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Aktiver Umgang mit der Erkrankung und gute Kommunikation zwischen Arzt und Patient verbessern Therapie-Ergebnisse bei Funktionellen Störungen / Psychosomatik-Experten aus Heidelberg, München und Tübingen veröffentlichen im "Lancet"
Psychotherapeutische Gespräche zwischen Arzt und Patient, Entspannungsübungen und Bewegung sind oft wirksamer als Spritzen und Operationen: Patienten mit so genannten funktionellen Störungen, deren körperliche Ursachen unklar sind, profitieren von einem aktiven Umgang mit ihrer Erkrankung. Weiterer Erfolgsfaktor ist die gute Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Außerdem helfen Psychopharmaka, die das allgemeine psychische Befinden verbessern oft mehr, als Medikamente, die die einzelnen Beschwerden, z.B. Muskelschmerz, direkt angehen.
Zu diesem Schluss kommen die Psychosomatik-Experten Professor Dr. Peter Henningsen (München), Professor Dr. Wolfgang Herzog (Heidelberg) und Professor Dr. Stephan Zipfel (Tübingen) in einem Artikel, der im Februar 2007 in der renommierten englischen Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht worden ist. Sie haben dafür internationale, wissenschaftliche Übersichtsarbeiten zu funktionellen Störungen ausgewertet.
Rund 30 Prozent der Patienten in der Hausarzt-Praxis sind betroffen
Funktionelle Störungen sind häufig. "Rund 30 Prozent aller Patienten beim Hausarzt leiden an diesen Erkrankungen ", erklärt Professor Dr. Wolfgang Herzog, Ärztlicher Direktor der Heidelberger Universitätsklinik für Allgemeine Klinische und Psychosomatische Medizin. Das Spektrum der Beschwerden ist breit, und häufig sind die Erkrankungen nicht klar voneinander abgrenzbar. Daher plädieren die Autoren auch dafür, den typischen Scheuklappenblick, mit dem z.B. der Rheumatologe nur auf die Muskel- und Gelenkschmerzen, der Orthopäde auf den Rücken und der Gastroenterologe nur auf die Verdauungsprobleme achtet, aufzugeben und umfassender zu erheben, unter welchen körperlichen und seelischen Beschwerden die Patienten insgesamt leiden. Nicht jeder, aber viele Patienten haben Beschwerden aus mehreren Bereichen, die leicht übersehen werden.
Da eindeutige körperliche Befunde fehlen, haben die Patienten oft eine Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich, bevor die Funktionelle Störung erkannt wird. Die drei häufigsten Erkrankungen dieser Art sind der Reizdarm, das chronische Müdigkeits-Syndrom und die Fibromyalgie, eine Erkrankung mit chronischen Schmerzen in Muskel- und Bindegewebe.
Genetische Ursachen spielen bei Funktionellen Erkrankungen nur eine geringe Rolle, schreiben die Autoren. Vielmehr sind traumatische Erfahrungen in der frühen Kindheit, aber auch belastende Ereignisse im späteren Leben wie körperliche Krankheiten, Unfälle oder Verluste der Auslöser. Soziale und kulturelle Einflüsse spielen ebenfalls eine Rolle: So neigen deutsche Patienten im Vergleich zu englischen doppelt so häufig zu psychosomatisch bedingten Rückenschmerzen.
Kommunikationstraining für Medizinstudenten und Ärzte
Einen großen Einfluss hat auch das Verhalten des Arztes. Es kann sogar dazu beitragen, dass ursprünglich psychische Probleme sich immer stärker in körperlichen Beschwerden niederschlagen, wenn nämlich immer mehr diagnostische Maßnahmen in die Wege geleitet werden, die auf körperliche Befunde fixiert sind.
Die Autoren fordern deshalb, ein spezielles Trainingsprogramm im Medizinstudium und in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung zu etablieren, das Studenten und Ärzte in der Kommunikation mit diesen Patienten schult.
Literatur:
W Herzog, P Henningsen, S Zipfel: Management of functional somatic syndroms. The Lancet, published online February 6, 2007.
(Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden)
Kontakt:
Professor Dr. Peter Henningsen
Leiter der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München
Tel.: 089/4140 4311 (Sekretariat)
E-Mail: Psychosomatik@lrz.tu-muenchen.de
Professor Dr. Wolfgang Herzog
Ärztlicher Direktor der Heidelberger Universitätsklinik für
Allgemeine Klinische und Psychosomatische Medizin
Tel.: 06221 / 56 8649 (Sekretariat)
E-Mail: wolfgang.herzog@med.uni-heidelberg.de
Professor Dr. Stephan Zipfel
Leiter der Abt. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
des Universitätsklinikums Tübingen
Tel.: 07071 / 29 86719 (Sekretariat)
E-Mail: stephan.zipfel@med.uni-tuebingen.de
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 45 36
Fax: 06221 / 56 45 44
E-Mail: Annette_Tuffs@med.uni-heidelberg.de
Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/presse
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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