idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
08.09.1999 10:11

Auch spätes Training reduziert Sprachstörungen nach Schlaganfall

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Teil der rechten Gehirnhälfte übernimmt Aufgaben des gestörten linken Gehirnareals

    Jena (08.09.99) Für Schlaganfall-Patienten mit Sprachstörungen bestehen auch nach längerer Zeit noch Chancen, diese Störungen zu verringern. Bei speziellem Training können Areale in der rechten Gehirnhälfte die Aufgaben übernehmen, die sonst in der linken Hirnhälfte angesiedelt sind. Diese bekannte Theorie konnten jetzt Neurologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena dadurch beweisen, dass sie den Blutdurchfluss im Gehirn während spezifischer Untersuchungen mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) maßen. Die wissenschaftlichen Ergebnisse dieses durch die Europäische Union und den Deutschen Akademischen Austauschdienst geförderten Forschungsprojekts, das in Kooperation mit Mailänder und Essener Wissenschaftlern erfolgte, werden demnächst in der internationalen Fachzeitschrift "Brain" veröffentlicht.

    Nach einem Schlaganfall können spezifische Teile des Gehirns so gestört sein, dass die Betroffenen - sogenannte Aphasiker - den Sinn der Worte nicht mehr begreifen können. Üblicherweise wird der Sprachverlust sofort nach dem Schlaganfall mit einer logopädischen Therapie behandelt, wodurch sich die Sprachstörungen ganz oder teilweise zurückbilden können.

    Wie können Patienten wieder die Sprachfunktionen erlangen, wenn bestimmende Gehirnstrukturen zerstört sind? Dr. Mariacristina Musso und Prof. Dr. Cornelius Weiller von der Jenaer Uni-Klinik für Neurologie haben versucht, diese Frage zu beantworten. Vier chronische Patienten, deren Schlaganfall mehr als sechs Monate zurücklag, wurden mit einer einfachen Sprachverständnis-Aufgabe während einer PET-Untersuchung getestet: Sie sollten nach Aufforderung entweder auf einen bekannten Gegenstand wie Schlüssel oder Glas zeigen, oder ihn mit der Hand aufnehmen. Während der bei PET-Untersuchungen üblichen Unterbrechungen bekamen die Patienten ein gängiges, nur kürzeres, Sprachverständnis-Training, dessen Effekte mit einem sehr empfindlichen Sprachverständnis-Test verifiziert wurden.

    Die Patienten konnten nach dem gesamten Training diesen Test sehr gut durchführen. "Auch chronische Aphasiker können ihr Sprachverständnis noch verbessern", zeigt sich Dr. Musso von den Resultaten erfreut. Diese Verbesserung korreliert mit einer Aktivierung in der rechten Gehirnhälfte, im sogenannten Gyrus Temporalis superior - dem Gebiet, das genau gegenüber dem Infarktareal liegt. Die linke Gehirnhälfte wurde durch das Training ebenfalls besser durchblutet - in einem Hirnareal, dem Gyrus cinguli, das vorwiegend für Aufmerksamkeit zuständig ist.

    In den letzten Jahren haben zahlreiche Studien mit funktioneller Bildgebung (PET) bei gesunden Probanden gezeigt, "dass die meisten komplexen Hirnfunktionen - wie sprachliche und motorische Aufgaben - durch bilateral organisierte und größtenteils parallel arbeitende Netze aktiviert werden", erläutert die 31-jährige Italienerin. Wenn nach einer Schädigung in einem Teil dieser Netze die beeinträchtigte Funktion durch Therapie wiederhergestellt werden kann, erklärt sich Dr. Musso dies "durch eine Umverteilung und Verschiebung der Schwerpunkte der Aktivierungen in den vorwiegend rechtshemisphärischen Teilen der entsprechenden Netzstrukturen".

    Dies möchten die Jenaer Neurologen gerne in weiteren Projekten erforschen. Wie lange hält die Verbesserung des Sprachverständnisses an? Welchen Effekt haben konventionelle Therapien? Mehr Behandlungen und eine spezifische logopädische Rehabilitation helfen den sprachgestörten Patienten, ist sich Dr. Musso sicher: "Es lohnt sich auch für chronische Patienten, weiterhin zu trainieren".

    Ansprechpartner:
    Dr. Mariscristina Musso/Prof. Dr. Cornelius Weiller
    Klinik für Neurologie der Universität Jena
    Philosophenweg 3, 07743 Jena
    Tel.: 03641/935005 oder 935295
    Fax: 03641/935399
    e-mail: musso@neuro.uni-jena.de oder cweiller@neuro.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Axel Burchardt M. A.
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931041
    Fax: 03641/931042
    e-mail: hab@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).