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10.05.2006 12:02

Von bösen und ungelehrten Richtern

Constanze Steinke Pressearbeit
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

    Internationale Tagung nimmt Gerichtskultur im Ostseeraum ins Visier

    "Böse und ungelehrte Richter" oder die "Gerichtskultur in Finnland" sind nur zwei spannende von insgesamt neunzehn Vorträgen, die im Rahmen des Vierten Rechtshistorikertages zwischen dem 18. und 20. Mai 2006 im Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald diskutiert werden. Die von Prof. Dr. Hans-Georg Knothe und den Juristen Jochen Korsch und Marc Liebmann vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte der Universität Greifswald organisierte und geleitete Tagung nimmt die "Gerichtskultur im Ostseeraum" unter die Lupe (siehe Programm). Ziel der internationalen Veranstaltung ist es, einen Beitrag zur Erforschung dessen zu leisten, was in der modernen rechtssoziologischen, rechtsvergleichenden und rechtstheoretischen Diskussion mit dem Begriff der "Rechtskultur" (legal culture) bezeichnet wird. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit zwischen den in den Ostseeanrainerstaaten wirkenden Rechtshistorikern vertieft und der wissenschaftliche Austausch in diesem Bereich gefördert werden.

    Finanziell gefördert wird der Vierte Rechtshistorikertag von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Zu der kostenfreien Veranstaltung sind alle Interessierten recht herzlich eingeladen.

    Der Begriff der "Gerichtskultur" kennzeichnet einen zentralen Teilbereich der Rechtskultur. Wissenschaftler und Experten aus Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Polen, Russland und Schweden wollen gemeinsam analysieren, wodurch sich unterschiedliche Wertvorstellungen und Gesellschaftskonzeptionen und deren geschichtlicher Wandel in den Ländern des Ostseeraums auf die Struktur der Gerichte, das gerichtliche Verfahren und die gerichtlichen Entscheidungen früher ausgewirkt haben und bis heute widerspiegeln.

    Hintergrund
    Der facettenreiche Begriff "Rechtskultur" umfasst mehrere Bedeutungen. Aus der akademisch-juristischen oder fachphilosophischen Perspektive bedeutet er soviel wie "nach Art des Rechts" oder im "Sinne rechtsstaatlicher Verfahren" (z.B. Rechtsgleichheit vor dem Gesetz). "Rechtskultur" kann aber auch als Innbegriff der in einer Kultur wirksamen normativen Grundorientierungen bezeichnet werden, die sich in den jeweils geltenden Rahmenbedingungen politisch-rechtlicher Verhaltensnormierung und Institutionalisierung ausdrücken. Der terminologisch seit den achtziger Jahren verwendete Begriff umfasst im vergleichenden Kontext die Rechtskulturen verschiedener Länder oder Regionen, historische Epochen der Rechtsentwicklung oder auch das Verhältnis von Recht und Alltag. Letztlich kommt mit dem Begriff auch zum Ausdruck, dass gesellschaftlich wirkende Rechtsnormen Resultate der Verständigung zwischen den Teilnehmern sind.

    TAGUNGSPROGRAMM "Die Gerichtskultur im Ostseeraum"
    Vierter Rechtshistorikertag im Ostseeraum vom 18. bis 20. Mai 2006

    Tagungsort: Alfried Krupp Wissenschaftskolleg, Martin-Luther- Straße 14, 17487 Greifswald

    Donnerstag, 18. Mai 2006

    16.30 Uhr
    Begrüßung
    Klaus Pinkau, Wissenschaftlicher Direktor des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs; Hans-Georg Knothe, Tagungsleiter; Jochen Korsch, Tagungsleiter; Marc Liebmann, Tagungsleiter
    16.45 Uhr
    Zum Gedenken an Professor Dr. Jörn Eckert
    Kjell Å. Modéer (Lund)

