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14.12.1999 19:30

Datenbank der Evolution

Marietta Fuhrmann-Koch Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    EDV-Katalogisierung der Königsberger Bernsteinsammlung

    (pug) Universitäts-Sammlungen sind in vielen Bereichen, so in den Bio- oder Geowissenschaften, nicht nur ein unverzichtbares Instrument der Forschung und Lehre, sie verwahren auch Dokumente der Geschichte der Erde und des Lebens auf der Erde. Einen derartiges Kulturgut von internationalem Rang bewahrt das Institut und Museum für Geologie und Paläontologie der Universität Göttingen auf, nämlich die im Krieg geretteten Teile der ehemaligen Königsberger Bernsteinsammlung, der einst größten und bedeutendsten der Welt.

    11 000 Bernstein-Fossilien werden katalogisiert

    Seit der Aufnahme der Königsberger Bernsteinsammlung in die Geowissenschaftliche Sammlung der Universität Göttingen sind die Fossileinschlüsse (Inklusen) konserviert worden, um sie wieder für Untersuchungen zugänglich zu machen, denn viele Bernsteinstücke mit Fossileinschlüssen zeigten oberflächlich Risse. Eine systematische Zuordnung und erste Erfassung wurde vorgenommen. Dabei hat man festgestellt, daß insbesondere in wissenschaftlichen Veröffentlichungen beschriebene Inklusen enthalten sind, die offensichtlich aus der viel gößeren Königsberger Sammlung für den Transport nach Göttingen ausgewählt worden sind.

    Eine moderne Bewirtschaftung derart umfangreicher Sammlungen ist nur mittels EDV möglich. Erst mit einem Bestandskatalog kann sie angemessen für die Forschung erschlossen werden. Im Mai dieses Jahres hat Dr. Gudrun Hammer-Schiemann eine AB-Maßnahme "EDV-Katalogisierung der Königsberger Bernsteinsammlung" begonnen, über deren Stand auf dem Pressetermin informiert werden soll. Zu Beginn der Arbeit im neuen Projekt stand die Sichtung der gesamten vorhandenen Literatur und die Einarbeitung in die Arthropoden-Systematik, wobei das Hauptaugenmerk auf die Klassen der Arachniden (Spinnentiere) und Insekten fiel.
    Für alle Bernstein-Inklusen wurden seit Beginn der 80er Jahre Karteikarten mit Angaben zur Systematik und der eingravierten Nummer angelegt. Die jetzt eigens entwickelte Datenbank erlaubt es auf der Grundlage eines bereits in Königsberg verwandten Nummernsystems, die systematische Zugehörigkeit, Ausleihen und Bearbeitungen des Stückes sowie die Erwähnungen in Publikationen zu erfassen oder gezielte Suchabfragen zu machen.
    Die momentane Aufgabe ist es, diese enorme Datenmenge einzugeben. Zur Zeit sind schon etwas mehr als 4000 Inklusen erfaßt, darunter alle Inklusen, die als Originale von Veröffentlichungen erkannt wurden sowie ein großer Teil der Arachniden. Neben der rein mechanischen Tätigkeit ist aber auch die fortlaufende Bewirtschaftung der Sammlung ein Hauptaspekt der Arbeit. Suchanfragen und Ausleihwünsche von Wissenschaftlern aus aller Welt müssen bearbeitet und beantwortet werden. Ziel ist es, sämtliche Stücke in die Datenbank aufzunehmen und dann in einem zweiten Schritt zu einem umfangreichen photographisch dokumentierten Bernsteinkatalog zusammenzustellen. Der Katalog soll sowohl der Wissenschaft als auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

    Hintergrundinformationen

    Ein kleiner Teil der Königsberger Bernsteinsammlung hat den Krieg überstanden. Er gelangte im Herbst 1944 auf Umwegen über den Kali-Schacht Volpriehausen, das Kunstlager der englischen Besatzungsmacht in Goslar und Celle schließlich 1958 in das geologisch-paläontologische Institut in Göttingen, wo er im Auftrag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wissenschaftlich betreut wird.
    Der mit Abstand größte Teil dieser Sammlung besteht aus ca. 11 000 Fossil-Einschlüssen. Die systematische Suche nach gut erhaltenen Fossilien hat in den letzten Jahrzehnten erstaunliche Ergebnisse gebracht. So wurden beispielsweise feine Gewebe einzelliger Organismen bis weit zurück nahe den Anfängen des organischen Lebens auf der Erde entdeckt und erforscht.
    Verglichen mit derartigen Dokumenten der Evolution sind die samländischen Bernstein-Fossilien mit ihren Alter von ca. 50 Millionen Jahren jung, aber sie sind so prachtvoll erhalten, daß man durch sie einen ungewöhnlich detaillierten Blick in die damalige Lebewelt des Zeitabschnitts des Tertiärs werfen kann. Geowissenschaftliche Sammlungen sind Datenbanken der Evolution. Evolutionsforscher aus aller Welt wissen um die Bedeutung der Göttinger Bernsteinsammlung, die zu den bedeutendsten Bernsteinsammlungen der Welt gehört. Das wird durch die zahlreichen Aufenthalte von Gastforschern und Ausleihwünsche aus der Sammlung deutlich.

    Paläontologen sind wie Kriminalisten: Sie waren nicht dabei, aber sie rekonstruieren einen Tathergang aus Indizien

    Bernstein ist ein fossiles Baum-Harz. Tatsächlich spiegelt die Häufigkeit mit der einzelne systematische Gruppen des Tier- und Pflanzenreiches im baltischen Bernstein vertreten sind die Wahrscheinlichkeit wieder, mit der diese unterschiedlichen Tier- und Pflanzengruppen an diesem Baumharz klebend überliefert sind. So sind z. B. Ameisen und bestimmte Insekten, die vielleicht angelockt durch den aromatischen Duft im Bernstein kleben blieben, häufige Fossilgruppen. Dagegen fand man bisher nur drei Flöhe, die vielleicht zufällig abgestreift vom Fell eines vorübergehenden warmblütigen Tieres im Harz überliefert sind. Trotz dieser verzerrten Überlieferung ist es möglich ein recht genaues Bild des Bernsteinwaldes im Bereich der heutigen nördlichen Ostsee zu rekonstruieren.

    Ur- und frühgeschichtliche Fundstücke der Bernsteinsammlung

    Der nach Göttingen gerettete Teil der ehemaligen Bernsteinsammlung der Universität Königsberg enthält neben den zahlreichen Bernsteinfossilien auch einige neolithische und frühgeschichtliche Bernsteinschnitzereien, Bernsteinperlen, bronzezeitliche Fibeln sowie kunsthandwerkliche bedeutsame Arbeiten aus anderen Epochen. In Zusammenarbeit mit den Göttinger Ur- und Frühgeschichtlern sollen diese Bestände erstmals erfaßt, dokumentiert und wissenschaftlich gewertet werden.

    Weitere Informationen:
    Dr. Hans Jahnke
    Institut für Geologie und Paläontologie
    Tel. 0551/39-7904


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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