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02.11.2006 15:31

DJI Online Thema 11/06 Keiner mehr da? Jugendhilfe und demografischer Wandel

Andrea Macion Abteilung Medien und Kommunikation
Deutsches Jugendinstitut e.V.

    Die Klage ist bekannt: zu wenig Kinder werden in Deutschland geboren. Einige Regionen leiden besonders unter Bevölkerungsschwund und Abwanderung. Schulen und Kindergärten müssen schließen. Gleichzeitig beklagen Eltern in Ballungsgebieten einen eklatanten Mangel an Krippen- und Hortplätzen für ihren Nachwuchs. Für die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe stellt der demografische Wandel eine große Herausforderung dar, die nicht nur mit Zahlenspielen, sondern vor allem auch qualitativ beantwortet sein will.

    Der demografische Wandel ist die zentrale Herausforderung Deutschlands am Beginn des neuen Jahrtausends. Die Zahl der Sterbefälle liegt seit 1972 über der Geburtenrate . Dieser Trend verschärft sich zunehmend und wird seit 2003 auch durch die Zuwanderung nur noch abgeschwächt, aber längst nicht mehr ausgeglichen. Hinzu kommt, dass sich das Binnenverhältnis des Bevölkerungsaufbaus durch die steigende Lebenserwartung verändert. Während 1950 die Zehnjährigen die bevölkerungsstärksten Jahrgänge waren und im Jahr 2000 die 38-Jährigen, so werden es 2050 die 60-Jährigen sein. Die Alterspyramide wird auf den Kopf gestellt.

    Regional wird die Bevölkerungsentwicklung sehr unterschiedlich verlaufen: Die wirtschaftlich starken Ballungsgebiete können aufgrund der Binnenwanderung in den nächsten Jahren noch mit Bevölkerungszuwächsen rechnen. Dagegen wird die Bevölkerungszahl im Osten und im ländlichen Raum schrumpfen und eine ungünstigere Altersstruktur aufweisen.

    Auf diese Entwicklung müssen auch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe reagieren: die Jugendsozialarbeit, Familienbildungsstätten, Erziehungsberatungsstellen und natürlich Krippen, Kindergärten und Horte. Wie diese Reaktionen aussehen, zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Jugendinstituts, das seit den 1990er Jahren in regelmäßigen Abständen Organisationen und Einrichtungen der Jugendhilfe zu ihrer Arbeit befragt.

    Die Auswertung macht vor allem eines deutlich: Es gibt keinen allgemein gültigen bundesweiten Trend, auf den mit Pauschallösungen reagiert werden kann. Sie zeichnet vielmehr ein sehr differenziertes Bild, in dem sich für jedes Bundesland, jede Kommune, ja für jeden Stadtteil ganz eigene Herausforderungen abzeichnen.

    Dies unterstreicht auch der Leiter des Jugendamtes in Leipzig, Dr. Siegfried Haller in seinem "Blick von außen". Denn sinkende Geburtenzahlen bedeuten nicht zwangsläufig, dass der Bedarf an Unterstützungs- und Beratungsleistungen zurück geht. In manchen Stadtteilen, zum Beispiel in denen mit hoher Arbeitslosigkeit, ist sogar genau das Gegenteil der Fall. In die Jugendtreffs und Beratungsstellen kommen zunehmend ältere Jugendliche. Im Bereich der Erziehungshilfen nehmen komplexere Hilfebedarfe zu. Viele Fälle werden leistungs- und kostenintensiver. Deswegen ist für die Entwicklung der Leipziger Jugendhilfe ein flexibles Einstellen auf wechselnden Bedarf gefragt.

    Zeitverträge für Kindergärtnerinnen, Personalabbau in der Sozialarbeit oder die Schließung von Jugendzentren zählen in Leipzig nicht dazu. Erfreulicherweise gelten diese Ansätze nur bei einem kleineren Teil der Kinder- und Jugendhilfe-Träger als geeignete Lösungen, um auf die Herausforderungen der demografischen Veränderungen zu reagieren. Das ist gut so, denn in die Lücken, die der Sparkurs in Infrastruktur und Angebote für Jugendliche reißt, stößt in einigen Regionen mit großer Verve die NPD. Die versucht sich als "Kümmer-Partei" zu etablieren, begleitet die Jugendlichen zum Arbeitsamt, berät zu Hartz IV, unterwandert Sportvereine und bietet rechtsextreme Erlebniskultur in nationalen Jugendclubs.

    Auch deswegen plädiert das Gros der freien und öffentlichen Träger dafür, auf veränderte Geburtenraten, die Binnenwanderung und die wachsende Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund mit einer Qualitätsoffensive zu antworten: Angebotserweiterungen, Integration, Frühförderung und die Qualifizierung der Fachkräfte stehen auf der Agenda.

    Wie diese "Wende" speziell in den Kindertagesstätten en detail aussehen wird, soll eine weitere Befragung des Deutschen Jugendinstituts klären. Christian Peucker, der diese Untersuchung vorbereitet, erläutert im "Interview" die Zusammenhänge zwischen Versorgungsquoten und Qualitätssicherung.


    Weitere Informationen:

    http://www.dji.de/thema/0611


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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