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02.11.1999 11:58

"Ost- und Westdeutsche sind sich ähnlicher, als sie glauben"

Dr. Eva-Maria Streier Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

    Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten brachte nicht nur politisch die bedeutendste Wende der deutschen Nachkriegsgeschichte - auch die psychologischen, sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen des Umbruchs waren und sind enorm. In insgesamt 87 Forschungsprojekten haben Historiker, Ethnologen, Politologen, Ökonomen, Juristen, Psychologen und Soziologen die "Wendezeit" begleitet und beleuchtet. Sie arbeiteten im Rahmen des Schwerpunktprogramms "Sozialer und politischer Wandel im Zuge der Integration der DDR-Gesellschaft", das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über einen Zeitraum von gut sechs Jahren mit rund 30 Millionen Mark gefördert worden ist. Zehn Jahre nach dem Fall der Mauer zogen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt bei einer Abschlußtagung in Bonn Bilanz.

    Ziel des Schwerpunktprogramms war es insbesondere zu rekonstruieren, wie das totalitäre Staatsgebilde der DDR funktionierte, was es stabilisierte und warum es schließlich zusammenbrach. Außerdem sollte die deutsche Vereinigung wissenschaftlich begleitet und analysiert werden. Zugleich brachte der historisch einmalige Vorgang die Chance mit sich, eine Reihe sozialwissenschaftlicher Theorien auf den Prüfstand zu stellen. Neben den Auswirkungen des wirtschaftlichen Strukturwandels und der Arbeitslosigkeit waren die politische und die institutionelle Transformation zentrale Themen der Forschungs-bemühungen.

    "Ost- und Westdeutsche sind sich ähnlicher, als sie glauben", sagt Professor Winfried Gebhardt von der Universität Koblenz-Landau, der in einem der zahlreichen Projekte innerhalb des Schwerpunktprogramms zwei 1000-Seelen-Dörfer auf verschiedenen Seiten der früheren Zonengrenze verglichen hat. In Regnitzlosau im bayerischen Vogtland und im 25 Kilometer entfernten Werda im sächsischen Vogtland gingen der Forscher und seine Mitarbeiter Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Werten, Glauben und Einstellungen der Dorfbewohner durch statistische Erhebungen, in Interviews und bei Stammtischgesprächen auf den Grund. Sie stellten dabei fest, daß beide Dorfgemeinschaften nach Geborgenheit, Sicherheit und Harmonie streben. Jedoch das Ziel, eine "große Dorffamilie" zu bilden, habe im östlichen Dorf einen höheren Stellenwert als im Dorf westlich der ehemaligen Zonengrenze, das auf dem Weg der Modernisierung schon etwas weiter vorangeschritten sei. Einen grundsätzlichen Mentalitätsunterschied fanden die Forscher aber nicht.

    Wie der PDS die Wandlung von der SED-Nachfolgerin zu einer alternativen linken Partei mit deutlich zweistelligen Wahlergebnissen gelang, untersuchte Professor Karl Schmitt von der Universität Jena am Beispiel der Parteienlandschaft in Thüringen in einem weiteren Forschungsprojekt. Danach liegt ein Grund für den Erfolg der PDS, die bei der letzten Landtagswahl in Thüringen mit 22,3 Prozent noch vor der SPD zweitstärkste Kraft wurde, in ihren Mitgliedern, von denen drei Viertel Rentner sind. Sie verfügten über ausreichend Freizeit für die politische Basisarbeit, so daß die PDS "vor Ort" wesentlich präsenter sein könne als ihre politischen Mitbewerber. Viele Wähler in den neuen Bundesländern seien so zu der Überzeugung gelangt, die PDS verstehe und vertrete sie von allen Parteien am besten.

    Die zunehmende Handlungsunfähigkeit der politischen Führung der DDR, die mit ihrer stetigen Vergreisung einherging, hat Professor M. Rainer Lepsius, Universität Heidelberg, analysiert. Professor Renate Mayntz vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln skizzierte die Transformation der Akademie der Wissenschaften der DDR in den Jahren von 1989 bis 1992.

    Weitere Informationen erteilt der Koordinator des Schwerpunktprogramms, Professor Hartmut Esser, Lehrstuhl für Soziologie und Wissenschaftsgeschichte der Universität Mannheim, Telefon: 0621/292-2964, Telefax: 0621/292-5007.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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