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22.05.2007 12:36

Neue Chancen für die Mikrosystemtechnik

Ursula Zitzler Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Stuttgart

    Hahn-Schickard-Gesellschaft und Uni Stuttgart eröffnen Neubau - Miniaturisierung verändert Kunststofftechnik und viele andere Industriezweige

    Auftrieb für die Mikrosystemtechnik in Baden-Württemberg: Auf dem Campus der Universität Stuttgart in Vaihingen ging der gemeinsame Neubau des Instituts für Mikroaufbautechnik der Hahn-Schickard-Gesellschaft (HSG-IMAT) und des Instituts für Zeitmesstechnik, Fein- und Mikrotechnik (IZFM) der Universität Stuttgart in Betrieb.

    An der feierlichen Übergabe am Dienstag, 22. Mai nahmen Wirtschaftsminister Ernst Pfister, Staatssekretär Gundolf Fleischer vom Finanzministerium, Staatssekretär Dr. Dietrich Birk vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie Prof. Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart, Dr. Harald Stallforth, Vorsitzender der Hahn-Schickard-Gesellschaft und Prof. Dr. Heinz Kück, Leiter des HSG-IMAT und des IZFM teil.

    "Die moderne Forschungsstätte stärkt die Position der Universität Stuttgart als Kompetenzzentrum für Mikrosystemtechnik mit Schwerpunkten in den Anwendungsgebieten des Maschinenbaus, der Elektro- und Informationstechnik sowie der Automatisierungs- und Fertigungstechnik", betonte Uni-Rektor Prof. Wolfram Ressel. "Durch die Ansiedlung auf dem Universitätsgelände am Pfaffenwald entstehen unmittelbar Synergieeffekte zu allen systemwissenschaftlichen Instituten der ingenieur- und naturwissenschaftlichen Fakultäten wie auch zu den benachbarten außeruniversitären Einrichtungen."

    Die Baukosten für das um einen Innenhof errichtete Gebäude mit transparenter Glasfassade und rund 1.300 Quadratmetern Nutzfläche für Lehre und Forschung, Labors und Testanlagen beliefen sich auf insgesamt 5,7 Millionen Euro. Hiervon erbrachte den auf das HSG-IMAT entfallenden Anteil in Höhe von 2,53 Millionen Euro das Land Baden-Württemberg aus Mitteln der Zukunftsoffensive III. Den auf das IZFM entfallenden Anteil von 2,6 Millionen Euro teilen sich hälftig das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Land Baden-Württemberg, wobei der Landesanteil aus Mitteln der Universität Stuttgart finanziert wurde. Die Institute waren zuvor im innerstädtischen Universitätsareal an der Breitscheidstraße in einem Gebäude aus dem Jahr 1957 untergebracht.

    Mit dem Neubau erhalten die beiden auf Expansion ausgerichteten Institute die Möglichkeit, neueste Geräte und Labortechnik einzusetzen. Für die Studierenden entstehen bessere Forschungs- und Arbeitsbedingungen. Sie können neue Themenfelder erschließen, die dem Trend zur Miniaturisierung durch kunststoffbasierte Gehäuse-, Aufbau- und Verbindungstechniken insbesondere für Kfz-, Automatisierungs- und Medizintechnik neue Impulse geben. Die beiden Institute wollen ihr Personal aufstocken; derzeit beschäftigen sie zusammen rund 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

    Das HSG-IMAT wird das Forschungs- und Entwicklungsangebot für die Industrie ausweiten. Das neue Gebäude erweitert die Möglichkeiten, neue innovative Geräte und Anlagen aufzustellen, die ihren Einsatz in der Kooperation mit den Industrieunternehmen besonders aus Baden-Württemberg finden. Deutlich mehr als ein Drittel seines 1,8 Millionen Euro großen Etats finanziert das Institut bereits mit Industrieaufträgen.

