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01.03.2000 11:55

Therapie und Sport können Mukoviszidose-Patienten helfen

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Vor allem durch eine frühzeitige Therapie, aber auch durch Sport kann die Lebenserwartung von Mukoviszidose-Patienten deutlich verlängert werden. Dies wurde bei der mit 180 Zuhörern gut besuchten 1. Mukoviszidose-Fortbildung deutlich, die am Samstag in der Kinderklinik der Universität Würzburg stattfand.

    Mukoviszidose ist die häufigste Erbkrankheit bei Europäern; sie tritt bei einem von 2.000 Neugeborenen auf. Betroffen ist vor allem die Lunge: Kinder mit Mukoviszidose leiden darunter, dass sich in ihren Atemwegen große Mengen an zähem Schleim ansammeln, was zu einer chronischen Lungenentzündung und letzten Endes zur Zerstörung des Organs führt. Außerdem produziert die Bauchspeicheldrüse zu wenig Verdauungsenzyme. So kann die Nahrung nicht ausreichend verwertet werden und die Kinder bleiben im Wachstum zurück. Die mittlere Lebenserwartung der Betroffenen beträgt derzeit nur etwa 30 Jahre.

    Vor allem Patienten, ihre Eltern, Physiotherapeuten und Ärzte nahmen an der Fortbildung in der Kinderklinik teil.
    Wie deren Direktor Prof. Dr. Christian Speer bei der Eröffnung sagte, betreut ein interdisziplinäres Team zur Zeit über 50 Mukoviszidose-Patienten im stationären und ambulanten Bereich der Kinderklinik. Das Team besteht aus PD Dr. Reinhard Jeschke, Dr. Alexandra Hebestreit, die auch die Fortbildung organisiert hatte, PD Dr. Helge Hebestreit, einer Diätassistentin und einem psychosozialen Dienst. Seit diesem Jahr gehört auch die Stelle einer Physiotherapeutin dazu, die von der Regionalgruppe Würzburg/Schweinfurt der Elterninitiative Mukoviszidose e.V. mit finanziert wird.

    Dr. Manfred Ballmann, Leiter der Mukoviszidose-Ambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover, erklärte in seinem Vortrag, dass ein Hauptpfeiler der Therapie darin bestehe, die chronische Infektion in der Lunge frühzeitigst mit Antibiotika zu bekämpfen, um einer dauerhaften Schädigung entgegen zu wirken. Die Patienten sollten sich mindestens alle drei Monate in einem spezialisierten Zentrum vorstellen, damit Infektionen rasch erkannt werden. Auch wenn sie noch keine Symptome verspüren, müsse beim Nachweis von Keimen sofort eine Therapie mit Antibiotika eingeleitet werden.

    Falls die Lunge chronisch mit Keimen besiedelt ist, müssten die Antibiotika gegebenenfalls über viele Jahre hinweg verabreicht werden. Bei einer dauerhaften Infektion mit Pseudomonas aeruginosa, einem bei Mukoviszidose besonders gefürchteten Keim, müsse alle drei Monate eine antibiotische Therapie über die Venen durchgeführt werden, denn neueren Untersuchungen aus Dänemark zufolge könne dadurch das Überleben deutlich verlängert werden.

    Die Vorsitzende des Arbeitskreises Physiotherapie des Mukoviszidose e.V., Andrea Schütte aus Aachen, berichtete über die Besonderheiten der Physiotherapie in den verschiedenen Altersgruppen. Bei Säuglingen und Kleinkindern sei es vorrangig, dass die Eltern spezielle Techniken lernen, zum Beispiel, wie sich der Brustkorb des Kindes in Vibration versetzen lässt. Damit helfen sie ihm, den zähen Schleim aus der Lunge heraus zu bringen.

    Im Schulalter und bei älteren Kindern werde es dann immer wichtiger, dass die Kinder selbst aktiv werden und zunächst spielerisch lernen, spezielle Atemtechniken anzuwenden. Hier sei neben der regelmäßigen Inhalation die "Autogene Drainage" besonders wichtig: Dabei können die Kinder durch tiefes Ein- und bewusstes Ausatmen lokalisieren, wo sich der zähe Schleim in der Lunge befindet und diesen dann nach oben befördern. Vor allem sollte der Bewegungsdrang der Kinder gefördert werden, denn körperliche Aktivität habe einen sehr positiven Einfluss auf den Verlauf der Krankheit.

    Über die Auswirkung von Sport auf den Krankheitsverlauf sprachen PD Dr. Helge Hebestreit und Dr. Alexandra Hebestreit von der Würzburger Kinderklinik. Demzufolge können alle Kinder mit Mukoviszidose Sport treiben. Jedoch sollte bei fortgeschrittener Erkrankung immer der Arzt aus der betreuenden Mukoviszidose-Ambulanz gefragt werden, in welchem Umfang eine sportliche Aktivität ohne Risiko ausgeübt werden könne. Bei manchen Patienten müsse hierzu eine Belastungsuntersuchung durchgeführt werden.

    Sportliche Betätigung sei jedoch gerade bei fortgeschrittener Erkrankung sehr wichtig. Einige wissenschaftliche Untersuchungen würden beweisen, dass ein körperliches Training die Lungenfunktion verbessert und möglicherweise das Leben verlängern kann. Dr. Alexandra Hebestreit stellte in diesem Zusammenhang eine Studie vor, die in Würzburg durchgeführt worden war: Sie konnte zeigen, dass durch eine körperliche Belastung der bei der Mukoviszidose auftretende Defekt an den Salzkanälen der Körperzellen zum Teil korrigiert werden konnte. Vielleicht sei dadurch erstmals der Mechanismus geklärt, über den sich Sport positiv auf den Krankheitsverlauf auswirkt.

    Zur Fortbildung gehörten auch praktische Demonstrationen zur Physiotherapie. Hier zeigten unter anderem die Physiotherapeutinnen Barbara Böhm, Iris Hönninger und Julia Ungerer, welche die Würzburger Mukoviszidose-Patienten betreuen, wie kleine Kinder zur Technik der Autogenen Drainage hingeführt werden können oder wie sich die Brustkorb-Mobilisation steigern lässt.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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