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29.05.2007 16:45

Geisteswissenschaften in Bewährung

Jens Panse Pressestelle
Universität Erfurt

    8. Christoph-Martin-Wieland-Vorlesung der Universität Erfurt mit Professor Wolfgang Frühwald am 6. Juni 2007

    Die 8. Christoph-Martin-Wieland-Vorlesung der Universität Erfurt steht ganz im Zeichen des "Jahres der Geisteswissenschaften". Der Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung, Prof. Dr. Wolfgang Frühwald, wird am 6. Juni 2007 um 14.00 Uhr im Rathausfestsaal zum Thema "Geisteswissenschaften in der Bewährung" sprechen. Im anschließenden Disput treffen Dr. Jürgen Aretz, Generalbevollmächtigter der Thüringer Aufbaubank in Brüssel, der Rektor der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Professor Dr. Klaus Dicke, der Dekan des Max-Weber-Kollegs der Universität Erfurt, Professor Dr. Hans Joas sowie der Chefredakteur des Rheinischen Merkur, Professor Michael Rutz, aufeinander. Der Präsident der Universität Professor Dr. Wolfgang Bergsdorf moderiert die Diskussion. Interessierte sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung wird gebeten per Fax: 0361-737-5009.

    "Die USA sind das Goldland der Natur- und der Lebenswissenschaften", so Professor Frühwald. Sie seien das Ziel ganzer Heerscharen von Postdocs, die ohne einen Forschungsaufenthalt in einem der renommierten Labors amerikanischer Research-Universities zuhause (in Deutschland, in Brasilien, in China, in Korea etc.) keine Karriere machen könnten. "Aber auch in Deutschland, im Wissenschaftskolleg zu Berlin, bei den Treffen der Forschungspreisträger der Alexander von Humboldt-Stiftung in Bamberg, bei deren Forschungsaufenthalten in den kleineren und größeren Institutes for Advanced Study, die es in zunehmender Anzahl nun auch in Deutschland gibt, werden Gespräche und Diskussionen der Geisteswissenschaftler systematisch gefördert und gefordert". Schließlich seien die Wissenschaftskollegs von Bielefeld über Delmenhorst bis Berlin und Erfurt, die Humboldt-Preise und die Max Planck-Forschungspreise (die entgegen ihrem Namen eine Erfindung der Alexander von Humboldt-Stiftung sind) exakt zu diesem Zweck erfunden worden: "dem freien, selbstbestimmten Denken, welches die Basis ist für jede Art von Wissenschaft, an solchen Orten und bei solchen Gelegenheiten Zeit und Raum zu geben, sich in einer intellektuell und vielleicht sogar existentiell anregenden Atmosphäre zu entfalten".

    Als in Deutschland zu Beginn des Jahres 2007, in der Folge der seit längerem üblichen Wissenschaftsjahre, ein "Jahr der Geisteswissenschaften" ausgerufen wurde, schienen die Geisteswissenschaften darauf nicht vorbereitet zu sein, so Frühwald. Bei ihnen gelte, anders als in Natur- und Ingenieurwissenschaften, die traditionell industrienäher sind, dass Werbung in eigener Sache mit dem Odium des Unseriösen behaftet sei. "In einer Zeit aber, in der Sichtbarkeit, nicht Können und Leistung, als oberstes Exzellenzkriterium gilt, ist Zurückhaltung und Verzicht auf Werbung in eigener Sache, nicht für den einzelnen, aber für die Gesamtheit einer Fächergruppe, oftmals die falsche Strategie", betont der Präsident der Humboldt-Stiftung. Universitäten und Hochschulen seien heute so auf internen und externen Wettbewerb eingestellt, dass die von Wilhelm von Humboldt für Wissenschaft und Forschung als grundlegend erkannten Faktoren "Einsamkeit und Freiheit" im Gewimmel der Forschungsgruppen, dem Lärm der Marketingstrategen und im öffentlichen Druck zur Ökonomisierung untergingen. "Dass Einsamkeit und Freiheit trotzdem zu den Grundbedingungen der geisteswissenschaftlichen und jeder theorie-orientierten Forschung gehören, steht für mich außer Zweifel. Sie heute dem Alltag der Massen-Universität abzuringen, ist fast unmöglich geworden". Darin aber liege die Misere der Geisteswissenschaften in Europa, dass sie strukturell der allgemeinen Tendenz zur raschen Ökonomisierung der Universitäten nicht nachkommen und nicht nachkommen könnten, wenn sie nicht die Grundbedingungen ihres forschenden und lehrenden Tuns aufgeben wollten.

    Der Germanist Wolfgang Frühwald (geb. 1935) ist der erste Geisteswissenschaftler im Amt des Präsidenten der Alexander von Humboldt-Stiftung. Er promovierte 1961 und habilitierte sich 1969 an der Ludwig Maximilians-Universität München. Nach Assistenten- und Dozentenjahren an den Universitäten München, Bochum, Erlangen-Nürnberg und Münster in Westfalen folgte er 1970 einem Ruf an die Universität Trier-Kaiserslautern. Von dort wechselte er 1974 als Professor für Neuere Deutsche Literaturgeschichte an die Universität München. 1985 war er Gastprofessor am Department of Germanic Studies der Indiana University (Bloomington, IN, USA), 1999 Gastprofessor an der Fakultät für Chemie der Universität Frankfurt am Main, 2003 Gutenberg-Stiftungsprofessor an der Universität Mainz. Seit Oktober 2003 ist Wolfgang Frühwald emeritiert. Der Universität Erfurt ist Frühwald aus der Gründungszeit als Kuratoriumsvorsitzender (1997-2000) eng verbunden.
    In der Selbstverwaltung der Wissenschaft war er in unterschiedlichen Ämtern tätig. So war er von 1982 bis 1987 Mitglied des Wissenschaftsrates, von 1994 bis 1998 Mitglied des Rates für Forschung, Technologie und Innovation beim Bundeskanzler. Mehr als ein Jahrzehnt arbeitete er in den Gremien der Deutschen Forschungsgemeinschaft, zunächst als gewählter Fachgutachter und Vorsitzender eines Fachausschusses, dann als Mitglied des Senats und des Hauptausschusses (1986 - 1991) und schließlich in zwei Amtszeiten als Präsident der DFG (1992 - 1997). Daneben war er von 1994 bis 1996 Vorsitzender der Vereinigung der Europäischen Wissenschaftsorganisationen (Eurohorcs). Frühwald war mehrfach Dekan (in Trier und München) und Prorektor der Ludwig Maximilians-Universität. Seit 1999 ist er Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung.

    Die Christoph-Martin-Wieland-Vorlesung der Universität Erfurt verfolgt das Ziel, ein für die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland wesentliches und aktuelles Problem aus Wissenschaft und öffentlichem Leben von einem bedeutenden Protagonisten des entsprechenden Bereichs darstellen zu lassen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Organisatorisches
    Deutsch


     

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