    Brücke zur erfolgreichen industriellen Anwendung
    Die Mikrosystemtechnik hat sich zu einem industrie- und anwendungsorientierten Forschungsgebiet entwickelt. Miniaturisierte Sensoren und Aktoren sorgen beispielsweise im Auto für Sicherheit, Komfort und geringen Verbrauch. Die Märkte für Mikrosystemtechnik expandieren mit zweistelligen Zuwachsraten. Baden-Württemberg zählt zu den führenden Ausbildungs-, Entwicklungs- und Produktionsstandorten für Mikrotechnologien. Insbesondere mittelständische Unternehmen suchen nach einfachen Lösungen, um auf diesem Gebiet wettbewerbsfähig zu werden. Neben der Miniaturisierung spielen höchste Qualität und Zuverlässigkeit der Systeme eine ebenso wichtige Rolle wie möglichst geringe Kosten.

    Hier setzt die Arbeit der Institute HSG-IMAT und IZFM an, die beide unter der Leitung von Prof. Dr. Heinz Kück stehen. Während sich das HSG-IMAT schwerpunktmäßig mit industrienaher Forschung und Entwicklung befasst, konzentriert sich das IZFM als Universitäts-Institut auf die Ausbildung und grundlegendere Fragen der Forschung.

    Im Mittelpunkt stehen Aufbau-, Gehäuse-, Verbindungs- und Montagetechniken unter Verwendung von Kunststoffbauteilen, den so genannten Moulded Interconnect Devices (MID). Im Gegensatz zu den bekannten Leiterplatten fungieren diese als dreidimensionale Systemträger, auf denen beispielsweise Mikrosensor-Chips und Mikroelektronik-Chips auf verschiedenen Niveaus auf kleinstem Raum aufgebaut werden. Dazu verwenden die Institute bereits modernste Kunststoff-Mikrospritzgießtechniken, Laserbearbeitungsverfahren, Metallbeschichtungsverfahren und Löt-, Klebe- und Mikroschweißtechniken. Mit diesen Aufbau- und Verbindungstechniken entwickeln die Institute neuartige Sensoren und Aktoren. Dazu gehören beispielsweise Neigungssensoren als hochgenaue, kostengünstige elektronische Wasserwaagen oder extrem genaue, besonders klein aufgebaute Drehwinkelsensoren, die beispielsweise den Lenkeinschlag im Auto erfassen können. Darüber hinaus wird an kleinen Ventilen und Pumpen gearbeitet oder an preiswerten Kunststoff-Chips mit Präzisionsdüsen zur Dosierung von Mikro- und Nanoliter-Tropfen in der Bio- und Medizintechnik.

    Die gewünschte Kostenreduzierung bei Mikrobauteilen erreichen HSG-IMAT und IZFM insbesondere durch den Einsatz von Kunststoffen, die mit Spritzgießtechnik verarbeitet und durch Oberflächentechniken und Beschichtung mit anderen Werkstoffen, zum Beispiel Metallschichten, veredelt werden. Die Entwicklungsarbeiten zielen dabei stets auf die industrielle Serienfertigung von Mikrosystemen für Fahrzeuge, Messgeräte, Automatisierungs-, Medizin- und Labortechnik. Beide Institute bieten durchgängige Forschungs- und Entwicklungsleistungen an, wobei sich das Know-how von der ersten Idee bis zum geprüften Prototypen erstreckt. Durch Kooperationen mit Instituten und Firmen in Europa, der USA und Japan haben HSG-IMAT und IZFM auf diesem Gebiet internationale Bedeutung.

