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Bluthochdruck, lebensgefährliche Verdauungsstörungen und eine gestörte Blutgerinnung stellen sich ein, wenn der wichtigste Rezeptor für Stickstoffmonoxid (NO) nicht funktioniert. Das haben Pharmakologen der Ruhr-Universität um PD Dr. Andreas Friebe anhand von speziell gezüchteten Knock-out-Mäusen herausgefunden, die nicht über den Rezeptor Guanylyl-Cyclase verfügten. "Damit haben wir gezeigt, dass die gefäßerweiternde und antithrombotische Wirkung des NO, die man sich schon seit langem bei der Behandlung der Koronaren Herzkrankheit (Angina Pectoris) zunutze macht, in der Maus ausschließlich über einen einzigen Rezeptor vermittelt werden", erklärt Dr. Friebe. Eine häufig postulierte Beteiligung anderer Rezeptoren ist damit erstmals ausgeschlossen. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe von PNAS.
Bochum, 24.04.2007
Nr. 144
RUB-Forscher klären Funktionsweise von Stickstoffmonoxid
K.O.-Mäuse zeigen die Signalwege
PNAS berichtet: Ein einziger Rezeptor vermittelt
Bluthochdruck, lebensgefährliche Verdauungsstörungen und eine gestörte Blutgerinnung stellen sich ein, wenn der wichtigste Rezeptor für Stickstoffmonoxid (NO) nicht funktioniert. Das haben Pharmakologen der Ruhr-Universität um PD Dr. Andreas Friebe anhand von speziell gezüchteten Knock-out-Mäusen herausgefunden, die nicht über den Rezeptor Guanylyl-Cyclase verfügten. "Damit haben wir gezeigt, dass die gefäßerweiternde und antithrombotische Wirkung des NO, die man sich schon seit langem bei der Behandlung der Koronaren Herzkrankheit (Angina Pectoris) zunutze macht, in der Maus ausschließlich über einen einzigen Rezeptor vermittelt werden", erklärt Dr. Friebe. Eine häufig postulierte Beteiligung anderer Rezeptoren ist damit erstmals ausgeschlossen. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe von PNAS.
Stickstoffmonoxid: Viel mehr als ein Schadstoff
Lange hielt man Stickstoffmonoxid (NO) nur für einen Schadstoff, der bei Verbrennungsprozessen entsteht und in Auto- und Industrieabgasen vorkommt; inzwischen weiß man, dass NO als körpereigenes Signalmolekül bei vielen physiologischen Regulationsprozessen eine wichtige Rolle spielt. Als Medikament wird Nitroglyzerin, aus dem im Körper NO freigesetzt wird, schon seit über 150 Jahren zur Therapie der Herzkranzgefäßverengung (Angina pectoris) und beim Herzinfarkt eingesetzt. Der genaue Wirkmechanismus von Nitroglyzerin war jedoch bisher unbekannt.
Rezeptor ausgeschaltet
Der Arbeitsgruppe von Dr. Friebe ist es nun gelungen, den wichtigsten Rezeptor für das Signalmolekül NO, die NO-sensitive Guanylyl-Cyclase, in Mäusen auszuschalten. Die gentechnisch veränderten sog. Knock-out-Mäuse sind identisch mit Kontrollmäusen, außer dass ihnen ein einziges Enzym, eben die NO-sensitive Guanylyl-Cyclase fehlt. "Anhand der durch das Fehlen hervorgerufenen Defekte bei den Knock-out-Mäusen konnten wir die Bedeutung des Enzyms und damit des NOs untersuchen", erklärt Dr. Friebe. "Zusätzlich konnten wir nun klären, ob physiologische Prozesse von NO ausschließlich über die Guanylyl-Cyclase, oder - wie vielfach postuliert - über andere Zielproteine vermittelt werden."
Bluthochdruck und Verstopfung
Ein wichtiger Befund der Experimente war, dass die Knock-out-Mäuse innerhalb von weniger als 30 Tagen sterben. Die Todesursache ist ein zu langsamer Transport der Nahrung im Magen-Darmtrakt, der in Verstopfung (Obstipation) und Perforation der Darmwand resultiert. Die Überlebenszeit der Mäuse konnte signifikant gesteigert werden durch die Gabe von ballaststofffreiem Futter, was zeigt, dass die Darmmotilität in den K.O.-Mäusen nicht ausreicht, um Quellstoffe der Nahrung ausreichend gut zu transportieren. Eine zweite wichtige Veränderung der K.O.-Mäuse gegenüber Wildtyp-Mäusen ist ein stark erhöhter Blutdruck. Dieser Befund zeigt, dass eine kontinuierliche Bildung von NO im Blutgefäß die Gefäße weit hält und daher für das Niedrighalten des Blutdrucks mitverantwortlich ist. Ein dritter wichtiger Befund ist, dass bei Knock-out-Mäusen die Blutplättchen - kleine Blutzellen, die bei einer Verletzung die Blutgerinnung mitbestimmen und den Wundverschluss initiieren - nicht mehr auf NO reagieren. Normalerweise wirkt NO hemmend auf die Aggregation der Plättchen, hat also somit eine antithrombotische "blutverflüssigende" Wirkung.
Andere Vermittler ausgeschlossen
"Insgesamt konnten wir mit Hilfe der Mäuse zeigen, dass zwei der wichtigsten und am längsten bekannten Funktionen von NO, die Regulation der Gefäßweite und die Aggregationshemmung von Plättchen, ausschließlich von der NO-sensitiven Guanylyl-Cyclase vermittelt werden", fasst Dr. Friebe zusammen. "Wir können zumindest für das System der Maus andere Rezeptoren oder Vermittlermoleküle von NO ausschließen."
Hintergrund: Erforschung von NO
Gegen Ende der 1970-er Jahre wurden NO-freisetzende Substanzen als wirksame Stimulatoren eines Enzyms, der NO-sensitiven Guanylyl-Cyclase, identifiziert, die das intrazelluläre Signalmolekül cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP) synthetisiert. Die physiologische Relevanz dieser NO-vermittelten Aktivierung blieb jedoch zunächst unklar. Erst die Identifizierung eines im Gefäßendothel gebildeten und direkt auf die Gefäßzellen wirkenden Faktors brachte Hinweise auf körpereigenes NO. Dieser zunächst als EDRF ("endothelium derived relaxing factor") bezeichnete Faktor, der auf bestimmte hormonale Signale hin im Gefäßendothel gebildet wird, führt dabei über eine Erhöhung der cGMP-Produktion zur Relaxation von Blutgefäßen. EDRF konnte schließlich eindeutig als NO identifiziert werden, das nicht nur in Endothelzellen, sondern auch in einer Vielzahl anderer Gewebe gebildet wird. Für ihre Arbeiten an EDRF, NO und der NO/cGMP-vermittelten Gefäßrelaxation wurde 1998 der Nobelpreis für Medizin an Robert Furchgott, Ferid Murad und Louis Ignarro verliehen.
Titelaufnahme
Friebe, Andreas: Fatal gastrointestinal obstruction and hypertension in mice lacking NO-sensitive guanylyl cyclise. In: Proceedings of the National Academy of Science (PNAS) published April 23, 2007, 10.1073/pnas.0609778104 (Physiology)
Weitere Informationen
PD Dr. Andreas Friebe, Abteilung für Pharmakologie und Toxikologie der Ruhr-Universität Bochum, Tel. 0234/23-24990, E-Mail: andreas.friebe@rub.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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