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10.07.2006 06:00

"Giftgas über uns" erstmals veröffentlicht

Constanze Steinke Pressearbeit
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

    Greifswalder Bildungshistoriker kommentiert verschollen geglaubte Hamburger Antikriegsschrift von 1932

    Fast ein Dreivierteljahrhundert musste vergehen, bis ein längst verschollen geglaubtes Manuskript von 1932 auf dem Dachboden des Hamburger Wohnhauses von Wilhelm Lamszus (1881-1965) bei Umbauarbeiten 2005 wiederentdeckt wurde. Am 13. Juli 2006 würde der Schulreformer und Schriftsteller seinen 125. Geburtstag begehen. Aus diesem Anlass erscheint die Antikriegsschrift, kommentiert durch den Bildungshistoriker der Universität Greifswald, Prof. Andreas Pehnke. "Giftgas über uns" ist eine zeitgemäße Schrift, die den Untergang einer Großstadt durch abgeworfene Spreng- und Brandbomben sowie den Einsatz des Gases darstellt. Auch heute hat die spannend geschriebene und originalverfasste Erstveröffentlichung nichts an Aktualität eingebüßt, ist das Thema "Giftgas" seit der veränderten weltpolitischen Lage nach dem 11. September 2001 erneut in das Zentrum der Öffentlichkeit gerückt worden.

    Lamszus Antikriegsliteratur zeichnet sich durch tiefgründige Kenntnisse über den technischen Stand der Bewaffnung und deren Wirkung aus. Nachdem am 22. April 1915 das Zeitalter der chemischen Massenvernichtungsmittel mit dem Einsatz des Giftgases Chlor durch die kaiserlich-deutschen Truppen auf die belgische Stadt Ypern begonnen hatte, brachte der Autor aus Anlass des 10. Jahrestages das Theaterstück "Giftgas" zur Aufführung. Das Hamburger Echo bescheinigte diesem Drama am 11. Dezember 1925 "einen durchschlagenden Erfolg".

    Am 20. Mai 1928 explodierte auf dem Gelände der Firma Stolzenberg im Hamburger Hafen ein Tank mit Phosgengas. Durch dieses Gas, das im Ersten Weltkrieg unter der Bezeichnung Gelbkreuz eingesetzt worden war, wurden 12 Personen getötet und über 200 verletzt. Dieses Unglück machte deutlich, dass in Deutschland trotz des völkerrechtlichen Verbots Kampfgas hergestellt wurde. Lamszus forderte eine chemiewaffenfreie Welt und verfasste die Antikriegsschrift. Vergeblich bemühte sich er dabei um einen Verleger. Im Umfeld der Machtübertragung an die Nazis mauerte er ein Duplikat neben anderen Manuskripten und weitere für ihn gefährlich werdende Literatur auf dem Dachboden seines Hamburger Wohnhauses ein. Erst 2005 wurde dieses Versteck bei Umbauarbeiten in dem betreffenden Haus entdeckt und der spektakuläre Fund der Hamburger Willi-Bredel-Gesellschaft übergeben.

    Bekannt wurde der am 13. Juli 1881 in Altona geborene Reformpädagoge mit dem ersten in deutscher Sprache verfassten Jugendbuch gegen die drohende Weltkriegsgefahr "Das Menschenschlachthaus - Bilder vom kommenden Krieg", das bereits 1912 erschien. Es gehört zu einem der literarisch-künstlerischen Werke auf dem internationalen Terrain, das eine Kampfansage an die damals verbreitete chauvinistische Kriegsdarstellung und deren Traditionen war und eine bemerkenswerte Massenwirksamkeit erreichte. Es wurde in über 70 Auflagen und in sieben Sprachen herausgegeben, aber auch verboten und der Autor gemaßregelt.

    Lamszus verfasste außerdem pädagogische Streitschriften zur Aufsatzmethodik, er schrieb Kinderbücher, wirkte als Nacherzähler, gab Aufsätze von Kindern heraus und wurde Autor von Fachbüchern zur Lehrerbildungsreform sowie zur Gesundheitserziehung. Der Notwendigkeit einer aktiven Friedenserziehung und eines wirkungsvollen demokratischen friedenspolitischen Engagements hat er als Lehrer an der reformpädagogischen Versuchsschule Tieloh-Süd im
    Hamburger Arbeiterviertel Barmbeck entsprochen.

    Literaturtipp
    Pehnke, Andreas (2006): Der Hamburger Schulreformer Wilhelm Lamszus (1881-1965) und seine Antikriegsschrift "Giftgas über uns" - Erstveröffentlichung des verschollen geglaubten Manuskripts von 1932. Beucha bei Leipzig.
    Preis: 18 €

    Ansprechpartner an der Universität Greifswald
    Institut für Erziehungswissenschaft
    Lehrstuhl Allgemeine Pädagogik
    Prof. Andreas Pehnke
    Franz-Mehring-Straße 47, 17487 Greifswald
    T +49 3834 86-37 00
    F +49 3834 86-37 02
    E pehnke@uni-greifswald.de
    http://www.uni-greifswald.de/~erziehu/
    http://www.uni-greifswald.de


    Bilder

    Mit dem Buch soll  das Engagement des für Frieden und pädagogischen Fortschritt eintretenden Schulreformer und Schriftsteller Wilhelm Lamszus gewürdigt werden.
    Mit dem Buch soll das Engagement des für Frieden und pädagogischen Fortschritt eintretenden Schulre ...
    Foto: Sax-Verlag
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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