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Wissenschaft
Ob in der Werkshalle, im Kinderzimmer oder im Krankenhaus ? Roboter gehören zum modernen Lebens- und Arbeitsalltag. Über 130 000 Industrie roboter arbeiten in deutschen Betrieben, mobile Roboter schützen Lagerhallen oder helfen im Haushalt. Der Traum vom allzeit willigen Helfer des Menschen ist jedoch wesentlich älter. Literatur, Filme und Science-Fiction haben ihn seit Jahr hunderten ausgemalt, heute scheint die moderne Technik ihn zu realisieren. Die facettenreiche Geschichte der Begegnungen von Mensch und Maschine zwischen Wissenschaft und Kunst dokumentiert ab dem 5.4.2007 die neue Wechselausstellung des Museums für Kommunikation Berlin. Zu sehen sind Exponate aus Kultur- und Technikgeschichte sowie Kunstwerke und aktuelle Robotertechnik.
Die Ausstellung zeigt Roboter zwischen Fiktion und Realität, Kunst und Wissen schaft und dokumentiert aktuelle Robotertechnik. Historische und moderne Roboter kommen dem Besucher als Parade auf einem Laufband entgegen, das Bildprojektionen visionärer Roboterdarstellungen immer wieder überblenden. In der künstlichen Atmosphäre eines blauen Raumes treten die Maschinen menschen so aus der Fiktion in die Wirklichkeit der Museumsbesucher/innen.
Rückschau - Eine Geschichte des Roboters
Die Geschichte der Robotik beginnt mit dem Blick auf die große Zeit der mechanischen Experimente im 16. Jahrhundert. Im Zentrum stand zunächst die Erforschung des menschlichen Bewegungsapparats. Das mechanische Uhrwerk, als die erste sich selbst bewegende Maschine, entwickelte sich im 18. Jahrhundert zu einem Symbol des menschlichen Leibes, den die Philo sophen auf Basis der neuen anatomischen Erkenntnisse als Maschine sehen wollten. 1805 entwickelte Joseph-Marie Jacquard den ersten mechanischen Webstuhl, dessen Funktionen Lochkarten koordinierten und speicherten. Dieses System revolutionierte die vorindustrielle Arbeitswelt und darf als Vorläufer der modernen Arbeitsroboter und Rechenmaschinen gelten.
Als Fortsetzung der mechanischen Erkenntnisse von Anatomie und Konstruktionstechnik erscheinen Automaten des 18. Jahrhunderts, die mit menschlichen Zügen ausgestattet sind und musizieren, schreiben oder sich tänzerisch bewegen konnten. Die um 1816 gebaute Figur eines Trompeters spielte sechs auf einer Stiftwalze gespeicherte Melodien. Die in ihrer Zeit weltberühmte Schach spielende und in dieser Disziplin unbesiegbare Figur eines Türken des Bastlers Wolfgang von Kempelen aus dem Jahr 1789 legte jedoch den Gedanken nahe, dass es sich um eine geniale Täuschung handeln könne. Man vermutete, dass sich im Inneren ein guter Schachspieler verbarg, der die Mechanik steuerte.
Eine frühe Verbindung von Mensch und Maschinenmechanik stellen die schon seit dem 16. Jahrhundert gebräuchlichen künstlichen Glieder dar. Zu sehen ist die Handprothese des legendären Ritters Götz von Berlichingen, mit der er Gegenstände festhalten konnte. Die Ersatzhand, die den menschlichen Körper in mechanischer Weise ergänzt, verwischte die Grenze von Organik und Anorganik, denn sie machte Teile des Menschen robotergleich.
Vorschau - Roboter-Utopien gestern und heute
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahmen die Utopien von einer automatisierten Zukunft im neuen Medium Kino konkrete Formen an. Der erste deutsche Robo ter tauchte 1916 auf der Leinwand auf. Von Anfang an spielten die Roboter in den Filmen eine zwiespältige Rolle. Einerseits versprachen sie, den Menschen von der körperlichen Schwerarbeit zu entlasten, andererseits verband sich mit ihnen die geheime Bedrohung einer außer Kontrolle geratenen Technik. In Harry Piels "Der Herr der Welt" (1934) werden die Roboter anfangs bearg wöhnt und erweisen sich dann als produktive Helfer. Nicht anders verhält es sich in der sowjetischen Produktion ?Gibel' Sensacii? (1935), beide Filme sehen in den Robotern auch Instrumente zur Durchsetzung politischer Ideologien.
