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02.06.2000 11:34

Jahrestagung der GDCh-Fachgruppe Wasserchemische Gesellschaft

Dr. Kurt Begitt Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

    Wissenschaftlicher Pressedienst Chemie 30/00 vom 29. Mai 2000

    Kleinste Teilchen - große Wirkung
    Kolloide transportieren Schadstoffe in Gewässern

    In Oberflächengewässern und im Grundwasser gibt es eine dritte Dimension. Neben den echt gelösten Substanzen einerseits und den Feststoffen wie Sand und Steine andererseits gibt es sogenannte Kolloide. Das sind winzige Teilchen in einer Größenordnung von Nanometern bis Mikrometern. Sie sind nicht nur extrem beweglich, sondern können auch Schadstoffe an sich binden. Kolloide spielen daher eine wichtige Rolle beim Transport von Chemikalien in Gewässern und stellen folglich auch für Mensch und Umwelt eine Gefahr dar. Über technische Ansätze zur Problemlösung wurde jetzt bei der Jahrestagung der Wasserchemischen Gesellschaft, einer GDCh-Fachgruppe, vom 29. bis 31. Mai 2000 in Weimar berichtet.

    Ein Kolloid-Teilchen ist im Verhältnis zu einem Sandkorn so klein wie dieses im Verhältnis zu einer Kirche. Das besondere an dieser "kolloidalen" Dimension ist die im Vergleich zu Wasser nur geringfügig höhere Dichte. Daraus ergibt sich eine einzigartige Beweglichkeit, die sich mit der Mobilität von feinstem Staub in der Luft vergleichen lässt. Da Kolloide auch die Vorliebe zeigen, alle möglichen Schadstoffe "huckepack" zu nehmen, gelangen diese in Gewässern an Stellen, die sie alleine nie erreicht hätten. Das gilt auch für Stoffe, die für den Menschen zu einer Gesundheitsgefährdung werden können, wie z. B. Bestandteile von Mineralölen, krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Schwermetalle und radioaktive Elemente.

    Bisher wurde das Vorkommen und Verhalten der Kolloide in Gewässern kaum beachtet. Die neuesten Forschungen zeigen indes, wie bedeutend dieses Thema für die Gesundheit von Mensch und Umwelt ist. Auf der Grundlage von laserspektroskopischen Methoden wurden leistungsfähige Verfahren entwickelt, mit denen sich der Einfluss der Kolloide auf die Stoffverteilung im Gewässer zuverlässig bestimmen lässt. Damit wurde auch die Tür geöffnet für die Untersuchung der biologischen Wirkung der Schadstoffe, die von solchen Feinstpartikeln beeinflusst wird.

    Die Rolle der Kolloide bei der Untergrundsanierung eines ehemaligen Gaswerkgeländes hat Dr. Thilo Hofmann von der Universität Mainz untersucht. Ihm wurde am 29. Mai für seine herausragenden Arbeiten der Promotionspreis der Wasserchemischen Gesellschaft verliehen. Er fand heraus, dass ein im Vergleich zum unbeeinflussten Grundwasser hundertfach erhöhter Kolloidgehalt im belasteten Gewässer mit einer hohen Schadstoffbelastung einhergeht. Diese Beobachtung macht man sich bei verschiedenen natürlichen und technischen Filterverfahren zunutze, mit denen sich die Kolloide aus dem Wasser entfernen lassen. Patrick H. Jacobs von der Universität Hamburg-Harburg und Christian Specht von der Universität Karlsruhe konnten außerdem zeigen, wie sich feinste mineralische Teilchen als Schadstofffänger nutzen lassen, um anschließend in Filtersäulen oder mit Membranfiltern abgetrennt zu werden.

    Thilo Hofmann Träger des Promotionspreises 2000
    Der Träger des diesjährigen Promotionspreises der Wasserchemischen Gesellschaft, Dr. Thilo Hofmann, wurde 1967 in Celle geboren. Er studierte ab 1989 Geologie zunächst an der Universität Gießen, dann an der Freien Universität Berlin. Im Jahre 1992 wechselte er an die technische Universität Berlin, wo er an einem interdisziplinären Forschungsbereich "Geotechnische Probleme bei Deponien und Altlasten" mitarbeitete. Nach einer Diplomarbeit, die er in Brasilien anfertigte, schloss er sein Studium 1995 ab. Von 1996 bis 1999 war er im Rahmen eines EU-Ver-bundforschungsprojektes am Institut für Wasserforschung GmbH in Schwerte tätig. Seine Dissertation über "Kolloidale und suspendierte Feststoffe" und ihre "Bedeutung für die künstliche Grundwasseranreicherung" fertigte er an der Universität Bremen an. Hofmann ist seit Mai 1999 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Mainz.

