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Wissenschaft
Knopf und Knopfloch in einem Molekül
Eine neue Chemikalie könnte die Produktion
der wandlungsfähigen Polyurethane erleichtern
Ob in Polstern, in Dämmplatten, in Schuhsohlen, in Lacken oder sogar in
künstlichen Herzklappen: Polyurethane (PUR) sind als ungeheuer vielseitige
Allround-Kunststoffe in (fast) allen Bereichen des Lebens zu finden.
Manchen verwundert jedoch, daß sich das Bauprinzip der Polyurethane seit
ihrer Entdeckung vor über 60 Jahren, als sie noch als "verrückte Idee"
galten, kaum geändert hat: Nach wie vor werden bei ihrer Herstellung zwei
chemisch verschiedene Komponenten miteinander vermischt. Die eigentlichen
Kunststoffe entstehen daraus erst in der Form des Polster- oder
Sohlenherstellers. Die Chemiker E.W. Meijer, Ron M. Versteegen und Rint P.
Sijbesma von der Universität Eindhoven haben nun einen Weg gefunden, beide
PUR-Komponenten in ein und demselben Molekül unterzubringen; aus
diesen Bausteinen entstehen einfach aufgebaute Polyurethan-Typen, die
bislang allenfalls über Umwege hergestellt werden konnten.
Die Grundbausteine der Polyurethane sind Moleküle, die je zwei
Atomgruppierungen tragen, die Chemiker als Alkohol- und Isocyanatgruppe
bezeichnen. Diese Enden funktionieren im Prinzip wie "Knopf" und
"Knopfloch": Die Bausteine, die jeweils zwei Knöpfe oder zwei Knopflöcher
tragen, verknüpfen sich im Reaktor automatisch zu langen Ketten.
Einfacher wäre es freilich, "Knopf und Knopfloch" im selben Molekül
unterzubringen, dann müßte man statt zweien nur eine Bausteinsorte
herstellen. Bei den verwandten Polyamiden (Nylon, Perlon), die ähnlich -
nur eben aus Säuren und Aminen - konstruiert sind, ist das schon gelungen.
Bei Polyurethanen ging das bislang nur über umständliche Tricks, da sich
die wichtigen Isocyanate nur unter Bedingungen herstellen lassen, bei denen
die Alkohole längst chemisch fremd-, also andere Reaktionen eingehen. Hier
setzt das Eindhovener Team an: Sie fanden eine Chemikalie, die Isocyanate
auf besonders schonende Weise aufbaut, unter Bedingungen, die etwaige
Alkohol-Enden im selben Molekül unangetastet lassen. Damit konnten Meijer
und seine Mitarbeiter tatsächlich Polyurethane herstellen, die nur aus
einem Baustein bestehen.
Die physikalischen Daten der sogenannten [n]-Polyurethane sind
vielversprechend; ob sie sich allerdings auch in der Industrie durchsetzen
können, wird vor allem davon abhängen, ob sich die einfachen Bausteine
leicht in großen Mengen herstellen lassen: Weltweit werden derzeit jedes
Jahr etliche Millionen Tonnen Polyurethane hergestellt.
Kontakt:
Prof. Dr. E.W. Meijer
Laboratory of Macromolecular and Organic Chemistry
Eindhoven University of Technology
P.O. Box 513
NL-5600 MB Eindhoven
Niederlande
Fax: (+31) 40-2451036
E-mail: E.W.Meijer@TUE.nl
Quelle: Angewandte Chemie 1999, 111 (19), 3095 - 3097
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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