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04.07.2007 11:33

Samariter-Ratten: Sie helfen selbst unbekannten Artgenossen

lic. phil. Nathalie Matter Abteilung Kommunikation
Universität Bern

    Ratten helfen fremden Artgenossen eher, wenn ihnen zuvor geholfen wurde: Dieses gegenseitig kooperative Verhalten konnte jetzt bei Tieren erstmals nachgewiesen werden. Die bahnbrechenden Resultate einer Forschergruppe aus der Abteilung Verhaltensökologie des Berner Zoologischen Instituts sind aktuell in "Public Library of Science ? Biology" publiziert.

    Ratten, denen zuvor eine Artgenossin geholfen hat, sind eher bereit, wiederum anderen zu helfen, als Ratten, denen zuvor nicht geholfen wurde. Und zwar unabhängig davon, ob sie die Artgenossen kennen oder nicht. Dieses Verhalten war bisher nur beim Menschen bekannt und zeigt, dass eine allgemeine Kooperationsbereitschaft auch im Tierreich eine wichtige Rolle spielen kann. Nachgewiesen haben dies Prof. Michael Taborsky und Dr. Claudia Rutte von der Abteilung Verhaltensökologie des Zoologischen Instituts der Universität Bern.

    Hilfsbereit auch ohne direkte Gegenleistung

    Im Vorfeld ihrer Studie trainierten Taborsky und Rutte einzelne Rattenweibchen darauf, in einem Käfig durch das Ziehen eines Stäbchens Futter im benachbarten Käfig freizugeben, damit eine andere Ratte fressen konnte. Die Ratten, denen durch die trainierten Ratten so zu Futter verholfen wurde, erwiesen danach Artgenossinnen denselben Dienst. Ratten hingegen, die untrainierte Artgenossinnen als Nachbarn hatten und folglich keine Hilfe erhielten, zeigten sich später weniger kooperativ gegenüber anderen.

    Interessant dabei ist: Die getesten Ratten erhielten für ihre Hilfe keine Belohnung, da das Futter jeweils nur der anderen Ratte zugute kam. Ihr Verhalten war also nicht konditioniert und beschränkte sich auch nicht auf einen blossen mechanischen Reflex, da das Stäbchen am häufigsten dann betätig wurde, wenn der benachbarte Käfig nicht leer war, sondern sich eine andere Ratte darin befand.

    Obwohl für sie kein Vorteil daraus erwuchs, zeigten sich Ratten, denen selber geholfen wurde, um 20 Prozent hilfsbereiter als diejenigen Tiere, denen nicht geholfen worden war. Noch höher stieg die Hilfsbereitschaft, wenn einer Ratte eine Nachbarin beigesellt wurde, die ihr bereits zuvor geholfen hatte: Dann betätigten sie das Stäbchen gar um 50 Prozent häufiger.

    "Es handelt sich hier klar um ein soziales Verhalten, das von sozialer Vorerfahrung beeinflusst wird", betont Rutte. "Unsere Studie zeigt erstmals, dass anonyme soziale Erfahrung einen Einfluss auf die Kooperationsbereitschaft hat ? nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Ratten."

    Bisher nahm man an, dass unter nicht verwandten Individuen Kooperation nur dann entstehen kann, wenn sie über das frühere Verhalten ihrer Artgenossen informiert sind. "In unserem Experiment trafen die Ratten aber auf nicht verwandte Artgenossen, die ihnen völlig unbekannt waren", so Rutte. In zahlreichen anderen Studien an Tieren, die Kooperation untersuchen, wurden bisher nur Partner getestet, die sich kannten. Die neue Erkenntnis ist von grosser Bedeutung für die weitere Forschung an sozialen Systemen, wie sie entstehen und wie sie aufrecht erhalten werden.


    Weitere Informationen:

    http://www.kommunikation.unibe.ch/medien/mitteilungen/news/2007/ratten.html


    Bilder

    Wanderratte (Rattus norvegicus). Wanderratten stammen ursprünglich aus den ostasiatischen Steppen und sind heute weltweit verbreitet. Die sehr geselligen Tiere leben in Rudeln mit bis zu 200 Tieren. In der Ethologischen Station Hasli der Universität Bern werden Verhaltensexperimente mit Wildtyp-Wanderratten durchgeführt, um den Einfluss sozialer Erfahrung auf aggressives und kooperatives Verhalten zu untersuchen.
    Wanderratte (Rattus norvegicus). Wanderratten stammen ursprünglich aus den ostasiatischen Steppen un ...
    BIld: Res Schmid, Abteilung für Verhaltensökologie des Zoologischen Instituts, Universität Bern
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    Das Experiment. Von den zwei Tieren im unterteilten Versuchskäfig hat nur eines die Möglichkeit, an einem Stäbchen zu ziehen, so dass eine Plattform an den Käfig herangezogen wird. Aber nur die Käfignachbarin bekommt dabei den begehrten Leckerbissen - eine Haferflocke - serviert.
    Das Experiment. Von den zwei Tieren im unterteilten Versuchskäfig hat nur eines die Möglichkeit, an ...
    Bild: Res Schmid, Abteilung für Verhaltensökologie des Zoologischen Instituts, Universität Bern
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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