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    Wissenschaftlicher Pressedienst Chemie 31/00 vom 29. Mai 2000

    Wasserchemiker verfolgen die Spur von
    Umweltchemikalien

    Die Wasseranalytik wird immer raffinierter: Die moderne Spurenanalytik mit Großgeräten und Biochips geht heute Hand in Hand mit neuen biochemischen Verfahren, mit denen sich die biologische Wirkung von Schadstoffen erfassen lässt. Damit ist eine umfassende Qualitätsbestimmung der Gewässer möglich, wie bei der Jahrestagung der Wasserchemischen Gesellschaft, Fachgruppe in der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), vom 29. bis 31. Mai in Weimar deutlich wurde.

    Mit einer ganzen Reihe von leistungsfähigen Analysenmethoden lässt sich eine breite Palette von Umweltchemikalien auf ihrem Weg von der Produktion über den Verbraucher bis in das Gewässer beobachten. Mit spektroskopischen und chromatographischen Verfahren können die Wissenschaftler Verunreinigungen in winzigen Mengen von nur einem Millionstel oder einem Milliardstel Gramm pro Liter aufspüren. Inzwischen sind zudem auch ausgefeilte Methoden verfügbar, mit denen man die Giftwirkung oder die ökologische Wirkung der Spurenstoffe aufklären kann.

    Professor Dr. Udo A. Th. Brinkman von der Universität Amsterdam zeigte, wie synthetisch hergestellte Chemikalien durch online-Messungen in Gewässern bestimmt werden können. Mit hochauflösender Massenspektrometrie, die mit Hochdruckflüssigkeitschromatographen gekoppelt ist, kann man nach Verursachern von Gewässerbelastungen fahnden. In jüngster Zeit gelang es, wie Dr. Thorsten Reemtsma von der TU Berlin berichtete, vor allem die gut wasserlöslichen Massenchemikalien zu identifizieren. Ihre Fingerabdrücke lassen sich vom Produzenten über den Anwender bis in die Kläranlage und schließlich in das Gewässer verfolgen. Professor Dr. Michael Spiteller von der Universität Dortmund hat die Familie der Pestizide untersucht und landwirtschaftliche Hofabläufe für
    einen erheblichen Anteil der Konzentrationen in Oberflächengewässern verantwortlich gemacht.

    Von großer Bedeutung für den Verbleib und das Verhalten von Schadstoffen in Gewässern ist ihre Wechselwirkung mit anderen Wasserinhaltsstoffen. Sie war bisher nur schwer bestimmbar, da keine geeigneten Analysenverfahren verfügbar waren. Mit Hilfe der modernen Fluoreszenzspektroskopie lässt sich, wie Dr. Michael Kumke von der Universität Karlsruhe zeigte, die Interaktion von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) mit natürlichen organischen Wasserinhaltsstoffen untersuchen. Wegen der krebserregenden Wirkung vieler PAK's haben diese Arbeiten besondere Bedeutung.

    Ein bahnbrechendes Analysensystem hat Dr. Michael Weller von der TU München entwickelt. Unter Einsatz von Biochips lässt sich damit eine Vielzahl von Schadstoffen gleichzeitig bestimmen. Diese miniaturisierte biochemische Analytik ist schneller, einfacher und kostengünstiger als herkömmliche Methoden. Sie stellt eine attraktive Alternative zum klassischen Einsatz von Großgeräten dar. Weller wurde für diese Forschungen mit dem Fachgruppenpreis 2000 der Wasserchemischen Gesellschaft für den wissenschaftlichen Nachwuchs ausgezeichnet.

    Besondere Beachtung verdienen die analytischen Arbeiten zur Erfassung von toxischen, krebsfördernden oder hormonellen Wirkungen von Was-serinhaltsstoffen, die z. B. von Pestiziden, Kosmetika, Arzneimitteln, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln stammen. Wie Frau Dr. Tamara Grummt aus dem Umweltbundesamt in Bad Elster zeigte, lässt sich die Bedeutung von Spurenstoffen in Gewässern immer besser einschätzen.

    Michael Weller: Träger des Fachgruppenpreises 2000
    Dr. Michael Weller, der in diesem Jahr den Fachgruppenpreis der Wasserchemischen Gesellschaft erhielt, wurde 1961 in Stuttgart geboren. Nach einem Grundstudium der Chemie an der Universität Stuttgart wechselte er 1985 an die Technische Universität München, wo er 1989 sein Studium mit dem Diplom abschloss. Er promovierte 1992 am Lehrstuhl für Hydrogeologie, Hydrochemie und Umweltanalytik der Universität München. Seit 1994 arbeitet er am Institut für Wasserchemie und Chemische Balneologie der TU München zunächst als Wissenschaftlicher Assistent, seit 1998 als Akademischer Rat an seiner Habilitationsschrift.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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