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26.07.1999 15:18

Wissenschaftsrat empfiehlt Struktur- und Finanzierungsreform der Hochschulmedizin

Dr. Uta Grund Geschäftsstelle
Wissenschaftsrat

    Der Wissenschaftsrat hat am 9. Juli 1999 in Würzburg Leitlinien für die künftige Organisation und Finanzierung der Hochschulmedizin verabschiedet. Ziel ist es, die Wahrnehmung der akademischen Aufgaben auf einem hohen Leistungsniveau sicherzustellen und die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulklinika in der Krankenversorgung zu gewährleisten. Änderungen der Rahmenbedingungen in der Hochschulmedizin, insbesondere des Finanzierungssystems der Krankenversorgung, und der rasante medizinische Fortschritt, machen die Weiterentwicklung bzw. Neugestaltung der die Hochschulmedizin bestimmenden Strukturen unverzichtbar.

    Hochschulmedizinische Einrichtungen mit ihren Klinika sind die zentrale Säule der medizinischen Forschung und der Ausbildung des Wissenschaftlichen Nachwuchses sowie wichtigster Träger der Facharztweiterbildung. Gleichzeitig haben sie eine maßgebliche Bedeutung für die Hochleistungsmedizin der regionalen und überregionalen Krankenversorgung. Sie nehmen nicht nur wegen ihrer Größe und ihrer Geräte- sowie Personalausstattung, sondern auch wegen ihres Fächerspektrums und der hohen Anzahl an Patienten mit besonders schwierigen Erkrankungen eine Sonderstellung ein.

    In seinen Empfehlungen plädiert der Wissenschaftsrat für eine klare organisatorische Zuordnung der Aufgaben in Forschung und Lehre sowie in der Krankenversorgung. Die bisherigen Weisungs- und Verantwortungsstrukturen im Verhältnis zum Land und zur Universität sollen abgelöst werden durch Strukturen, die eine eindeutige Abgrenzung zwischen Träger- und Betriebsverantwortung sowie zwischen Aufsichts- und Geschäftsführungskompetenz zulassen. Dies kann in Form eines Kooperationsmodells (Zuordnung von Aufgaben in der Krankenversorgung an das Leitungsorgan des Klinikums, von Aufgaben in Forschung und Lehre an das Leitungsorgan der Fakultät) als auch in Form eines Integrationsmodells (Krankenhausbetrieb sowie Forschung und Lehre sind als Teilressorts einem einheitlichen "Medizinischen Vorstand" neuer Prägung zugeordnet) erfolgen. Außerdem fordert der Wissenschaftsrat die Budgetkreisläufe für Krankenversorgung, Forschung und Lehre transparent zu gestalten. Der Zuschuß des Landes für Forschung und Lehre soll - so der Wissenschaftsrat - künftig nach belastungs- und leistungsbezogenen Kriterien bemessen und als eigenständiges Budget für die akademischen Aufgaben der Fakultät von dieser auch gesondert verteilt werden.

    Die Finanzierung der Investitionen für Forschung und Lehre an den Universitätsklinika soll auch künftig im Rahmen der Hochschulförderung des Bundes und der Länder stattfinden. Dabei sollte eine Verstetigung der Mittelzuflüsse unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Abschreibungsraten zur Gewährleistung von Planungssicherheit vorgesehen werden. Investitionen in den Krankenversorgungsbereich der Universitätsklinika empfiehlt der Wissenschaftsrat nachdrücklich in die mit der bevorstehenden Einführung der Monistik vorgesehene Neuordnung der Krankenhausfinanzierung einzubeziehen. Um sicherzustellen, daß die Investitionsstrategien für die Teilbereiche Forschung und Lehre einerseits und die Krankenversorgung andererseits aufeinander abgestimmt werden, sollen die Klinika Entwicklungs- und Strukturpläne im Sinne eines integrierten Konzepts zur Forschungs- und Krankenhausplanung aufstellen, die jeweils einen Zeitraum von 10 Jahren umfassen. Diese sollen vom Wissenschaftsrat unter Gesichtspunkten der Leistungsfähigkeit von Forschung und Lehre und der Angemessenheit der Investitionsstrategie in diesem Bereich geprüft werden.

    Der Wissenschaftsrat plädiert nachdrücklich dafür, das Prinzip der leistungsgerechten Vergütung von Krankenhausleistungen auch auf die Hochschulklinika anzuwenden. Bei der Einführung eines möglichst vollständigen Fallpauschalen-Systems muß dessen spezifisches Leistungsspektrum mit den besonderen Vorhaltekosten und dem Versorgungsauftrag abgebildet werden. Schwere der Erkrankung, Schwierigkeitsgrad der Behandlung und Multimorbidität des Patienten sind zu berücksichtigen. Handlungs- und Reformbedarf sieht der Wissenschaftsrat vor allem mit Blick auf die Vergütungsregelungen für poliklinische Leistungen. Statt der nicht kostendeckenden Pauschalvergütungen poliklinischer Leistungen und des derzeitigen generellen 20%igen Abschlags für Forschung und Lehre soll die Vergütung nach dem Nettoprinzip, d.h. ohne fiktive Abzüge erfolgen. Der Wissenschaftsrat betont, daß der medizinische Forschungsstandort Deutschland nur dann nicht nachhaltig gefährdet wird, wenn die Krankenbehandlung im Rahmen der Entwicklung und Einführung neuer Methoden durch die Universitätsklinika auch künftig von den Krankenkassen mitgetragen wird, ohne einer Wirksamkeitsgenehmigung durch deren Gremien zu bedürfen.

    In der Öffnung der staatlichen hochschulmedizinschen Krankenversorgung für Privatisierungen sieht der Wissenschaftsrat eine mögliche Belebung und Finanzierungsvariante der Hochschulmedizin, sofern die Beziehungen zwischen Forschung und Lehre einerseits und Krankenversorgung andererseits angemessen geregelt sind. Die vollständige Privatisierung eines gesamten Klinikums wird jedoch nur im Einzelfall sinnvoll und möglich sein.

    Hinweis: Die Empfehlungen zur Struktur der Hochschulmedizin - Aufgaben, Organisation, Finanzierung - ( Drs. 4104/99) können bei der Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates schriftlich oder per E-Mail (post@Wissenschaftsrat.de) angefordert werden.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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