    Einstieg in neue Arbeitsfelder
    Mit dem Umzug in den Neubau sollen neue Arbeitsfelder erschlossen werden. Das HSG-IMAT erhielt dafür im vergangenen Jahr durch die Landesstiftung mit Unterstützung durch das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg Investitionsmittel in Höhe von zwei Millionen Euro. Die bisherigen Möglichkeiten der MID-Technologie sollen deutlich erweitert werden. Dazu wurde im Neubau bereits ein neuartiges Druckverfahren installiert, bei dem nanoskalige Tinten und Dispersionen zu noch feineren Strukturen als bei den bisherigen Verfahren und sogar auf dreidimensional gestalteten Bauteilen gedruckt werden können. Damit sollen künftig zwei- und mehrlagige Leiterbahnsysteme auf MID hergestellt und polymerelektronische und sensorische Elemente auf der Oberfläche der Kunststoffbauteile integriert werden. Dazu können nicht nur Kondensatoren und Widerstände gehören, sondern unter anderem auch Dehnmessstreifen, Magnetfeldsensoren, Transistoren und Leuchtanzeigen, das heißt komplette einfache Systeme. Die Kunststoffgehäuse werden so nicht nur wesentlich intelligenter und für neue Anwendungen beispielsweise in der Sicherheitstechnik geeignet sein. Gleichzeitig sollen die Fertigungsprozesse durch Drucktechniken auch vereinfacht und verbessert werden.

    Darüber hinaus sollen neue optische Elemente aus Kunststoffen verstärkt angegangen werden, darunter Winkelkodierscheiben mit integrierten optischen Funktionen für Drehwinkelsensoren. Hier arbeiten IZFM und HSG-IMAT bereits eng mit dem Institut für technische Optik der Uni Stuttgart zusammen. Das HSG-IMAT wird im Neubau die mechanische Ultrapräzisionsbearbeitung aufbauen, um mit Diamantwerkzeugen nanometergenaue optische Flächen zu erzeugen. Diese Technologie soll auch für neue mikrofluidische Bauteile, zum Beispiel für Mikronadel-Arrays aus Kunststoff, mit denen künftig Medikamente durch die Haut verabreicht werden können, und andere Präzisionsteile eingesetzt werden. Zusammen mit der im Institut entwickelten elektrochemischen Präzisionsätztechnik, die über die im Jahr 2004 ausgegründete Firma ECMTEC jetzt kommerziell zur Verfügung steht, werden beide Institute in der Präzisionsbearbeitung künftig außerordentlich leistungsfähig sein.

    Schließlich stellen Zuverlässigkeit und Lebensdauer MID-basierter Systeme für die Anwendung extrem wichtige Fragen dar. Man denke nur an sicherheitsrelevante Sensoren im Auto und an die lange Haltbarkeit moderner PKW. Hier werden HSG-IMAT und IZFM künftig nicht nur experimentell, sondern stärker mit Methoden der Modellierung und Simulation vorgehen. Dabei stehen Werkstoffeigenschaften und thermomechanischer Stress im Vordergrund. Neben geeigneten Simulationswerkzeugen werden hierfür künftig auch hoch auflösende Messtechniken wie Röntgentomographie neu aufgebaut.


    Hahn-Schickard-Gesellschaft
    Die Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung e.V. ist eine gemeinnützige baden-württembergische Vereinigung von Industrieunternehmen. Sie geht auf die 1955 auf Initiative der Schwarzwälder Uhrenindustrie gegründete Forschungsgesellschaft für Uhren- und Feingerätetechnik e.V. zurück, zu deren ersten Aktivitäten die Gründung des gleichnamigen Instituts - des späteren FFMU - gehörte. Bahnbrechende Entwicklungen wie die Funkuhr wurden von dieser Gesellschaft mit vorangetrieben. Seit 1984 befasst sie sich auch mit Mikrotechnologien und Mikrosystemtechnik. Sie trägt heute zwei Institute: das Institut für Mikro- und Informationstechnik (HSG-IMIT) in Villingen-Schwenningen und das Institut für Mikroaufbautechnik (HSG-IMAT) in Stuttgart. Seit 1989 trägt die Forschungsgesellschaft zwei historische Vorreiter im Namen: Wilhelm Schickard (1592 bis 1635) und Philipp Matthäus Hahn (1739 bis 1790), beides berühmte schwäbische Mathematiker, Physiker, Erfinder und Konstrukteure.