Die Bildende Kunst dieser Zeit, in der Ausstellung durch das Bauhaus repräsentiert, interessierte dagegen die Logik mechanischer Körperbewegungen. Theaterprojekte, in denen maschinenähnliche Tänzer oder Marionetten die Hauptrollen spielten, sind Beispiele für diese Experimente. Von ihnen zeugen Oskar Schlemmers Theaterfigurinen. Robotermarionetten faszinierten auch die Dadaisten, wie Sophie Täuber-Arp. Ihre Theatermarionette "Wacht" veranschaulicht die konstruktivistische Phantasie der DADA-Bewegung, sie parodiert aber auch den sich zuweilen kriegerisch-martialisch gebenden Maschinen glauben der italienischen Futuristen. Eine Reihe moderner Künstler nimmt heute diese Traditionen auf. In Frank Fietzek und Uli Winters "Watschendiskurs" (2004) führen bewegliche Stoffpuppen einen handfesten sprachtheoretischen Disput. Die Sängerin Björk agiert 1999 im Video zu "All is full of love" als empfindsame Roboterandroide.
Die Utopie vom androiden Roboter entwarf in den 1950er Jahren die Werbung auf unterhaltsame Weise. Mit menschlichen Zügen und Körperformen ausgestattete Roboter wurden mit großem Erfolg weltweit vorgeführt. Besonders populär war der 2,37 Meter große Sabor aus der Schweiz. Er konnte rauchen und spazieren gehen und flirtete hin und wieder mit seinem weiblichen Publikum. Zu sehen ist Nummer V der Sabor-Reihe. Neben ihm erzählt der Werbe roboter Roberto von der Faszination der scheinbar autonomen Technik, die tatsächlich durch Fernsteuerung funktionierte. Als überlebensgroße Blech riesen riefen die Werberoboter mit ihren unbeholfenen Bewegungen zwar Staunen und Sympathie hervor, sie waren als praktische Arbeitshilfen aber ungeeignet.
Umschau - Roboter heute
Wie es um die Robotik heute steht, zeigt der Blick in die Forschungslabors. Moderne Roboter sind lernfähige Wesen, die in Interaktion mit dem Menschen treten. Je nach Einsatzzweck können sie sich dabei in ihrer äußeren Form von ihren älteren androiden Vorläufern entfernen. Häufig gleichen Forschungs ro boter Insekten. Wo sie zum Einsatz kommen, arbeiten sie für den Menschen an lebensfeindlichen Orten: In der Tiefsee, im Weltraum oder unter der Erde.
Roboter, die in der menschlichen Umgebung tätig sind, tragen dagegen äußerlich wieder Züge der androiden Maschinenmenschen. Moderne Service roboter, die staubsaugen oder die Geschirrspülmaschine ausräumen können, sehen wie freundliche Hausgenossen aus. Ganz neue Formen der Vernetzung von Mensch und Maschine erproben derzeit Informatiker und Mediziner. Sie arbeiten daran, Hirnaktivitäten auf dem Bildschirm umzusetzen, um so eine mentale Schreib maschine für körperbehinderte Menschen zu entwickeln.
Während die meisten dieser Maschinen dem Menschen helfend zur Seite stehen, treten andere an seine Stelle. Das gilt für Industriebetriebe, in denen ausgewählte Produktionsstrassen bereits vollständig automatisiert sind, aber auch für den Sport. Bei Kamel-Rennen in den Golfstaaten reiten Roboter, da der Einsatz von Kinder-Jockeys dort verboten ist, und mit den RoboCups haben Maschinen sogar den internationalen Fußballsport erobert. "Trifftnix" und "Passtnix" treten bislang allerdings noch nicht gegen Bastian Schweinsteiger oder Lukas Podolski an. Das Kräftemessen zwischen Mensch und Roboter bleibt der Zukunft vorbehalten. Vorerst noch ? denn im Jahr 2050 soll An pfiff zum ersten Fußballmatch dieser Art sein.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart.
Museum für Kommunikation Berlin
Leipziger Straße 16
10117 Berlin
www.museumsstiftung.de
Pressekonferenz 4.4.2007, 11 Uhr
Eröffnung 4.4.2007, 19 Uhr
Ausstellungsdauer 5.4. bis 2.9.2007
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag 9 bis 17 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertag 11 bis 19 Uhr
Ihr Ansprechpartner für weitere Informationen:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Huber Grosser M. A., Telefon: +49(0)711/970-1177, E-Mail: grosser@ipa.fraunhofer.de
Museum für Kommunikation Berlin
Dr. Susanne Kiewitz, Telefon: +49(0)30/202 94 202, E-Mail: pressestelle.mkb@mspt.de
http://www.museumsstiftung.de
http://www.ipa.fraunhofer.de
Roboter im Museum für Kommunikation Berlin (von links): "Mach-was", "Komm-rein" und "Also-gut".
© Fraunhofer IPA, Museum für Kommunikation Berlin
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Roboterorchester "Les Robots Music", elektromechanisches Orchester von Edouard R. Diomgar und Didier ...
© Museum für Kommunikation Berlin
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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