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21.09.1999 15:33

Gemeinsame Regeln für Sand, Verkehr und Aktienmärkte?: Internat. Konferenz an der Uni Stuttgart

Dr. Ulrich Engler Stabsstelle Hochschulkommunikation
Universität Stuttgart

    Vom 27. bis zum 29. September findet an der Universität Stuttgart die Konferenz "Social, Traffic, and Granular Dynamics" statt. Thema sind die verschiedenen Erscheinungsformen sogenannter getriebener Vielteilchensysteme, deren gemeinsame Strukturen in mehreren interdisziplinären Forschungsgebieten untersucht werden. Den Organisatoren Dirk Helbing, Hans J. Herrmann, Michael Schreckenberg und Dietrich E. Wolf ist es gelungen, über 20 internatio-nal renommierte Redner zu gewinnen, darunter den Nobelpreisträger Ilya Pri-gogine, den Begründer der Synergetik Hermann Haken, sowie Eugene Stanley, der das neue Forschungsfeld der "Econophysics" vorstellen wird. Die Konferenz ist Prof. Wolfgang Weidlich gewidmet, der am 2. Institut für Theoretische Physik der Uni Stuttgart die Soziodynamik vertritt und zu Beginn des Wintersemesters emeritiert wird.

    Nichtlineare Wechselwirkungen in Vielteilchensystemen führen zu einer Menge von faszinierenden Phänomenen, welche auch deterministisches Chaos einschließen. In den letzten Jahren hat sich die Aufmerksamkeit insbesondere auf sogenannte "Getriebene Vielteilchensysteme" konzentriert, in denen kontinuierlich Energie aufgenommen wird. Die Energie kann aus der Umgebung kommen, wie etwa bei fallendem oder gerütteltem Sand. Die Energie kann aber auch aus den Teilchen selber stammen, wie zum Beispiel bei der Dynamik von Autobahnverkehr oder Fußgängermengen. Typischerweise wird diese Energie durch einen "Reibungsmechanismus" absorbiert ("dissipiert", wie die Physiker sagen), so daß das System durch den Wettbewerb zwischen energiegewinnenden und energieabsorbierenden Prozessen charakterisiert wird. Dieses Wechselspiel führt zu einer faszinierenden und häufig unerwarteten Vielfalt von raumzeitlichen Bewegungsmustern.

    Fällt zum Beispiel Sand durch ein vertikales Rohr, bilden sich "Dichtewellen", die Ähnlichkeiten zu den Stauwellen im Stop-and-Go-Verkehr auf Autobahnen aufweisen. Dies muß bei der Konstruktion von Silos und Trichtern berücksichtigt werden.
    Markanteste Beispiele für selbst-getriebene Teilchen sind jedoch der Fahrzeug- und Fußgängerverkehr, mit denen sich das junge und rasch wachsende Forschungsgebiet der "Verkehrsdynamik" beschäftigt. Fragestellungen der Fahr-zeugdynamik sind etwa: Was ist die Ursache von "Staus aus dem Nichts" und "Stop-and-Go-Verkehr" auf Autobahnen. Warum bewegt sich der Verkehr manchmal nicht gleichmäßig?
    Hieraus werden auch Hinweise auf den Einsatz von Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen erwartet. Neben den üblichen Tempolimits oder Lkw-Überholverboten an Steigungen erweisen sich in Simulationen auch Zuflußregelungen an Einfahrten, lokale Spurwechselverbote und elektronische Kommunikation zwischen Fahrzeugen als aussichtsreiche Maßnahmen.

    Auch der Fußgängerverkehr zeigt unerwartete Phänomene. Im Menschengewühl bilden sich Bahnen, in denen sich Fußgänger in einheitlicher Richtung bewegen. An Kreuzungen kann sich Kreisverkehr selbstorganisieren, obwohl es keine Vorzugsrichtung gibt, und vor Engstellen, durch die in beiden Richtungen Leute wollen, bilden sich Oszillationen der Durchgangsrichtung. Bei Panik verringert sich jedoch der Durchsatz beträchtlich; dieses gegenintuitive Phänomen wird "freezing by heating" genannt.

    Auf einer abstrakteren Ebene können auch ökonomische und soziale Systeme als nichtlineare selbstgetriebene Vielteilchensysteme betrachtet werden, zum Beispiel der Prozeß der Meinungsbildung oder die Dynamik von Wirtschaftszyklen. In letzter Zeit wird vor allem die Modellierung der Dynamik von Währungs- und Aktienmärkten intensiv untersucht, da dort die Datenlage beson-ders gut ist. Eine der Fragestellungen dieses neuen Gebiets der "Econophysics" ist die Untersuchung von Möglichkeiten, starke Fluktuationen oder Crashs zu vermeiden.

    Traffic and Granular Flow '99
    Social, Traffic, and Granular Dynamics
    Zeit: 27.-29. September 1999, Beginn: 9.00 Uhr
    Ort: Universität Stuttgart, Bereich Vaihingen,
    Pfaffenwaldring 57, Raum 57.01
    Kontakt:
    e-mail: tgf99@theo2.physik.uni-stuttgart.de


    Weitere Informationen:

    http://www.theo2.physik.uni-stuttgart.de/tgf99/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Mathematik, Physik / Astronomie, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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