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05.04.2007 15:59

Gelbes Licht stoppt Würmer

Robert Emmerich Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Deutsche und amerikanische Wissenschaftler haben eine Art Bannstrahl realisiert: Sie veränderten bei Fadenwürmern die Nervenzellen so, dass sich diese mit Licht an- und abschalten lassen. Werden die Würmer mit einem gelben Lichtblitz bestrahlt, stellen sie ihre Fortbewegung ein - weil dann die Nervenzellen "gelähmt" sind, welche die Muskulatur aktivieren. Ein blauer Lichtimpuls dagegen lässt die Nervenzellen "feuern".

    Der Fadenwurm (Caenorhabditis elegans), den die Forscher derart manipulieren können, ist nur etwa einen Millimeter lang. Er lebt in den gemäßigten Klimazonen im Boden und ernährt sich dort von Kleinstlebewesen. In der Wissenschaft ist er ein beliebter Modellorganismus - schließlich war er im Jahr 1998 das erste vielzellige Lebewesen, dessen Erbgut entschlüsselt wurde.

    Bevor aber die Forscher ihre Versuchswürmer wie Marionetten tanzen lassen konnten, waren komplexe Vorarbeiten nötig. Zuerst mussten die Nervenzellen der Tiere mit fremden Genen bestückt werden. Eines stammt aus einer Alge und produziert einen Ionenkanal, der durch Licht aktiviert wird. Das andere Gen kommt von einem Archaebakterium. Es sorgt dafür, dass die Nervenzellen der Würmer eine ebenfalls durch Licht gesteuerte Ionenpumpe herstellen.

    Mit dieser zusätzlichen Ausstattung lassen sich die Nervenzellen der Würmer gezielt aktivieren und wieder abschalten. "Dabei werden die grundlegenden elektrischen Eigenschaften der Zellen nicht beeinträchtigt", betont Georg Nagel, seit 2004 Professor am Julius-von-Sachs-Institut für Biowissenschaften der Uni Würzburg. Er hat den Ionenkanal und die Pumpe, beides Proteine, genau charakterisiert. Vor seiner Würzburger Zeit forschte Nagel am Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt am Main. Über die Kontrolle der Wurmbewegung berichtet er jetzt gemeinsam mit seinen früheren Kollegen sowie mit Wissenschaftlern der Universitäten Frankfurt und Stanford (USA) in der Zeitschrift Nature.

    Den Forschern zufolge gab es bislang keine optischen Werkzeuge, mit denen man in einem intakten Gehirn Nervenzellen von außen präzise an- und wieder abschalten kann. Durch die neue Technik sei das nun möglich. Mit ihr ließen sich in Zellkulturen oder an genveränderten Tieren völlig neuartige Untersuchungen durchführen.

    Die Wissenschaft erhofft sich davon mehr Wissen über die Funktionsweise des Gehirns. Allein durch Beobachtungen gibt es auf diesem Gebiet keine Erkenntnisse zu gewinnen. Stattdessen ist es nötig, bestimmte Gruppen von Nervenzellen vorübergehend stillzulegen oder zu aktivieren, um ihre Funktion und ihr Zusammenspiel mit anderen Gehirnarealen herauszufinden. Ihre "Lichtblitz-Technik" sei dafür bestens geeignet, meinen die Forscher. Das Team von Professor Erich Buchner am Biozentrum der Uni Würzburg setzte das Blaulicht-Verfahren schon erfolgreich ein, um die Gehirnfunktionen der Taufliege Drosophila zu ergründen. Derzeit arbeiten die Forscher am Gelblicht-Verfahren.

    Der Psychiater Karl Deisseroth aus Stanford, der zu den Autoren der Publikation in Nature gehört, sieht in der neuen Technik auch medizinisches Potenzial. Er erprobt bei Parkinson-Kranken eine Therapie, die noch im experimentellen Stadium ist. In das Gehirn der Patienten wird dabei eine Elektrode eingeführt, die bestimmte Hirnregionen stimuliert. Das lindert offenbar die Symptome der Krankheit, hat aber auch Nebenwirkungen. Letztere könnten vermieden werden, meint Deisseroth, wenn man bestimmte Nervenzellen der Patienten mit dem Algen- und dem Bakterienprotein ausstattet und sie dann mittels Licht stimuliert. Auf Elektroden könnte dann verzichtet werden.

    "Multimodal fast optical interrogation of neural circuitry", Feng Zhang, Li-Ping Wang, Martin Brauner, Jana F. Liewald, Kenneth Kay, Natalie Watzke, Phillip G. Wood, Ernst Bamberg, Georg Nagel, Alexander Gottschalk & Karl Deisseroth, Nature 446, 5. April 2007, Seiten 633-639.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Georg Nagel, T (0931) 888-6143, nagel@botanik.uni-wuerzburg.de


    Bilder

    In Wirklichkeit ist der Fadenwurm Caenorhabditis elegans nur etwa einen Millimeter lang.
    In Wirklichkeit ist der Fadenwurm Caenorhabditis elegans nur etwa einen Millimeter lang.
    Bild: A. Gottschalk, Uni Frankfurt
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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