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21.12.1999 15:17

Eiweiss-Teamwork treibt geschaedigte Zellen zur 'Selbstzerstoerung'

Debbie Weiss Publications and Media Relations Department
Weizmann Institut

    Wissenschaftler des Weizmann Instituts entdecken Teile eines Zellmechanismus, der die Tumorbildung verhindert.

    Forschern des israelischen Weizmann Instituts gelang kuerzlich die Entzifferung eines Teils jener Ablaeufe in der Zelle, die der Apoptose, dem programmierten Zelltod, zugrunde liegen. Ihre Ergebnisse, die im Sommer dieses Jahres in der Zeitschrift Nature veroeffentlicht wurden, geben wichtige Einblicke in Krebspathologien und potentielle Heilverfahren.

    Zellen verfuegen ueber eingebaute Selbstmordmechanismen, erklaert Prof. Yosef Shaul von der Abteilung molekulare Genetik des Weizmann Instituts. Dieser Vorgang ist lebensnotwendig und normal fuer die Entwicklung des Embryos und fuer die staendige Erneuerung des Gewebes, denn durch ihn entledigt sich der Koerper geschaedigter oder ueberfluessiger Zellen.

    Ein Stoerfall im System Apotptose kann toedlich sein. Zellmutation tritt regelmaessig aufgrund von Umwelteinfluessen auf (zum Beispiel ultraviollette Strahlung oder chemische Gifte), aber auch als Teil natuerlicher Vorgaenge in der Zelle. Ohne wirksame Schranken vermehren sich die geschaedigten Zellen fort, oft in Form von lebensbedrohlichen Krankheiten wie Krebs.

    'Der `Notplan` soll den durch Mutation verursachten Schaden rueckgaengig machen oder mindern', erklaert Prof. Shaul. 'Es handelt sich um ein sehr verwickeltes System von Sperren und
    usgleichsmechanismen, das von einem hervorragend abgestimmten Team von Genen und ihren jeweiligen Proteinen gesteuert wird. Die Proteine, die in einem streng hierarchisch organisiertem Umfeld reagieren, aehnlich wie bei der Computerprogrammierung nach den Befehlen `wenn, dann, sonst`, versuchen Anfangs die DNA zu reparieren. Bleibt der Erfolg aus, geben sie der Zelle den Befehl zur `Selbstzerstoerung`. In einem dritten Szenarium - dem GAU, wenn sowohl Reparatur als auch Apotptose versagen, entwickelt sich normalerweise eine Erkrankung.'

    Wer sind jedoch diese Protein-'Akteure', und vor allem, wie sieht ihre Interaktion aus? Genau dies wollen Shaul und seine Kollegen Prof. Moshe Oren, Dr. Reuven Agami und Dr. Giovanni Blandino herausfinden.

    Sie begannen mit c-Abl - einem wichtigen Faktor zur Steuerung des Zellwachstums, der, wenn mutiert, onkogen wirken, das heisst Krebs verursachen kann. Ueber 90 Prozent der Patienten mit chronischer myeloischer Leukaemie haben eine einzigartige Abweichung, bekannt als Philadelphia-Chromosom, das durch c-Abl-Mutationen charakterisiert ist. Shaul beschloss daher, die Rolle von c-Abl bei der Sicherung der Zelle zu untersuchen.

    Eine Familie von Tumor-Suppressoren

    Das Weizmann-Team fand, dass durch Bestrahlung verursachte DNA-Schaeden das c-Abl aktivieren. Dieses wiederum 'mobilisiert' p73, ein weiteres wichtiges Regulationsprotein. Das Zusammenspiel zwischen c-Abl und p73 fuehrt zum Zelltod.

    'p73 war eine Ueberraschung', gibt Shaul zu. 'Zunaechst dachten wir, der wahrscheinlichste Partner fuer c-Abl bei der Zellreparatur wuerde p53 sein, das bis 1997 fuer den einzigen Tumorsuppressor dieser Art gehalten wurde. In der Tat weisen ueber 50% aller Krebspatienten Mutationen von p53 auf. Dies ist ein Grund dafuer, dass die Entdeckung von p73, und spaeter von p63, die beide zur Familie der p53 Tumorsuppressoren gehoeren, die Forschungsgemeinde ueberraschte.'

    Dennoch konnte Shauls Team nicht zeigen, dass es eine Verbindung zwischen c-Abl und p53 gab, weshalb sie anderswo suchen mussten. Ihre Entscheidung, die Interaktion zwischen c-Abl und p73 (nach seiner Entdeckung) zu untersuchen, erwies sich als richtig.

    'Treibstoff' Phosphat

    Ahnlich wie bei Treibstoff-abhaengiger Mobilitaet fand das Weizmann-Team, dass das Zusammenspiel zwischen c-Abl und p73 von Phosphat abhaengt. Bestrahlung aktiviert c-Abl (sowohl durch Phosphat bindende als auch durch andere Mechanismen) und das c-Abl aktiviert wiederum p73 durch Phosphorylierung. 'Unsere Studie legt den Schluss nahe, dass sowohl p73 als auch c-Abl Einfluss darauf haben, ob eine Zelle nach DNA-Schaden krebsartig wird oder nicht', erklaert Shaul. 'Wenn die Funktion von einem dieser Proteine beeintraechtigt ist, etwa durch
    Mutation oder fehlerhafte Phosphorylierung, so steigt die Wahrscheinlichkeit einer Tumorbildung signifikant an.' Shaul untersucht derzeit diese Fragen an 'knock-out'- Maeusen, bei denen die Gene fuer Zelltumor-Suppression funktionsunfaehig sind.

    Shaul meint, die moeglichst genaue Bestimmung des Schadenspunktes auf dem Weg, der zur DNA-Reparatur, zum Zelltod oder Tumorbildung fuehrt, koennte zukuenftige Krebstherapien verbessern. 'Das Verstaendnis von der Ursache der Krankheit bei jedem Patienten koennte bei der Festlegung der wirksamsten Therapieform lebenswichtig sein, einer Therapie, die auf die
    individuelle Pathologie des jeweiligen Patienten zugeschnitten ist. Neben Bestrahlung und Chemotherapie koennte eine zukuenftige Behandlung auch Gentherapie umfassen, bei der das beschaedigte Gen durch ein funktionierendes ersetzt wird', sagt Shaul.

    Prof. Shaul ist Inhaber des Oscar-und-Emma-Getz-Lehrstuhls. Seine Studie wurde von der Burstein-Familienstiftung unterstuetzt.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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