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Wissenschaft
Sozialpsychologe der Universität Jena organisiert wissenschaftliche Konferenz in Warschau
Jena (10.05.06) Die Beziehungen zwischen Deutschen und Polen sind immer schwierige Beziehungen gewesen. "Besonders der Zweite Weltkrieg hat das Verhältnis belastet, aber nicht nur dieser historische Zeitabschnitt", sagt Dr. Kai J. Jonas vom Lehrstuhl Sozialpsychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zusammen mit seiner polnischen Kollegin Dr. Jasia Pietrzak veranstaltet er im Rahmen des Deutsch-Polnischen Jahres vom 12. bis 14. Mai in Warschau eine wissenschaftliche Konferenz zum Thema "Täter und/oder Opfer? Perspektiven im deutsch-polnischen Kontext". Gefördert wird sie vom Bundesforschungsministerium (BMBF) und dem Auswärtigen Amt.
"Das Konfliktfeld Täter - Opfer ist vielfältig", so der Sozialpsychologe Jonas. Im Zweiten Weltkrieg scheint die Rollenverteilung auf den ersten Blick klar: Die Deutschen waren die Täter, Polen die Opfer. Doch dieses Verhältnis lasse sich auch drehen, schaut man zum Beispiel auf das Problem der Vertreibung Deutscher. So gehe es also um die Frage, wer kann sich als Opfer und wer als Täter sehen und wie verhalten sich beide Gruppen heute zueinander.
"Dieses Konfliktfeld aber auf den historischen Zeitabschnitt Mitte des vergangenen Jahrhunderts zu reduzieren, wäre zu kurz gedacht", ist Jonas überzeugt. So stehe auch die Frage im Blickpunkt, warum polnische Bürger heute in Deutschland oft als aggressiv und gefährlich wahrgenommen werden. Dieses Spannungsverhältnis wollen die Wissenschaftler aus Polen und Westeuropa in Warschau diskutieren. Dabei können durch Vorträge israelischer Forscher ebenfalls Erfahrungen aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt einfließen, erwartet Dr. Jonas. Allerdings werde sich die Debatte nicht auf sozialpsychologische Aspekte begrenzen. So habe man auch den Politikwissenschaftler Klaus Bachmann vom Willy Brandt Zentrum für Deutschland- und Europastudien der Universität Breslau gewonnen, der über die Grundlagen des aktuellen deutsch-polnischen Verhältnisses sprechen wird.
Dr. Jonas weist noch auf einen weiteren Aspekt hin. Von der Forschung bisher gänzlich unberührt sei das Verhältnis zwischen Polen und der DDR - Zäsuren wie den Prager Frühling oder die Niederwerfung des Aufstands in Polen 1981 eingeschlossen. "Wir würden diesen Zeitraum gern einbeziehen, aber es gibt dazu leider keine psychologischen Forschungen", bedauert der Jenaer Wissenschaftler. Seit der Wende eröffne sich zudem noch eine weitere Sicht auf das Verhältnis zwischen Deutschen und Polen: In den vergangenen Jahren seien viele Exil-Polen aus den USA oder Westeuropa in ihre Heimat zurückgekehrt. "Die haben eine völlig andere Sicht auf Deutschland", weiß Dr. Jonas. All dies zeige, dass es notwendig sei, den Blick verstärkt in Richtung Osten zu wenden. Das Deutsch-Polnische Jahr biete mit seinen vielfältigen Veranstaltungen gute Gelegenheiten dafür.
Kontakt:
Dr. Kai J. Jonas
Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Humboldtstr. 26, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945260
Fax: 03641 / 945252
E-Mail: kai.jonas[at]uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Politik, Psychologie, Recht
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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