitsstoffe.

    Epidemiologische Untersuchungen und auch Tierversuche zeigen einen Zusammenhang zwischen Quarzexposition und erhöhtem Auftreten von Lungenkrebs. Silikose (Quarzstaublunge) ist zwar ein Hinweis auf hohe Quarzexposition, jedoch läßt sich derzeit kein wissenschaftlich basierter Grenzwert zur Vermeidung eines gesundheitlichen Risikos ableiten.

    Der Kategorie 2, das heißt als krebserzeugend für den Menschen anzusehen (Hinweise aus Tierversuchen), wurde Michlers Keton zugeordnet. In die Verdachts-Kategorie 3 kamen die möglicherweise tumorfördernden Lösemittel Tetrahydrofuran und Kresol sowie nach den organischen Quecksilber-Verbindungen in diesem Jahr auch metallisches Quecksilber und seine anorganischen Verbindungen. In die neue Kategorie 4 wurden neutralisierte, vernetzte Polyacrylsäure ("Superabsorber"), Schwefelsäure, 2,3,7,8-TCDD und Chloroform eingestuft. Da bei den Stoffen der Kategorie 4 aufgrund der nicht-linearen Dosis-Wirkungs-Beziehung von einer Wirkungsschwelle auszugehen ist, wird bei Einhaltung des MAK- bzw. BAT-Wertes kein nennenswerter Beitrag zum Krebsrisiko für den Menschen geleistet.

    Grundlage für die Einstufung von Schwefelsäure ist die Entstehung von Tumoren nach Exposition gegen hohe Säureaerosol-Konzentrationen. Gleichzeitig wurde der MAK-Wert drastisch auf 0,1 mg/m3 gesenkt, weil es bei dieser Konzentration unter Arbeitsplatzbedingungen zu keinen Reizwirkungen am Atemtrakt kommt und auch nicht mit relevanten Änderungen bei der Selbstreinigung der Lunge (mukoziliäre Clearance) zu rechnen ist.

    2,3,7,8-TCDD wurde in die neue Kategorie 4 für krebserzeugende Arbeitsstoffe eingeordnet, weil für diese klassische Substanz mit tumorfördernden Eigenschaften von einer "Wirkungsschwelle" auszugehen ist. In Ermangelung von Daten beim Menschen, ab welcher Belastung es zu TCDD-vermittelten Effekten kommt, wurde der MAK-Wert von der derzeitigen Hintergrundbelastung abgeleitet. Bisher liegen keine Hinweise vor, daß diese Hintergrundbelastung zu relevanten Effekten beim Menschen führt. Mit Hilfe eines toxikokinetischen Modells wurde berechnet, daß es bei täglich achtstündiger inhalativer Aufnahme von 10 pg TCDD/m3, dem MAK-Wert, nicht zu einer signifikanten Erhöhung der Hintergrundbelastung kommt.

    Ferner wurde Chloroform, dessen Bewertung auch die US-amerikanische Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) bereits seit einiger Zeit beschäftigt, in diese neue Kategorie 4 eingestuft. Die Kommission geht davon aus, daß für die Entstehung der im Tierversuch nachgewiesenen Tumore zellschädigende Effekte verantwortlich sind und ein genotoxischer Wirkmechanismus, das heißt Wechselwirkung mit der DNA in der Zelle, keine Rolle spielt. Die zellschädigenden Effekte lassen sich aufgrund der Umsetzung von Chloroform zu reaktiven Stoffwechselprodukten erklären. Aus umfangreichen Untersuchungen am Tier zum vermehrten Wachstum von Zellen (Proliferation) in den Zielorganen Leber und Niere und mit Hilfe eines toxikokinetischen Modells läßt sich ein MAK-Wert von 2 mg/m3 ableiten, bei dem keine zytotoxischen Wirkungen zu erwarten sind und damit auch kein Krebsrisiko besteht.

    Für die neue Kategorie 5 konnten in diesem Jahr keine geeigneten Kandidaten gefunden werden. Voraussetzung für eine Einstufung in diese Kategorie ist, daß trotz der Fähigkeit zur Wechselwirkung mit der DNA in der Zelle bei Einhaltung des MAK-Wertes von der Kommission kein nennenswerter Beitrag zum Krebsrisiko für den Menschen gesehen wird.

    Für 16 Stoffe ändern sich die MAK-Werte, in zwölf Fällen konnte der Wert nach eingehender Prüfung bestätigt werden. Für fünf Stoffe konnten aufgrund fehlender Daten keine MAK-Werte festgelegt werden. Für vierzehn Stoffe wurde im Rahmen dieser Überprüfung entschieden, den MAK-Wert wegen des Verdachts auf eine krebserzeugende Wirksamkeit oder wegen der aus heutiger Sicht unzureichenden Datenlage für eine gesundheitliche Beurteilung auszusetzen. Die Reevaluierung älterer MAK-Werte wurde intensiv fortgesetzt, auch in enger Zusammenarbeit mit der europäischen SCOEL- (Scientific Committee for Occupational Exposure Limits) und der US-amerikanischen TLV- (Threshold Limit Values-)Kommission.

    Darüber hinaus wurden 24 Arbeitsstoffe auf besondere Gefährdung in der Schwangerschaft hin überprüft. Chloroform kommt in Anbetracht neuer Ergebnisse aus Tierversuchen und des abgesenkten MAK-Wertes in die Gruppe C, die diejenigen Stoffe umfaßt, bei denen bei Einhaltung des MAK-Wertes kein Risiko der Fruchtschädigung zu befürchten ist. Auch 2,3,7,8-TCDD wird wegen des sehr niedrigen Arbeitsplatzgrenzwertes dieser Kategorie zugeordnet.

    41 Arbeitsstoffe wurden in diesem Jahr auf ihre atemwegssensibilisierenden und hautsensibilisierenden Eigenschaften überprüft. Neu aufgenommen wurden Acrylnitril, Glyoxal, 2,4,6-Trinitrophenol, die anorganischen Quecksilberverbindungen sowie weitere Acrylate und Hölzer.

    Sechs Stoffe wurden neu mit dem Warnhinweis "H" versehen, das bedeutet, daß die Resorption durch die Haut neben der Inhalation wesentlich zur Toxizität am Arbeitsplatz beitragen kann, z.B. Chloroform, Kresole und 2,3,7,8-TCDD. Für fünf weitere Arbeitsstoffe wurde dieser Warnhinweis überprüft, so für Acrylnitril und Methanol.

    Im Teil "BAT-Werte und EKA" (Biologische Arbeitsstofftoleranzwerte und Expositions-
    äquivalente für krebserzeugende Arbeitsstoffe) gibt es drei Neuaufnahmen. So wurde der BAT-Wert für Ethylbenzol angehoben auf 1,5 mg/l (Blut) bzw. 2000 mg/g Kreatinin (Urin).

    Für jede der Neuaufnahmen und Änderungen in der MAK- und BAT-Werte-Liste 1999 wurden von der Senatskommission ausführliche wissenschaftliche Begründungen erarbeitet. Sie werden bei WILEY-VCH, Weinheim, veröffentlicht. Wie in jedem Jahr wird außerdem in den sogenannten "Gelben Seiten" der MAK- und BAT-Werte-Liste die Überprüfung bzw. Neuaufnahme von MAK-Werten oder Einstufungen für zahlreiche Stoffe angekündigt.

    Hinweis für Redaktionen:
    Redaktionen können ein kostenloses Rezensionsexemplar beim Pressereferat der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Kennedyallee 40, 53175 Bonn, Tel.: 0228/885-2210 oder -2109, Fax: 0228/885-2180, anfordern.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).