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18.12.2006 12:46

Vom Handwerk zur Industrie

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    DFG fördert landesgeschichtliches Forschungsprojekt über "Wandlungsprozesse und Krisendiskurs im städtischen und ländlichen Textilgewerbe Augsburgs/Ostschwabens zwischen 1750 und 1850".
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    Für einen Zeitraum von zwei Jahren hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) dem Augburger Lehrstuhl für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte ab dem 1. Januar 2007 Mittel zur Bearbeitung des neu beantragten Projektes "Vom Handwerk zur Industrie - Wandlungsprozesse und Krisendiskurs im städtischen und ländlichen Textilgewerbe Augsburgs/Ostschwabens zwischen 1750 und 1850" bewilligt. Unter der Leitung des bisherigen Lehrstuhlinhabers Prof. Dr. Rolf Kießling wird das Projekt von Dr. Anke Sczesny bearbeitet werden. Als langjährige Mitarbeiterin am Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg hat Sczesny bereits in ihrer Dissertation "Zwischen Kontinuität und Wandel. Ländliches Gewerbe und ländliche Gesellschaft im mittleren Ostschwaben des 17. und 18. Jahrhunderts" vertiefte Einblicke in das Textilgewerbe erarbeitet.

    Nach einer inzwischen 25-jährigen Debatte um die sogenannte Proto-Industrialisierung, die den Übergang von der vormodernen zur industriellen Lebenswelt als längerfristigen Wandel begreift, haben vor allem regionale Studien trotz der Kontinuitäten immer mehr auch die Brüche sichtbar gemacht, die deren Beteiligte mehr oder weniger stark als "Krisen" erlebten. Während die bisherige Forschung v. a. statistisch-strukturell arbeitete, ist es das Ziel des neuen Augsburger Projekts, der Verschränkung mit den Erfahrungen oder gar bewusst reflektierten Veränderungen genauer nachzugehen: Zum einen sollen die strukturellen Wandlungsprozesse von Haushalt, Arbeit und Familie selbst differenziert und komplementär in Stadt und Land erfasst werden; zum anderen sollen sie auf die mentalitätsgeschichtlichen Dimensionen möglicher Reaktionen in der Spannbreite von der "kollektiven Auflehnung" bis zur "stummen Resignation" bezogen werden.

    Exemplarische Textilregion Ostschwaben

    Beispielfall der Untersuchung ist die europäisch bedeutsame Textillandschaft Ostschwaben mit ihrem Zentrum Augsburg. In ihr wurde über Jahrhunderte ein arbeitsteiliges System zwischen Stadt und (Um-)Land praktiziert; aber nur scheinbar nahtlos ging dieses System hier in die Frühindustrialisierung über. Die Gewerberegion Ostschaben ist schon seit geraumer Zeit Gegenstand von Forschungsprojekten des Augsburger Landesgeschichtslehrstuhls.

    Zugang von der Stadt und vom Land her

    Der Zugang wird sowohl von der Stadt als auch vom Land her gesucht: Der Abbau der handwerklichen Produktion in der Stadt seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert sah sich beim Übergang in die industrielle Arbeitsweise mit einer starken Zuwanderung von außen konfrontiert, während auf dem Land, wo sich eine Mischung von zünftischer Produktionsweise und protoindustrieller Zuarbeit eingespielt hatte, eine langfristige, wenn auch erst zeitversetzte Reagrarisierung wirksam wurde. Erst eine detaillierte Analyse dieser Sachverhalte vermag die Bedeutung, die das Zusammenspiel von Haus, Arbeit und Familie hatte, befriedigend zu klären.

    Die mentalitätsgeschichtliche Dimension

    Die andere Seite ist die mentalitätsgeschichtliche Dimension: Wie waren die Erfahrungen der verschiedenen sozialen Gruppen bezüglich ihrer jeweiligen Lage? Wie wurden die strukturellen Veränderungen der "Lebensformen" einschließlich der spezifischen Wertigkeiten von Jugend und Alter eingeschätzt?

    Über die klassischen Quellen hinaus vorzügliche Quellenlage

    Neben klassischen Quellentypen wie Flugschriften und Aussagen zu Weberaufständen in der Stadt bzw. zur Umbruchssituation im Rahmen der Mediatisierung Augsburgs steht mit den Aufnahmeverfahren in die Fuggerei eine umfangreiche serielle Quelle zur Verfügung, in der die Selbsteinschätzung wie die Fremdbewertung der unverschuldet verarmten Handwerker städtischer und ländlicher Herkunft fassbar werden. Zum anderen bieten die sogenannten "Supplikationen" - in reichsstädtischer Zeit an die städtischen Handwerksverordneten, nach der Eingliederung der ostschwäbischen Gebiete in das moderne Bayern dann an die bayerischen Behörden - umfangreiches Material für Stadt und Land, das es ermöglicht, die Verschränkung von Befunden über die soziale Lage mit der subjektiven Erfahrung aufzudecken.
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    Kontakt und weitere Informationen:

    Prof. Dr. Rolf Kießling
    Lehrstuhl für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte
    Universität Augsburg
    86135 Augsburg
    Telefon: 0821/598-5543
    rolf.kiessling@phil.uni-augsburg.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

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