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Wissenschaft
Jena. (24.08.99) Methioninsulfoxid-Reduktase: Dieser komplizierte Name gehört einem Enzym, das möglicherweise bald als neues "Wundermittel" gegen Alterskrankheiten gehandelt wird. Alzheimer und Parkinson, Gelenkrheuma und Grauer Star, aber auch die Folgen von Schlaganfall und Herzinfarkt könnte es vielleicht eines Tages lindern.
Noch wehrt sich Prof. Stefan Heinemann vom Klinikum der Universität Jena gegen vorschnelle Euphorie. "Wir wissen noch viel zu wenig über MsrA", so der Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare und zelluläre Biophysik, "aber es ist offensichtlich, dass es bei degenerativen Erkrankungen des Alters eine wichtige Rolle spielt." Die Jenaer Forscher haben das Human-Enzym erstmals kloniert und auch funktionell charakterisiert. Seine beeindruckende Fähigkeit: Es ,repariert' Proteine.
Um seine Arbeit im Organismus zu verstehen, bedarf es eines tiefen Blicks in die biochemischen Abläufe innerhalb und zwischen Zellen. "Dabei stehen wir noch relativ am Anfang", erklärt Heinemann, "so als hätten wir einen Zipfel des Tischtuchs erwischt und versuchten nun die ganze Tafel zu überblicken." Soviel ist bekannt: Eine Vielzahl von spezialisierten Eiweißen reguliert die Signalübertragung im Gehirn. Bei diesen Prozessen wird Methionin, ein Proteinbaustein, durch winzige Spuren von Gasen oxidiert. Dieser Vorgang ist neben der elektrischen Stimulation von Synapsen ein biochemisches Schaltmanöver im Gehirn, das uns wahrscheinlich das Denken und Lernen erst ermöglicht. Das Enzym MsrA wiederum steuert den "Verbrauch" von Methionin, indem es den Oxidationsprozess rückgängig machen kann; es übt somit eine Regulationsfunktion aus.
Ist in diesem fein austarierten Gleichgewicht zwischen Oxidation und Reduktion zuwenig MsrA vorhanden, kann es passieren, dass einige Eiweiße zu stark oxidiert werden und sich als Plaques ablagern. Daraus entstehen dann neurodegenerativen Erscheinungen wie z. B. die Alzheimer-Krankeit. "Es wäre ein Durchbruch für die Patentienbehandlung, wenn sich herausstellen sollte, dass wir mit MsrA als Wirkstoff solche Protein-Plaques auflösen könnten", meint der Heinemann.
Gemeinsam mit klinischen Kollegen aus Jena will seine Gruppe nun auch die funktionelle Bedeutung von MsrA auf dem Gebiet der rheumatoiden Arthritis untersuchen. "Aber es handelt sich nicht um monokausale Abläufe", so Heinemann, "wir wissen noch zu wenig darüber, welche Faktoren außerdem die Krankheitsentstehung begünstigen oder verursachen."
Eng arbeitet die Jenaer Gruppe mit amerikanischen Forschern in Iowa und New York zusammen. Diese haben inzwischen herausgefunden, dass sich das Leben einfacher Organismen wie Bakterien durch eine erhöhte Zufuhr von Methioninsulfoxid-Reduktase verlängert - möglicherweise, weil dann die Protein-Reparatur länger aufrecht erhalten bleibt und somit der degenerative Prozess des Alterns verzögert wird. Ob das auch beim Menschen funktioniert, vor allem: ob eine zielgenaue MsrA-Hochdosis-Therapie Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson lindert oder gar heilt, wissen die Forscher noch nicht.
Dank des erfolgreichen Klonens ist das Enzym mit dem schwierigen Namen gentechnisch leicht verfügbar, und Prof. Heinemann ist davon überzeugt, dass sich im klinischen Bereich bislang ungeahnte Perspektiven ergeben. "Nur welcher Fachdisziplin - der Neurologie, Rheumatologie, Augen- oder Nierenheilkunde - unsere Forschung am Ende ein nutzbringendes Medikament einbringt, wissen wir noch nicht." In zehn bis zwanzig Jahren, schätzt er, könnte es bereits soweit sein.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Stefan H. Heinemann
AG Molekulare und zelluläre Biophysik am Uniklinkum Jena
Tel.: 03641/304540, Fax: 304542
e-mail: ite@rz.uni-jena.de
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Wolfgang Hirsch
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931031
Fax: 03641/931032
e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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