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05.11.1999 10:06

Sportwissenschaftler deckt Defizite im deutschen Breitensport auf

Dipl.-Ing. Mario Steinebach Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
Technische Universität Chemnitz

    Ergebnisse europäischer Studie werden im Sportausschuss des Bundestages vorgestellt

    Was die Finnen nicht nur den Sachsen voraus haben
    Sportwissenschaftler der TU Chemnitz deckt Defizite im deutschen Breitensport auf

    In Deutschland - und speziell in den neuen Bundesländern - gibt es noch viel zu wenig Sport- und Bewegungsmöglichkeiten. Dies ist ein Ergebnis einer von der Europäischen Union geförderten Vergleichsstudie zum Gesundheitsverhalten in Europa. In die Untersuchung einbezogen wurden 3.400 zufällig ausgewählte Personen aus Belgien, Deutschland, Finnland, den Niederlanden, der Schweiz und Spanien. Dazu der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Alfred Rütten von der Technischen Universität Chemnitz, der die Studie leitete: "In Deutschland gibt es noch eine Menge zu tun, will man in Zukunft die Sportaktivenquote von europäischen Nachbarländern wie den Niederlanden und der Schweiz erreichen. Während beispielsweise in den Niederlanden fast 79 Prozent und in der Schweiz 83,5 Prozent der Bevölkerung sportlich und körperlich aktiv ist, sind es in Nordrhein-Westfalen lediglich etwa 70 Prozent und in Sachsen sogar nur 64 Prozent. Den Spitzenplatz halten die Finnen mit 88 Prozent."

    Prof. Rütten wird am 10. November 1999 den Sportausschuss des Deutschen Bundestages in Berlin die Ergebnisse seiner vergleichende Studie zu Sport und körperlicher Aktivität in sechs Ländern Europas vorstellen. Dabei wird Prof. Rütten auch auf möglichen Ursachen für die Unterschiede in der Sportaktivität eingehen: Eine wichtige Rolle spielen beispielsweise die Möglichkeiten, sich im eigenen Wohngebiet sportlich zu betätigen, aber auch die Angebote von Vereinen und anderen Anbietern. So sind fast 90 Prozent der Niederländer und immerhin etwa 84 Prozent der Schweizer mit ihren Sport- und Bewegungsmöglichkeiten zufrieden. In Sachsen dagegen sind es weniger als 40 Prozent - die Mehrheit ist hier-zulande also eher unzufrieden.

    Die deutschen Politiker sind laut Prof. Rütten gut beraten, diese Befunde ernst zu nehmen, denn die von ihm wahrgenomme-nen Defizite werden der Politik offensichtlich auch von der Bevölkerung angelastet. So sind beispielsweise in Sachsen die meisten Befragten der Meinung, dass in ihrer Kommune nicht genügend für Sport und Bewegung getan wird. In den Niederlanden, wo seit Jahrzehnten von Kommunen wie von nationaler Seite das Sporttreiben der Bevölkerung durch die Schaffung neuer Bewegungsmöglichkeiten unterstützt wird, sind dagegen fast 90 Prozent der Bevölkerung mit den Aktivitäten der eigenen Kommunen zufrieden. Entsprechend hoch sei in Sachsen der staatliche Handlungsbedarf bei der Entwicklung von Sportprogrammen und Freizeitmöglichkeiten, so Prof. Rütten. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung meint, dass hier in Zukunft mehr getan werden muss. Für den Chemnitzer Sportwissenschaftler nimmt Sachsen damit einen Spitzenplatz in Europa ein - nämlich im politischen Handlungsbedarf.

    Der Sportausschuss des deutschen Bundestages wird mit Prof. Rütten auch über mögliche Konsequenzen aus der Studie diskutieren. Rütten sieht hier ein wichtiges Thema in der Umsetzung des vom Deutschen Sportbundes Anfang der 90er Jahre entwickelten "Goldenen Plans Ost", der zu einer Angleichung der Lebensverhältnisse im Bereich der Sportstätten in Deutschland beitragen sollte, aber nach wie vor nicht ausreichend vom Bund unterstützt wird. Angesichts der Sparpläne des Bundes und der offensichtlich schwachen politischen Lobby für den Aufbau des Sports in den neuen Bundesländern, muss gegenwärtig vom Scheitern dieses "Goldenen Planes Ost" ausgegangen werden. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse der Studie, dass auch aus Sicht der Bevölkerung ein dringender Handlungsbedarf besteht. "Dabei sollte auch an den nachgewiesenen gesundheitlichen und darüber hinaus auch an den volkswirtschaftlichen Nutzen eines aktiveren Lebensstils in der Bevölkerung gedacht werden", meint Rütten.

    Zumindest eine Hoffnung nimmt der Professor der TU Chemnitz mit auf seine Reise nach Berlin: Die Bundesregierung aus SPD und Bündnis90/Die Grünen hat sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, nicht nur wie bisher im Spitzensport, sondern auch auf dem Gebiet des Breitensports aktiv zu werden. Eingedenk der primären Zuständigkeiten von Ländern und Kommunen kann der Bund hier allerdings nur eingeschränkt, beispielsweise im Rahmen der Förderung von Modellprojekten, tätig werden. Im sächsischen Lichtenstein entwickelt sich, betreut von der Forschungsstelle für Regionale Gesundheitsförderung der TU Chemnitz, gerade ein Pflänzchen, das sich mit einer moderaten Unterstützung aus Berlin zu einem bundesdeutschen Modell für eine zukunftsweisende kommunale Sportentwicklungsplanung auswachsen könnte. Dies wäre aus Prof. RüttenŽs Sicht doch zumindest ein kleines Signal für die neuen Bundesländer.

    Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Alfred Rütten, Tel. (03 71) 5 31 - 45 35, Fax (03 71) 5 31 - 29 35, E-Mail alfred.ruetten@phil.tu-chemnitz.de .


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Bauwesen / Architektur, Gesellschaft, Politik, Recht, Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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