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Wissenschaft
Eine langfristige Beeinträchtigung der Universitätsmedizin in Folge des mehr als elfwöchigen Ärztestreiks befürchtet der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professor Peter Strohschneider. "Ich sehe die große Gefahr einer zunehmenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Forschungsstrukturen in der Universitätsmedizin. Dadurch würde Deutschland bei seiner internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutlich zurückgeworfen." Übersehen werde bei der bisherigen Diskussion, dass der Streik auch massive Nachteile für die medizinische Forschung und die Ausbildung der Ärzte hat. Der Wissenschaftsrat richtet seine Erwartung daher an die Tarifpartner, zügig an den Verhandlungstisch zurück zu kehren und ein Verhandlungsergebnis anzustreben, das dem besonderen Aufgabenprofil der Universitätsmedizin gerecht wird.
Eine Umfrage des Medizinausschuss des Wissenschaftsrates bei den medizinischen Fakultäten hat ergeben, dass neben der Krankenversorgung auch Lehre und Forschung durch den Streik in Mitleidenschaft gezogen sind. Aus Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen wurden Beeinträchtigungen in der Lehre gemeldet. Einzelne Standorte berichten von Notbetrieb und befürchten sogar einen Ausfall von rechtlich verbindlich vorgesehenen Prüfungen, während an anderen Standorten nur einzelne Lehrveranstaltungen verschoben werden müssen. Die Universitätsklinika in Berlin, Hamburg, Hessen und Schleswig-Holstein wurden bisher gar nicht bestreikt. Die meisten Dekane erwarten, dass sich aufgrund der aktuellen Arbeitsniederlegung die Forschungsleistungen in Form von Publikationen oder klinischen Studien im kommenden Jahr reduzieren werden. Der Zusammenhang ist einfach: Um den Betrieb in der Krankenversorgung zumindest notdürftig aufrechterhalten zu können, muss die Forschungsarbeit zwangsläufig liegen bleiben.
Nicht zu unterschätzen ist auch der psychologische Aspekt des aktuellen Tarifstreits. Junge, hochbegabte Ärzte und Wissenschaftler sind der Motor des Wissenschaftsbetriebs. "Wir beobachten eine zunehmende existentielle Verunsicherung des wissenschaftlichen Nachwuchses", erläutert Strohschneider. Ursache hierfür sind kurzfristige Verträge, eine Verschlechterung des Forschungsklimas in den Universitätskliniken, zunehmend ungünstige Rahmenbedingungen für innovative Forschung, aber auch das Gefühl der Geringschätzung ihrer nur dem Zwang der Ökonomie unterworfenen Forschungsleistung. "In einer solchen Situation verlassen uns auch sehr gute junge Ärzte und Wissenschaftler, die wir dringend hier in Deutschland bräuchten, und suchen stattdessen ihre Zukunft im Ausland. Auch diese Effekte sollten die Tarifpartner bei ihren künftigen Verhandlung angemessen berücksichtigen", warnt Strohschneider mit Blick auf die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und den Marburger Bund.
http://www.wissenschaftsrat.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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überregional
Wissenschaftspolitik
Deutsch
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