idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Nr. 116/30.10.06/as
"Geisterwolken" enttarnt
Karlsruher Wissenschaftler nehmen Stellung zu viel diskutiertem Thema
"Geisterwolken über Deutschland" - so lautete die Schlagzeile, die im Juli 2005 durch die Medien ging. Damals war über Norddeutschland ein Phänomen aufgetreten, dass sehr viel Aufregung verursachte: Am 19. Juli hatten Radargeräte Echos gemeldet, die offensichtlich nicht von Wolken oder Niederschlag kommen konnten. Ein Bericht in den Mitteilungen der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft hatte daraufhin von so genannten "unbekannten Flugobjekten im RADAR-Bild" gesprochen. Der Autor Jörg Asmus vermutete, das Phänomen sei auf so genannte Düppel (englisch "Chaff") zurückzuführen. Dieses Material setzt das Militär ein, um gegnerische Radargeräte zu täuschen. Professor Dr. Klaus Dieter Beheng und Dr. Ulrich Blahak vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung der Universität Karlsruhe/Forschungszentrum Karlsruhe haben nun eine Stellungnahme zu diesem Thema in den Mitteilungen der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft veröffentlicht. "Wir möchten die Diskussion mit dieser Unversuchung versachlichen", erklärt Beheng.
In ihrer Untersuchung haben die Karlsruher Wissenschaftler Hypothesen geprüft und Literatur zu Erfahrungen mit Düppeln ausgewertet. Beheng: "Wir sind ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass nur Düppel diese Radarechos hervorgerufen haben können." Dies sei nicht ungewöhnlich, sondern komme gelegentlich vor. In Friedenszeiten verwendet das Militär dieses Material für Übungen. Dabei handelt es sich laut Beheng um unterschiedlich lange, metallummantelte Kunststofffasern von der Dicke eines Haares. Deren Zweck: Trifft ein Radarstrahl eine solche Faser, sendet diese einen Teil der Strahlung sehr effektiv zurück, sofern ihre Wellenlänge ungefähr im Bereich der halben Wellenlänge der Radarstrahlung liegt. Somit empfängt das Radargerät ein "falsches" Echo. Neben dem Militär verwenden auch Meteorologen Düppel - zum Beispiel, um die Strömungen im Innern von Wolken zu untersuchen.
Um die Vermutung, deutsche Militärflugzeuge hätten die Düppel abgeworfen, zu prüfen, fragte Beheng bei der Bundeswehr nach. "Die Auskunft war, dass zur fraglichen Zeit im betroffenen Bereich keine deutschen Luftwaffenübungen stattfanden." Da das Radarecho zunächst über dem Ärmelkanal sichtbar war und sich anschließend nach Osten ausdehnte, vermutet Beheng, dass es von ausländischen Militärflugzeugen verursacht wurde.
Außerdem haben die Karlsruher Wissenschaftler berechnet, welche Menge Düppel für das beobachtete Phänomen nötig war. "Wir gehen davon aus, dass maximal 270 Kilogramm Düppel freigesetzt wurden", erklärt der Meteorologe. Dies sei keine ungewöhnliche Menge - in der Presse war 2005 hingegen über Mengen bis zu mehreren Tonnen Düppel spekuliert worden.
Ob Düppel gesundheitsschädlich sind, dazu sagt die Untersuchung von Professor Beheng nichts aus: "Dies ist Sache von Toxikologen." Ein Problem allerdings sieht der Wissenschaftler: Nicht nur militärische Radargeräte werden durch Düppel getäuscht, sondern auch Wetterradargeräte. Vermischt sich Düppel beispielsweise mit Wolken, könne man nicht mehr zwischen natürlichen und künstlichen Radarechos unterscheiden.
Einen umfassenden Bericht über die Arbeit von Professor Beheng und Dr. Blahak zum Phänomen "Geisterwolken" finden Sie im Internet unter
http://www.dmg-ev.de/gesellschaft/aktuelles/pdf/chaff_20050719_presse_final.pdf
Weitere Informationen:
Angelika Schukraft
Presse und Kommunikation
Universität Karlsruhe (TH)
Telefon: 0721/608-6212
Email: schukraft@verwaltung.uni-karlsruhe.de
Das Foto kann bei der Abteilung Presse und Kommunikation angefordert werden: presse@verwaltung.uni-karlsruhe.de oder Tel: 0721-608 2089
http://www.presse.uni-karlsruhe.de/6428.php
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Elektrotechnik, Energie, Geowissenschaften, Mathematik, Meer / Klima, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).