    HSG-IMAT
    Das Institut für Mikroaufbautechnik der Hahn-Schickard-Gesellschaft e.V. (HSG-IMAT) ist an der Universität Stuttgart räumlich unter einem Dach mit dem IZFM angesiedelt und aus diesem hervorgegangen. Es arbeitet unter der gleichen personellen Leitung, jedoch eigenständig als eine industrienahe Forschungs- und Entwicklungseinrichtung im Auftrag des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums (sog. Vertragsforschung). Träger des Instituts ist die Hahn-Schickard-Gesellschaft, die in Villingen-Schwenningen außerdem das Institut für Mikro- und Informationstechnik (HSG-IMIT) betreibt. Das HSG-IMAT beschäftigt derzeit 35 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker und bietet Studierenden die Möglichkeit, im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben Studien- und Diplomarbeiten durchzuführen. Die Industrie nimmt das HSG-IMAT für die Entwicklung von Innovationen direkt in Anspruch oder beteiligt sich an öffentlich geförderten Verbundprojekten. In Symbiose mit dem IZFM arbeitet das HSG-IMAT in der Gehäuse- und Verbindungstechnik für Mikrosysteme unter Einsatz von Kunststoffgehäusen, Kunststoffminiaturbauelementen und Moulded Interconnect Devices (MID), sowie in der Entwicklung innovativer Sensor- und Aktorsysteme in hybrider Aufbautechnik mit mikrostrukturierten MID. Die Entwicklungsprojekte werden über die gesamte Produktions- und Wertschöpfungskette von der Konstruktion bis zur Musterfertigung und Funktionsprüfung begleitet.

    IZFM
    Das Institut für Zeitmesstechnik, Fein- und Mikrotechnik (IZFM) der Universität Stuttgart ist zusammen mit dem Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) für das Hauptfach Mikrosystemtechnik in der Fakultät Maschinenbau zuständig. Das IZFM arbeitet auf dem Gebiet der Aufbau-, Gehäuse- und Verbindungstechnik für Mikrosysteme. Dazu werden innovative Kunststoffbauelemente einschließlich der Fertigungsverfahren erforscht und entwickelt. Darüber hinaus werden Forschungsarbeiten zu neuen Sensor- und Aktorsystemen aus metallisierten Polymerwerkstoffen und zum elektrochemischen Fräsen mit ultrakurzen Spannungsimpulsen durchgeführt. Die Kombination von grundlagenorientierter Forschung am IZFM und anwendungsbezogener Forschung und Entwicklung an den Hahn-Schickard-Instituten erschließt den Studierenden eine sehr breite Palette von Themen für Studien- und Diplomarbeiten.

    Links
    http://www.hsg-imat.de
    http://www.uni-stuttgart.de/izfm

    Kontakt Hahn-Schickard-Gesellschaft
    Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Moritz Faller, Leiter Marketing/PR
    Telefon 07721 943221, Fax 07721 943210, E-Mail moritz.faller@hsg-imit.de
    HSG-IMIT ? Institut für Mikro- und Informationstechnik der Hahn-Schickard-Gesellschaft e.V.
    Wilhelm-Schickard-Str. 10, 78052 Villingen-Schwenningen, http://www.hsg-imit.de

    Kontakt für fachliche Fragen:
    Prof. Heinz Kück
    Leiter Institut für Zeitmesstechnik, Fein- und Mirkrotechnik und HSG-IMAT
    Telefon 0711/685-83710, e-mail: kueck@hsg-imat.de
    Allmandring 9b, 70569 Stuttgart


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Maschinenbau
    überregional
    Forschungsprojekte, Studium und Lehre
    Deutsch


     

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