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Wissenschaft
Forscher des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und
Grenzflächenforschung und der Bundesanstalt für Materialforschung und
-prüfung (BAM) haben neue Feindetails im Aufbau von Perlmutt entdeckt
Perlmutt, "die Mutter der Perlen", ist nicht nur ein schillerndes Material,
das den Betrachter durch seine irisierenden optischen Eigenschaften
beeindruckt und das oft als Schmuck Verwendung findet, sondern auch
ein hervorragender Werkstoff. Perlmutt besteht zu mindestens 97 Prozent
aus Kalk, hat aber eine tausend Mal höhere Bruchfestigkeit als dieser.
Ursache hierfür ist der Schichtaufbau des Perlmutts. Max-Planck- und
BAM Wissenschaftler haben jetzt entdeckt, dass die Oberfläche der
Kalkplättchen keineswegs wie bisher angenommen geordnet ist, wodurch
eine Steuerung des Kristalls durch geordnete Schichten auf der
organischen Matrix ausgeschlossen werden kann. Das Verständnis der
Feinstruktur von Perlmutt und seines Bildungsmechanismus ist essentiell,
um dieses raffinierte Bauprinzip bei neuen Materialien nachahmen zu
können (PNAS, 6. September 2005).
Perlmutt ist seit langem als interessantes biogenes Material bekannt. Seither versucht man, die Ursachen
seiner erstaunlichen Eigenschaften aufzudecken. Seine außergewöhnliche Bruchfestigkeit verdankt es
einem schichtförmigen Aufbau aus weichen organischen Schichten und harten Kalkplättchen.
Gelänge es uns auch nur im Ansatz, dieses Bauprinzip zu kopieren, käme es zu einer Revolution in der
Bauindustrie. Festere Gipskartonplatten oder leichtere Betonteile bei gleicher Festigkeit sind das
potentielle Ziel dieser biomimetischen Materialforschung. Zudem kristallisieren die Kalkplättchen im
Perlmutt als Aragonit - einer Kristallform, die unter Umgebungsbedingungen normalerweise nicht stabil
ist. Bisher nahm man an, dass diese Kristallisation der Kalkplättchen durch geordnete Eiweißschichten
bestimmt wird, die auf einer vorgeformten Chitinschicht liegen. Chitin findet man in der Natur
beispielsweise als Gerüstmaterial von Insektenpanzern.
Doch diese Annahmen sind nach den neuen Erkenntnissen der Max-Planck-Wissenschaftler nicht richtig.
An Stelle der geordneten kristallinen Schicht, die in Kontakt mit der organischen Matrix stehen soll,
fanden die Wissenschaftler winzige, nur fünf Nanometer dicke Schichten von amorphem, also
ungeordnetem Kalziumkarbonat an der Oberfläche der einkristallinen Plättchen im Perlmutt.
Diese ungeordnete und gewellte Oberfläche spricht gegen die postulierte spezifische Wechselwirkung
zwischen dem anorganischen Material und der organischen Matrix. Dieser Befund konnte durch 13C- und
1H-Festkörper-Kernresonanzspektroskopie eindeutig belegt werden. Darüber hinaus detektierten die
Forscher in Kernresonanzexperimenten den amorphen Charakter der Oberflächenschicht und schlossen
jede Wechselwirkung dieser Schicht mit dem organischen Gerüstmaterial aus.
Der Grund für die Existenz und Ausbildung der ungeordneten Deckschicht auf dem Kristall könnte darauf
beruhen, dass sich Verunreinigungen in der Oberflächenschicht anreichern. Bei der Kristallisation werden
diese nicht in das geordnete Kristallgitter eingebaut, ähnlich wie beim Zonenschmelzprozess in der
Metallurgie.
Doch die amorphe Schicht (ACC) könnte noch eine weitere Funktion haben. Sie ersetzt die bisher
angenommene direkte Wechselwirkung der hochenergetischen (001) Aragonit-Fläche durch eine
Gradientenschicht aus Aragonit, ACC und organischer Matrix. Die Grenzflächenenergien dürften hier
deutlich niedriger liegen und damit könnte auch eine thermodynamische Triebkraft für die Ausbildung
einer amorphen Deckschicht existieren. Woher letztendlich die kristallographische Orientierung der
Plättchen rührt, ist bislang noch nicht aufgeklärt. In der jetzt vorgelegten Studie gehen die
Wissenschaftler von einer Ladungsanziehung zwischen den anorganischen Plättchen und der organischen
Matrix aus.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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