idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Wenn der Joghurtbecher seinen Preis gleich an die Kasse funkt, ist wahrscheinlich ein organischer Chip im Spiel. Aufgedruckt auf Konsumartikel könnten organische Einwegchips vieles leichter und komfortabler machen - wenn sie einfacher und kostengünstiger herstellbar wären als jetzt noch. Aber die ultradünnen organischen Halbleiterschichten haben ihre Tücken. Für die herkömmliche Art, elektrische Kontakte aufzubringen, sind sie zu empfindlich. Den Erfolg einer neuen elektrochemischen Methode testeten jetzt Chemiker der RUB. Ihr Fazit: Die in Ulm entwickelte Methode funktioniert, man kann sich an die Entwicklung eines Prototyps machen. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in der Zeitschrift "Physical Chemistry Chemical Physics" (PCCP).
Bochum, 07.08.2006
Nr. 264
Perfekte Metallinseln auf organischen Schichten
Organische Chips einfacher herstellen
RUB-Chemiker messen mit dem "Schmetterling"
Wenn der Joghurtbecher seinen Preis gleich an die Kasse funkt, ist wahrscheinlich ein organischer Chip im Spiel. Aufgedruckt auf Konsumartikel könnten organische Einwegchips vieles leichter und komfortabler machen - wenn sie einfacher und kostengünstiger herstellbar wären als jetzt noch. Aber die ultradünnen organischen Halbleiterschichten haben ihre Tücken: Für die herkömmliche Art, elektrische Kontakte aufzubringen, sind sie zu empfindlich. Den Erfolg einer neuen elektrochemischen Methode testeten jetzt RUB-Chemiker um Prof. Dr. Christof Wöll mit dem hochempfindlichen "Schmetterling", einer Kombination aus Rasterelektronenmikroskop und Rastertunnelmikroskop. Fazit: Die in Ulm entwickelte Methode funktioniert, man kann sich an die Entwicklung eines Prototyps machen. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in einem "Hot Paper" der Zeitschrift "Physical Chemistry Chemical Physics" (PCCP).
Abbildung und Artikel im Internet
Eine Abbildung zu dieser Presseinformation finden Sie im Internet unter
http://www.pm.rub.de/pm2006/msg00264.htm
Das "Hot Paper" und ein Interview mit Prof. Wöll steht im Internet unter
http://www.rsc.org/pccp
Empfindliche organische Schichten
Eine der Hauptherausforderungen im Bereich der organischen Elektronik ist die Herstellung guter elektrischer Kontakte zu den empfindlichen und gleichzeitig weichen molekularen organischen Materialien. Bei den in der Halbleiterelektronik momentan dominierenden Materialien, Silizium und Germanium, spielt dieses Problem keine große Rolle: Die Metalle können einfach aufgedampft werden. Die weichen molekularen Materialien zeigen aber eine Reihe unerwünschter Effekte, wenn auf diese Weise eine Elektrode aufgebracht wird. Diese reichen von einer Eindiffusion mit entsprechenden, unerwünschten Dotierungseffekten (Veränderung von Materialeigenschaften) bis hin zu einer chemischen Reaktion der organischen Moleküle mit den Metallatomen und nachfolgender Zersetzung.
Kurzschlüsse machen Bauteile unbrauchbar
Bei dem wichtigsten Bauteil, das zurzeit mithilfe organischer Materialien hergestellt wird, dem organischen Feldeffekttransistor (engl.: Organic Field Effect Transistor, OFET), werden die organischen Materialien zum Teil in nur ganz dünnen Schichten eingesetzt. Hier führt die Eindiffusion der Metallatome sogar zu elektrischen Kurzschlüssen: Das Bauteil wird dann gänzlich unbrauchbar.
Elektrochemische Alternative
Elektrochemische Verfahren sind eine Alternative, um metallische Kontakte auf dünne organische Schichten aufzubringen. Wie gut das funktioniert, lässt sich allerdings nur schwierig untersuchen. Mit einem speziellen, höchstauflösenden Instrument ("Schmetterling") konnten die Forscher der RUB-Chemie nun zeigen, dass eine kürzlich von Kollegen an der Universität Ulm entwickelte elektrochemische Methode hält, was sie verspricht: Die Forscher kontaktierten die Palladiumkontakte auf der dünnen organischen Schicht mit einer atomar scharfen Metallspitze. So konnten sie eine kleine Spannung anlegen und das Verhalten des Kontaktes testen. "Im Bereich kleiner angelegter Spannungen war gar kein elektrischer Strom nachweisbar", erklärt Prof. Wöll, "das heißt, es handelt sich wirklich um isolierte Metallinseln." Die Ulmer Methode erlaubt es, Kontakte aufzubringen, ohne das organische Material zu schädigen und vor allem ohne Kurzschlüsse zu erzeugen.
Überraschender Effekt: Gar kein Strom
Dieses Ergebnis überraschte die Forscher zunächst sogar, da selbst ohne Kurzschluss wegen der geringen Dicke der organischen Schicht ein so genannter Tunnelstrom auftreten sollte. "Die überraschend hohe Isolation bei Spannungen kleiner 0,7 Volt ist auf einen quantenmechanischen Effekt zurückzuführen, der als Coulomb-Blockade bezeichnet wird und normalerweise nur bei sehr tiefen Temperaturen auftritt. In unserem Fall sehen wir diesen Effekt schon bei Zimmertemperatur, weil die Kontakte nanoskalig und die organischen Schichten sehr dünn sind", so Prof. Wöll.
Prototyp ist in Arbeit
Momentan arbeiten die Forscher daran, mittels Methoden der höchstauflösenden Lithographie in Zusammenarbeit mit Kollegen aus der Elektrotechnik die Palladium-Elektroden fest zu verdrahten und damit ein Prototyp-Bauteil, einen organischen Feldeffekttransitor (OFET) herzustellen. In ersten Experimenten hat sich schon gezeigt, dass dazu die Synthese neuer organischer Moleküle zur Herstellung der selbstorganisierenden organischen Schicht (Self Assembled Monolayer, SAM) erforderlich ist, die zurzeit in Zusammenarbeit mit einem Kollegen von der Universität Hamburg bearbeitet wird.
Titelaufnahme
O. Shekhah, C. Busse, A. Bashir, F. Turcu, X. Yin, P. Cyganik, A. Birkner, W. Schuhmann and Ch. Wöll: Electrochemically deposited Pd islands on an organic surface: the presence of Coulomb blockade in STM I(V) curves at room temperature. In: Physical Chemistry Chemical Physics (PCCP), 2006, 8, 1-4, Doi 10.1039/b606488d
Weitere Informationen
Prof. Dr. Christof Wöll, Lehrstuhl für Physikalische Chemie I, Fakultät für Chemie der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, NC 5/ 74Tel. 0234/32-25529, Fax: 0234/32-14182, E-Mail: woell@pc.ruhr-uni-bochum.de
Abbildung: Vor dem Hintergrund einer mikroskopischen Aufnahme einzelner Pd-Inseln auf einer organischen Dünnstschicht sind Strom-Spannungs-Kurven zu sehen, die nach Kontaktieren der nanoskaligen Metallinseln mit einer scharfen Metallspitze (Schema unten rechts) gemessen wurden. Die Inseln (dunkelblaue Kurve) unterscheiden sich deutlich von einem "normalen" metallischen Substrat.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Elektrotechnik, Energie, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).