idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Bochum, 09.07.1996 Nr. 128
Israel nach Rabin
Neues aus der Antisemitismusforschung
Doppelnummer ,Sachor 5/6" erschienen
Dass die Graeben inzwischen auch innerhalb der israelischen Gesellschaft verlaufen, zeigt nicht nur der Mord des Jura-Studenten Yigal Amir an Ministerpraesident Yitzchak Rabin - erst recht auch, dass der Taeter selbst im jetzt eroeffneten Berufungsverfahren noch keine Reue zeigt. Kurzfristig nahm die Redaktion von ,SACHOR. Zeitschrift fuer Antisemitismusforschung, juedische Geschichte und Gegenwart" zwei aktuelle Einschaetzungen von Rolly Rosen und Dan Diner zur innenpolitischen Situation Israels in das neue, soeben erschienene Heft hinein. Auch im vierten Jahr des Erscheinens ihrer Zeitschrift belegen die Herausgeber/innen der Studentischen Arbeitsgemeinschaft fuer Antisemitismusforschung (STAGA), wie notwendig eine interdisziplinaere, Geschichte und Gegenwart gleichermassen beleuchtende, Auseinandersetzung mit der juedischen Kultur bleibt.
Rabin als Symbol juedischen Gemeinwesens
Dan Diner (Professor fuer Neuere Geschichte, Essen) beschreibt in seinem Beitrag die Lebensgeschichte Yitzchak Rabins als Biographie des juedischen Gemeinwesens ueberhaupt. Der Truppenfuehrer im Gruendungskrieg von 1948, Generalstabschef im Juni-Krieg 1967, Premier, Verteidigungsminister und wieder Premier, war durch seine Lebensgeschichte ein Garant fuer die Durchsetzung einer Friedenspolitik mit den Palaestinensern. Dass ein Jude den Anschlag ausfuehrte, markiert fuer Diner einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung Israels.
48 Stunden - Protokoll der Trauer
Die israelische Journalistin Rolly Rosen protokolliert die 48 Stunden zwischen dem Attentat und der Beerdigung Rabins am 6. November 1995. Der Bruch in der israelischen Bevoelkerung scheint riesengross. Nach Rosen wird die militaerische Autoritaet Rabins in Zukunft in der Auseinandersetzung mit den religioesen Aktivisten in der Frage der besetzten Gebiete fehlen.
Christliche Fundamentalisten im Dritten Reich
In weiteren Beitraegen des Hefts geht es um die Auseinandersetzung mit der deutsch-juedischen Vergangenheit. Bisher sind die freikirchlichen Gruppen von der Forschung ueber den Nationalsozialismus wenig beachtet worden. Redakteur Juergen Kirchhoff erinnert am Beispiel der Baptisten an die Rolle christlicher Fundamentalisten im Dritten Reich und ihre Haltung gegenueber der Judenvernichtung.
Verdraengt - Massenmord durch die Wehrmacht
Vom verbrecherischen Massenmord der deutschen Wehrmacht an den Juden waehrend des Ostfeldzuges handelt der Beitrag von Hannes Heer. Er legt sein Augenmerk auf das Verdraengen, Leugnen und Relativieren der Wehrmachtsaktivitaeten in Osteuropa durch ehemalige Wehrmachtsangehoerige, als ,Teil eines systematischen, wenngleich weitgehend unbewussten Vorgangs". An prominenter Stelle hat Altbundeskanzler Helmut Schmidt in einem Beitrag fuer ,Die Zeit" ein Beispiel fuer das von Aussenstehenden schwer nachvollziehbare Verdraengen der Beteiligten gegeben. Hannes Heer vom Hamburger Institut fuer Sozialforschung hatte zuletzt eine vielbeachtete Ausstellung ueber die Verbrechen der deutschen Wehrmacht zusammengestellt, die u.a. auch in der ehemaligen Zeche Zollverein in Essen zu sehen war.
Auschwitz - Bochum
Ausschwitz auch in Bochum? Von ihrer Spurensuche in Oswiecim/Auschwitz berichten die Bochumer Studierenden und SACHOR-Redaktionsmitglieder Heike Bala, Stefanie Markus und Christian Scholz. Sie erinnern daran, dass Auschwitz als Symbol nicht nur aus dem bekannten Konzentrations- und Vernichtungslager in Oswiecim bestand, sondern Teil eines Lagersystems von hunderten von Nebenlagern war, von denen eines auch in Bochum lag.
UEberlebende des Warschauer Ghetto
Annette Luebbers portraetiert die UEberlebende des Warschauer Ghettos Hela Schuepper-Rufeisen. Der amerikanische Schriftsteller Leon Uris hatte bereits Hela Schuepper-Rufeisen bei seinen Recherchen fuer sein Buch ,Mila 18" befragt. Im Gespraech mit Annette Luebbers berichtet sie ueber den Warschauer Ghettoaufstand.
Mit Paedagogik gegen Neorassismus
Weitere Themen von ,SACHOR 5/6" sind die Moeglichkeiten und Grenzen praeventiver Paedagogik zur Abwehr neorassististische Tendezen bei Jugendlichen, ueber die der Frankfurter Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik in seinem Aufsatz reflektiert und das im August 1993 gegruendete juedische Gymnasium in Berlin, das Anne Klein in ihrem Artikel vorstellt.
Rueckblick auf 1995 und Rezensionen
Ein Rueckblick auf das Jahr 1995 bietet der Beitrag von Marc Olejniczak, der die Plaene zur Errichtung einer zentralen ,Gedenkstaette fuer die Ermordung der europaeischen Juden" in Berlin kommentiert. Da 1995 neben vielen juedischen Gedenk- und Feiertagen auch zahlreiche Buchveroeffentlichungen zum Thema bot, ist der Rezensionsteil von ,SACHOR" - u.a. mit einer Besprechung der Tagebuecher 1933-1945 von Viktor Klemperer - diesmal sehr umfangreich.
Bezugsadresse
,Sachor 5/6" (ISSN 0948-2415) ist zu beziehen ueber die STAGA, c/o ASTA, Referat fuer Kritische Wissenschaften, Ruhr-Universitaet Bochum, Universitaetsstrasse 150, 44780 Bochum, Tel.: (0234) 700-7865, FAX: (0234) 70 16 23 (Fax-Vermerk: KriWi-Referat/z.H. STAGA) oder ueber den gutsortierten Buchhandel. Das Einzelheft kostet DM 10,00, das Jahresabonnement DM 20,00.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht
überregional
Es wurden keine Arten angegeben
Deutsch
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