    SEKTON I: Gerichtskultur im Allgemeinen
    17.15 Uhr
    Gerichtskultur in Finnland
    Pia Letto-Vanamo (Helsinki)
    18.00 Uhr
    Court culture in swedish sixteenth-century ecclesiastical courts: The chapter (Domkapitel) of Uppsala as an example
    Mia Korpiola (Helsinki)
    Ab 19.15 Uhr
    Gemütliches Beisammensein in der Gaststätte "Kontor" (am Greifswalder Markt)

    Freitag, 19. Mai 2006

    SEKTON II: Gerichtsverfassung
    09.00 Uhr
    Zur Bedeutung des Magdeburger Vorbilds in der städtischen Gerichtsbarkeit Nordpolens: Das Beispiel Kulm und Thorn
    Danuta Janicka (Torun)
    09.45 Uhr
    Die obere Gerichtsbarkeit in Ostpreußen von 1618 bis 1879
    Hans-Georg Knothe (Greifswald)
    10.30 Uhr
    Kaffeepause
    10.45 Uhr
    Wismar ? Ein Vorposten der schwedischen Krone mit besonders ausgeprägter Gerichtskultur
    Nils Jörn (Wismar)
    11.30 Uhr
    Die zahlreichen Gesichter des Gemeindegerichts. Die Entwicklung der estnischen Bauerngerichte im 19. Jahrhundert
    Toomas Anepaio (Tartu)
    12.15 Uhr
    Mittagspause
    14.15 Uhr
    Aus der Geschichte des Oberlandesgerichts Kiel in der Kaiserzeit und in der Weimarer Zeit
    Werner Schubert (Kiel)

    SEKTON III: Gerichtsverfassung
    15.00 Uhr
    Zwischen Szylla und Charybdis. Der Richter, das Recht und die Gerechtigkeit
    Marie Sandström (Stockholm)
    15.45 Uhr
    Kaffeepause

    16.15 Uhr
    "Böse und ungelehrte Richter" ? das Richterbild und die Rechtsprechung in der nordischen Literatur des 18. Jahrhunderts
    Lars Björne (Turku)
    17.00 Uhr
    Judges training and outlook in the Soviet and post-Soviet Russia
    Tatiana Alexeeva (St. Petersburg)
    20.30 Uhr
    Besichtigung des Pommerschen Landesmuseums

    Samstag, 20. Mai 2006

    SEKTON IV: Rechtspraxis
    09.00 Uhr
    Der estländische Bauer vor dem höchsten Gericht des Russischen Reiches
    Marju Luts (Tartu)
    09.45 Uhr
    Das Verfahren der Aktenversendung und die Spruchaktenpraxis an der Universität Rostock ? ein Überblick!
    Ralph Weber (Rostock)
    10.30 Uhr
    Kaffeepause

    SEKTON V: Recht und Gesellschaft, Rechtswissenschaft
    10.45 Uhr
    Reformation und Recht in Dänemark
    Ditlev Tamm (Kopenhagen)
    11.30 Uhr
    Die Bedeutung der Rechtsprechung im Reformprozess des schwedischen Familienrechts Anfang des 20. Jahrhunderts
    Urte Nesemann (Hamburg)
    12.15 Uhr
    Mittagspause
    13.15 Uhr
    Besichtigung des Greifswalder Doms
    14.00 Uhr
    Frauen als Juristen in finnischen rechtswissenschaftlichen Zeitschriften
    Paivi Paasto (Turku)
    14.45 Uhr
    Beseleriana ? Rostockiana: Beseler-Fondue in mecklenburgischen Archiven
    Hans-Peter Glöckner (Rostock)
    15.30 Uhr
    Kaffeepause
    16.00 Uhr
    Zur Rechtskultur in Schweden
    Claes Peterson (Stockholm)
    16.45 Uhr- Abschließende Diskussion und Schlussworte

    19.30 Uhr - Gemeinsames Abendessen

    Ansprechpartner an der Universität Greifswald
    Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät
    Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte
    Professor Dr. Hans-Georg Knothe
    Domstraße 20, 17489 Greifswald
    T +49 3834 86-21 33
    F +49 3834 86-21 13
    E knothe@uni-greifswald.de
    http://www.uni-greifswald.de/~lz2/
    http://www.uni-greifswald.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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