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Der Zellbiologe Prof. Achim Leutz vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch ist für seine "exzellenten" Beiträge zur Erforschung molekularer Mechanismen der Blutzellbildung und der Entstehung von Blutkrebs (Leukämien) mit dem Deutschen Krebspreis für experimentelle Forschung ausgezeichnet worden. Er erhielt die Auszeichnung auf dem Kongress der Arbeitsgemeinschaft Experimentelle Krebsforschung (AEK) in der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. in Frankfurt am Main. Mit ihm wurde der Virologe Prof. Lutz Gissmann vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg mit dem "translationalen" Teilpreis (Übertragung von Forschungsergebnissen in die Klinik) geehrt. Seine Forschungen haben in entscheidendem Maß zur Entwicklung des ersten Impfstoffes gegen Papillomviren zur Verhütung von Gebärmutterhalskrebs beigetragen. Der Impfstoff erhielt vor kurzem in Europa und den USA die Zulassung. Den Preis für den klinischen Teil erhielt Prof. Michael Weller vom Universitätsklinikum Tübingen. Er konnte unter anderem zeigen, dass bösartige Gehirntumore (Glioblastome) mit einem von ihnen ausgeschütteten Botenstoff (TGF-beta) das Immunsystem außer Gefecht setzen. Die drei Teilpreise sind mit insgesamt 22 500 Euro dotiert.
Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten von Prof. Leutz stehen Genschalter, Transkriptionsfaktoren genannt, die das Ablesen der geeigneten Erbinformation (Gene) von der Erbsubstanz (DNA) steuern. Diese Genregulation ist ein fundamentaler Prozess des Lebens, der jede biologische Funktion, einschließlich der Zellteilung und der Regeneration steuert. Genschalter kontrollieren auch die Produktion und die Reifung von Blutzellen. Damit sich Blutzellen gesund entwickeln und normal arbeiten, müssen verschiedene Gene, deren Produkte (Proteine) maßgeblich an der Ausprägung der Eigenschaften einer Zelle beteiligt sind, zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Mengen abgelesen werden. Genschalter können jedoch durch Mutationen so verändert werden, dass sie Tumore auslösen können.
Eine grundlegende Rolle bei der Blutzellentwicklung spielt der Genschalter c-Myb. Dieses Myeloblastose Protein kommt bei allen Wirbeltieren vor. Es koordiniert die Vermehrung und Ausprägung früher Blutvorläuferzellen durch Bindung an die DNA sowie die Regulation bestimmter Gene. Das Labor von Prof. Leutz konnte unter anderem zeigen, dass c-Myb auch die Verpackung der DNA in bestimmte Protein-Strukturen, dem Chromatin steuert. C-Myb erkennt und moduliert die Verpackungsdichte des Chromatins, welches in entscheidendem Maß zur Ablesbarkeit der Gene beiträgt. Ist c-Myb mutiert, verliert es seine Fähigkeit die Chromatinstruktur so zu verändern, dass Blutzellen reifen können. Gleichzeitig schaltet es die Gene aus, die für die Reifung der Blutzellen zuständig sind. Die Folge davon ist, dass sich die Blutvorläuferzellen unkontrolliert vermehren, unreif bleiben und zu Leukämiezellen werden.
Weiter gelang es Prof. Leutz und seinen Mitarbeitern einen wichtigen Signalmechanismus zu entschlüsseln, der durch das ras-Tumorprotein einen weiteren Genschalter, das C/EBP Protein, steuert. Daran beteiligt ist ein Proteinkomplex, "Mediator" genannt. Er dient dem Informationsaustausch zwischen dem C/EBP-Genschalter und der Ablesemaschinerie der genetischen Information. Der "Mediator" legt letztlich fest, ob die Bauanleitung entsprechender Gene in Boten-RNA überschrieben wird und für die Produktion von Proteinen bereitsteht.
"Wir freuen uns sehr, dass Prof. Leutz diese wohlverdiente Auszeichnung erhalten hat", sagte MDC-Vorstand Prof. Walter Birchmeier. "Ziel des MDC und seiner Partner in Berlin-Buch ist es, die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in die klinische Praxis zu übertragen. Die Arbeit von Prof. Leutz ist ein exzellentes Beispiel dafür, dass diese Art der Forschung in einer entsprechenden Umgebung möglich ist. Der Krebspreis und die zuvor vergebenen Auszeichnungen sind eine Anerkennung für den Erfolg dieses Forschungsansatzes."
Prof. Leutz stammt aus Eberbach und studierte an der Universität Heidelberg Biologie und Sport. Nach seiner Promotion 1986 in Biologie am Europäischen Labor für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg ging er für zwei Jahre in die USA an die State University of New York in Stony Brook, anschließend kehrte er an das EMBL zurück. Von 1990 bis 1994 leitete er eine Forschungsgruppe am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg. 1994 wurde er Leiter der Forschungsgruppe "Tumorentstehung und Zelldifferenzierung" am MDC. Der Krebsforscher ist darüber hinaus Professor für Molekulare Entwicklungsbiologie und Onkologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Prof. Leutz wurde 2005 zum Mitglied der Europäischen Organisation für Molekularbiologie (EMBO) ernannt und erst kürzlich in die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS) berufen.
Prof. Leutz ist der fünfte Wissenschaftler aus Berlin-Buch, der den Deutschen Krebspreis erhält. Bisherige Preisträger aus Buch waren Prof. Walter Birchmeier (MDC) und der Krebschirurg Prof. Peter M. Schlag (MDC/Charité - Universitätsmedizin Berlin) sowie Prof. Claus Scheidereit (MDC) und der Hämatologe und Onkologe Prof. Bernd Dörken (MDC/Charité). Das MDC ist wie das DKFZ eine Einrichtung der Helmholtz-Gemeinschaft, und arbeitet seit seiner Gründung eng mit Klinikern der Charité zusammen.
Barbara Bachtler
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Deutscher Krebspreis für Prof. Achim Leutz vom MDC
Photo: David Ausserhofer/Copyright: MDC
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Personalia, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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