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Wissenschaft
Der Innovationsschub in den Biowissenschaften hat auch zu einem neuen Diskurs zwischen Gehirnforschung und Humanwissenschaften geführt. Im Bereich der Biografie- und Lebenslaufforschung stellt sich die Frage, ob Neurobiologie, Soziologie und Psychologie in einen fruchtbaren Dialog oder in Konkurrenz zueinander treten.
Unsere Gesellschaft hat sich stark gewandelt. Veränderungsprozesse vollziehen sich in immer kürzeren Zeitabständen. Dadurch sind Lebensentwürfe heute nicht mehr zwangsläufig so vorgezeichnet wie früher. Es gibt kaum noch Biografien, die einem gesicherten, verlässlichen und sozial kontrollierten Ablauf von Lebensstationen beispielsweise im Erwerbsbereich, in Beziehungen oder in der Familiengründung folgen. Angesichts dieser "Auflösungserscheinungen" empfinden viele Menschen heute eine starke Notwendigkeit, in ihrem Lebenslauf einen roten Faden zu entdecken, um die gewünschte Stabilität für sich zu re-konstruieren. Diese von SoziologInnen beobachteten und beschriebenen Tendenzen werden durch Erkenntnisse der Gehirnforschung gestützt. Sie zeigen, dass neuronale Prozesse durch die Tendenz zum Auffüllen von Lücken zur Integration von Informationen und zur kreativen Konstruktion gekennzeichnet sind. Das Gehirn versucht immer, ein kohärentes Bild der Welt zu erzeugen. Das Ich oder Selbst ist dabei Teil dieser Welt und so gesehen auch ein Konstrukt des Gehirns.
Dieses Selbst ist einem steten Wandel unterworfen. Identität will immer wieder neu hergestellt werden. Aber wie werden wir, was wir sind? Können sich Menschen überhaupt ändern? Und welche Faktoren haben einen förderlichen, welche einen nachteiligen Einfluss auf die Entwicklung von Menschen? Antworten auf diese Fragen finden sich in unterschiedlichsten Disziplinen und sind u.a. notwendige Basis, um die körperliche, soziale und kognitive Entwicklung von Kindern gezielt zu fördern. In "Auf einen Blick" stellen wir unterschiedliche Ansätze und Forschungsergebnisse aus Persönlichkeits- und Entwicklungspsychologie, Soziologie und Biografieforschung sowie den Neurowissenschaften vor.
Welchen Nutzen kann die soziologische Forschung aus den neuesten Erkenntnissen der neurowissenschaftlichen Hirnforschung ziehen? Oder gibt es sogar Einsichten, die neue Ansätze in der (qualitativen) Biografie- oder (quantitativen) Lebenslaufforschung notwendig machen? Antworten auf diese Fragen gibt Dr. Barbara Keddi vom Deutschen Jugendinstitut im "Interview". Die Soziologin, die wir im "Profil" näher vorstellen, beschäftigt sich seit vielen Jahren unter anderem mit biografischen Langzeitstudien. Im Rahmen eines Fellowships am Hanse-Wissenschaftskolleg konnte sie einen Blick über den Tellerrand der Soziologie hinaus auf die Erforschung von Biografien und Entwicklungsprozessen werfen.
Welche Schlüsse sich aus dem neuen Wissen über die neuronale Entwicklung für die Pädagogik im allgemeinen und das frühe und lebenslange Lernen im besonderen ergeben, analysiert die Pädagogin Dr. Nicole Becker von der Universität Tübingen im "Blick von außen".
Dr. Reinhard Kreissl vom Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie in Wien erörtert in einem zweiten "Blick von außen", was die Kriminologie von den neuen Biowissenschaften hinsichtlich der alten und immer wieder spannenden Frage lernen kann: Gibt es geborene, gelernte oder gemachte Verbrecher?
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin, Pädagogik / Bildung, Psychologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
Deutsch
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