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Wissenschaft
Nr. 58 / 16. Juli 1999 / sho
"Karlsruhe Brainstormers"
auf dem Weg zur Roboterfussball-WM
Vom 29. Juli bis 4. August finden in Stockholm die diesjährigen Weltmeisterschaften im Roboterfussball statt. In drei Klassen wird dort um den begehrten Weltmeistertitel gespielt. Es gibt die Midsize-Klasse vollständig autonomer Roboter mit Kamera und Rechner, die Smallsize-Klasse zentral gesteuerter Roboter mit einem Durchmesser bis zu 15 cm und schließlich die Simulationsklasse, in der die Roboter in einer Computersimulation über den Bildschirm flitzen. Zentrale Idee des Wettbewerbs ist der Austausch und Vergleich unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden zur Lösung einer für alle Teilnehmer gleichen Aufgabenstellung.
Die Universität Karlsruhe nimmt mit der Mannschaft "Karlsruhe Brainstormers" in der Simulationsklasse teil. Dieses Team von 11 unabhängigen fussballspielenden Computerprogrammen, sogenannten "Agenten", wurde am Institut für Logik, Komplexität und Deduktionssysteme (Prof. Wolfram Menzel) unter Leitung von Dr. Martin Riedmiller gemeinsam mit 7 Studierenden entwickelt. Auf diese Weise entstand in den vergangenen 9 Monaten ein komplexes Computerprogramm.
Zentrale (und namensgebende) Besonderheit der "Karlsruhe Brainstormers" ist der massive Einsatz lernender Komponenten. Analog zum Menschen werden die Fähigkeiten der einzelnen Spieler nicht programmiert, sondern während einer vorausgehenden Trainingsphase vom Agenten allmählich erworben. Vorteil dieser Methode ist, dass die Aufgabe des menschlichen Entwicklers auf die Spezifikation des Ziels (zum Beispiel: "schieße so hart wie möglich") beschränkt bleibt; um die konkrete Ausprogrammierung muss er sich nicht kümmern. Diese wird vielmehr vom Agenten übernommen, der selbstständig seine Strategie so lange verbessert, bis die gegebene Aufgabenstellung erfüllt ist.
Industrielle Einsatzmöglichkeiten dieser neuartigen lernenden Verfahren sind vielfältig: Sie reichen vom Erlernen der Steuerung fahrender Roboter bis hin zur intelligenten Reihenfolgesteuerung bei Produktionsprozessen. Beispiel für eine Anwendung lernender Verfahren ist eine gelernte Schussroutine. Sie soll es dem Agenten ermöglichen, besonders harte und gezielte Schüsse abzugeben.
Während bisherige Ansätze eine aufwendige und mit viel Experimentieren verbundene konventionelle Programmierung vornehmen, besteht die Schussroutine der "Brainstormers" aus 54 neuronalen Netzen, die in Tausenden von Trainingsvorgängen eingelernt wurden. Während zu Beginn des Trainings viele Schüsse daneben gehen, steht am Ende eine Schussroutine zur Verfügung, die alle Möglichkeiten effektiv nutzt und damit auch in dieser Hinsicht der konventionell programmierten Lösung überlegen ist. Auf der Ebene der taktischen Entscheidungen wird ebenfalls gelernt. Hier lautet die Frage, was in einer Situation das beste Verhalten ist: zum Beispiel zu passen, zu dribbeln oder auf's Tor zu schießen? Auch hier ist letztlich der Erfolg (Tor oder Gegentor) Kriterium für das Lernverfahren. Für solche langfristigen Ziele, die nur im Zusammenspiel mit anderen zu erreichen sind, stecken die Lernverfahren noch in den Kinderschuhen und erfordern weitere Forschungsarbeit. Allerdings lassen sich auch hier zumindest Teilaufgaben lernen. Die entsprechenden Module sind bereits im diesjährigen "Brainstormers"- Agenten integriert.
Dank der Unterstützung der Fakultät für Informatik und der Firma Fun Kommunikationssysteme ist es der gesamten Entwicklergruppe möglich, Ende Juli nach Stockholm zu fahren. Die letzten Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Nachdem im April bereits die Qualifikation zur Teilnahme erreicht worden ist, will man bei der Weltmeisterschaft, an der 40 Mannschaften teilnehmen, zumindest die Vorrunde überstehen.
Über den RoboCup und die WM gibt es Informationen unter http://www.robocup.v.kinotrope.co.jp/02.html
Ansprechpartner:
Dr. Martin Riedmiller
Institut für Logik, Komplexität und Deduktionssysteme
Tel. 0721/608-3977/-3919
Diese Presseinformation ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar:
http://www.uni-karlsruhe.de/~presse/Pressestelle/pi058.html
Typische Spielsituation beim Roboterfussball, wie sie von der graphischen Oberfläche des Simulatorprogramms auf dem Bildschirm dargestellt wird. Die helle Mannschaft (die "Karlsruhe Brainstormers") ist im Angriff, die dunkle verteidigt. Am oberen Bildschirmrand werden Spielstand, Spielminute sowie die Namen der Mannschaften eingeblendet.
Abbildung ist in Farbe abrufbar unter
http://i11www.ira.uka.de/~riedml/soccer.jpg
http://i11www.ira.uka.de/~riedml/soccer.jpg
http://www.uni-karlsruhe.de/~presse/Pressestelle/pi058.html
http://www.robocup.v.kinotrope.co.jp/02.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Elektrotechnik, Energie, Informationstechnik, Sportwissenschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
Deutsch
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