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13.03.1995 00:00

Anarchie - Sammlung aufbereitet

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 13.3.1995, Nr. 37

    Missverstandene Anarchie

    Einzigartige Sammlung an der RUB

    Bestandsverzeichnis anarchistischer Broschueren erschienen

    Anarchie - nur ein chaotisches Hirngespinst? 1871 Broschueren zum internationalen Anarchismus der Jahre 1864- 1993 beweisen das Gegenteil. Diese in der Bundesrepublik Deutschland einzigartige Broschuerensammlung befindet sich in der Ruhr-Universitaet Bochum. Unter der Leitung von Prof. em. Dr. Helga Grebing sichtete, ordnete und ergaenzte Manfred Burazerovic seit 1990 die Sammlung. Jetzt hat er das fertige Bestandsverzeichnis veroeffentlicht. Der Band "Quellen zur Geschichte der anarchistischen Bewegung" erleichtert den wissenschaftlichen Zugang zu einem in der Forschung stiefmuetterlich vernachlaessigten Thema. Die Broschueren sind das Kernstueck der Bibliothek des Instituts zur Erforschung der europaeischen Arbeiterbewegung (IGA) der RUB. Die umfangreiche Sammlung spiegelt alle Facetten des anarchistischen Denkens wider und enthaelt Texte aus allen Phasen der Agitation, zu allen relevanten Themen, von allen bedeutenden Autoren.

    Anarchie wird haeufig, auch von Wissenschaftlern, mit Chaos, Zerstoerung und Terrorismus gleichgesetzt. Die konstruktive Seite wird verkannt. So lieferte der Anarchismus die philosophische Grundlage der entstehenden Arbeiterbewegung. Anarchisten wie zum Beispiel Peter Kropotkin oder Max Nettlau waren den buergerlichen und marxistischen Theoretikern ihrer Zeit weit voraus. Sie beschaeftigten sich mit noch heute aktuellen Fragen zur Sinngebung und Organisation der Arbeit und dem Verhaeltnis von OEkonomie und OEkologie.

    Die Broschuere war damals ein preisguenstiges Medium zur Verbreitung anarchistischen Gedankengutes. Theoretische Schriften, aber auch Reaktionen zu tagespolitischen Ereignissen wurden so publik gemacht. Viele Broschuerentexte wurden ohne Wissen der Autoren uebersetzt, kommentiert oder verkuerzt. UEber ganz Europa und auch in Nord- und Suedamerika fanden sich anarchistische Schriften, meist durch Exilanten weitergegeben. Dies weist auf ein internationales Kommunikationsnetz der Anarchisten hin. In Deutschland wurden Broschueren hauptsaechlich in der Zwischenkriegszeit verbreitet. Die Schriften aus fruehrer Zeit sind meistens in Franzoesich oder Italienisch geschrieben, da der Anarchismus gerade in den romanischen Laendern im 19. Jahrhundert grosse Bedeutung erlangte.

    Besonders wichtig ist den Mitarbeitern des IGA der Hinweis auf das grosse Potential, das die nun erschlossene Sammlung fuer Magister- oder Doktorarbeiten in sich birgt. Bisher wurde der Anarchismus nur in der Geschichtsschreibung der Arbeiterbewegung bedacht. Aber gerade auch aktuelle Fragen zur Sinngebung der Arbeit oder zum Verhaeltnis von OEkonomie und OEkologie koennen an Hand der Broschueren bearbeitet werden. Ausserdem draengen sich vergleichende Studien zur Prodaganda der Sozialdemokratie oder kirchlicher Gruppen foermlich auf.

    Manfred Burazerovic, Quellen zur Geschichte der anarchistischen Bewegung. Bestandsverzeichnis der anarchistischen Broschueren im Institut zur Erforschung der europaeischen Arbeiterbewegung. (Schriftenreihe des Instituts zur Erforschung der europaeischen Arbeiterbewegung, IGA; Schriftenreihe B: Quellen und Dokumente. Band 1), Klartext- Verlag, Essen 1994, DM 68,- (ISBN 3-88474- 194-2)

    Weitere Informationen: Dr. Robert Lederer, IGA, Tel. 0234/700-6186.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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