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Wissenschaft
Jena. (28.10.99) Deutsche Ärzte können manchmal mehr von ihren Kollegen aus Entwicklungsländern lernen, als umgekehrt. Zu diesem Schluss kommen die Chirurgen Dr. Olaf Bach aus Jena und Dr. Lutz Künanz aus Eisenberg nach dreijähriger Tätigkeit in einem afrikanischen Krankenhaus. Gemeinsam mit Medizinern aus fünf Kontinenten wollen sie auf dem 8. Symposium der Deutschen Gesellschaft für Tropenchirurgie (DTC) den Wissensaustausch zwischen Chir-urgen in Industrie- und Entwicklungsländern voranbringen. "Eine Welt - Eine Chirurgie?" heißt das Thema des Symposiums, das vom 11.-13. November 1999 von der Klinik für Unfallchirurgie der Jenaer Universität ausgerichtet wird.
Neben Forschungsergebnissen über tropische Infektions- und Geschwulstkrankheiten diskutieren die Ärzte über neue Methoden aus der Unfall- und Kin-derchirurgie, die an Bedingungen in Entwicklungsländern angepasst sind.
Ebenso bilden die Folgen der Aids-Epidemie in Afrika einen Schwerpunkt des wissenschaftlichen Programms. - Bereits jetzt ist jeder dritte Patient in der Chirurgischen Abteilung, die Dr. Bach in Malawi geleitet hat, mit dem Aids-Virus infiziert. Parallel dazu treffen sich erstmals in Deutschland auch Schwestern, Pfleger und Hebammen zu einer Fachtagung über ihre Arbeit in Entwicklungsländern. Dabei werden sie über Krankenpflege in unterschiedlichen Kulturen, den Umgang mit Aids-Patienten sowie pflegerische Entwicklungsprojekte berichten.
Dr. Bach und Dr. Künanz treten für einen wechselseitigen Wissensaustausch von Ärzten in den Tropen mit Medizinern aus Industrieländern ein. Angesichts von Flüchtlingsströmen, Massentourismus und Wirtschaftsreisen werden auch westliche Mediziner immer häufiger mit tropischen Krankheitsbildern konfrontiert. "In der heutigen Zeit fahren Tausende von Deutschen in ferne Länder und gelangen selbst in die entlegensten Urwaldregionen - da ist ein profundes Wissen über Tropenmedizin auch im Sinne unserer Patienten unerlässlich", betont der Jenaer Unfallchirurg Prof. Dr. Eberhard Markgraf.
Hingegen können afrikanische Ärzte, die sich in Europa weiterbilden, mit dem neu erworbenen Wissen oft wenig in ihrem Heimatland anfangen. - Ihnen fehlt dort die technische Ausstattung, mit der sie gelernt haben zu heilen, und die Patienten leiden unter anderen Krankheiten. "Wozu braucht ein afrikanisches Land hochspezialisierte Herzchirurgen, wenn allein durch die rechtzeitige Ent-fernung von Blinddärmen oder bessere Geburtshilfe mehr Leben gerettet werden könnten, als je durch operationsfähige Herzerkrankungen in diesen Ländern bedroht werden", fragt sich Bach.
Aber die Arbeit in Entwicklungländern birgt auch Chancen: Anders als in Europa steht keine "Apparatemedizin" zwischen dem Arzt und seinem Patienten. "Der persönliche Umgang des Personals mit dem kranken Menschen bekommt einen viel höheren Stellenwert", erklärt der Jenaer Chirurg. Und Künanz ergänzt: "Wer als einziger Arzt im Hospital neben den medizinischen Aufgaben noch das Budget verwalten muss, erlebt auch den Kostendruck hautnah." Dadurch sei man auch nach der Rückkehr in unser westliches Gesundheitssystem für dieses Thema sensibilisiert.
"Ärzte aus Entwicklungsländern müssen dagegen lernen, dass Armut nicht als Begründung gelten kann, sich modernen medizinischen Erkenntnissen zu verschließen," fordert Bach, "auch für sie ist eine ständige Weiterbildung unbedingt erforderlich." Deshalb freut er sich über die Teilnahme von zwanzig Referenten am DTC-Symposium, deren Arbeitsorte von den Salomon-Inseln über Indien, Schwarzafrika bis nach Peru reichen.
Das Symposium, an dem neben zahlreichen internationalen Entwicklungshilfe-Organisationen auch die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten "Ärzte ohne Grenzen" teilnehmen werden, findet erstmals in den neuen Bundesländern statt. Ein Grund dafür ist die vor vier Jahren durch die Jenaer Klinik für Unfallchirurgie begonnene Zusammenarbeit von Mitarbeitern des Universitätsklinikums mit Medizinern und Schwestern in einem Krankenhaus in Malawi. Im Rahmen dieses Zomba-Hospital-Projekts konnten sowohl afrikanische als auch deutsche Mediziner im Partnerkrankenhaus arbeiten; zusätzlich wird die Klinik im malawischen Zomba materiell unterstützt.
Ansprechpartner:
Professor Dr. Eberhard Markgraf
Unfallchirurgische Klinik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Tel./Fax.: 03641/933978
E-mail: markgraf@bach.med.uni-jena.de
Dr. Olaf Bach
Unfallchirurgische Klinik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Tel.: 03641/933638, Fax.:03641/936741
E-mail: obach@bach.med.uni-jena.de
PRESSEGESPRÄCH: Während des Symposiums findet am Freitag, den 12. November 1999 um 12.30 Uhr ein Pressegespräch im Hörsaal 4 des Universitäts-Campus in der Carl-Zeiß-Straße (Neuer Campus) statt.
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931031
Fax: 03641/931032
e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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