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05.07.2007 09:58

Querdenker und Grenzgänger erwünscht

Dr. Christian Jung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
VolkswagenStiftung

    VolkswagenStiftung bewilligt 5,6 Millionen Euro für die Einrichtung von fünf Lichtenberg-Professuren an deutschen Universitäten

    Von Moskau nach Wuppertal, von Maryland nach Homburg/Saar, von Gainesville nach Bonn: Drei der fünf aktuell ausgewählten Lichtenberg-Professoren und -Professorinnen kommen aus dem Ausland und nehmen die Chance wahr, ihre ausgefallenen Forschungsideen an einer deutschen Universität umzusetzen. Innovation und der Blick über den eigenen Tellerrand sind wichtige Voraussetzungen für eine Lichtenberg-Professur - die ersten richtete die VolkswagenStiftung vor drei Jahren ein, heute sind bereits 17 an deutschen Hochschulen implementiert. Ausgewählt wurden die fünf neuen "Lichtenbergs" in diesem Jahr aus insgesamt 22 Bewerbungen, das Fächerspektrum umfasste sowohl geistes- als auch naturwissenschaftliche Themen und die Medizin. Durchsetzen konnten sich Bewerber aus den Bereichen der Mathematik, Physik, Informatik und der Medizin, darunter auch zwei hochdotierte W3-Professuren. Für die fünf Lichtenberg-Professuren stellt die VolkswagenStiftung insgesamt 5,6 Millionen Euro zur Verfügung.

    1. W3-Lichtenberg-Professur für Professorin Dr. Trese Leinders-Zufall an der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes zum Thema "Neuro-endocrine-immune interactions: The molecular basis of chemical communication";
    2. W2-Lichtenberg-Professur für Dr. Björn Scheffler am Institut für Rekonstruktive Neurobiologie der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn zum Thema "Stem cell pathologies";
    3. W1-Lichtenberg-Professur für Dr. Iryna Gurevych am Fachbereich Informatik der Technischen Universität Darmstadt zum Thema "Educational natural language processing";
    4. W2-Lichtenberg-Professur für Dr. Ariane Frey am II. Physikalischen Institut der Universität Göttingen zum Thema "New physics at and a novel pixel detector for the international linear collider";
    5. W3-Lichtenberg-Professur für Professor Dr. Herman Boos am Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften der Universität Wuppertal zum Thema "Algebraic analysis of lattice models and its application to quantum field theory and condensed matter theory".

    Es folgen Informationen zu den fünf Lichtenberg-Professuren.

    Zu 1. Immer der Nase nach
    Wenn man jemanden besonders gut riechen kann, kann man ihn meist auch besonders gut leiden. Doch nicht nur bei der Partnerwahl spielen Duftstoffe, Pheromone, eine Rolle; auch komplexe Verhaltensweisen wie Aggressionen oder soziales Miteinander werden bei Säugern über chemische Signalstoffe beeinflusst. Wenig weiß man bisher darüber, wie die Signale von außen das Hormon- und Immunsystem regulieren. Diese Prozesse aufzuklären, ist das Ziel von Professorin Dr. Trese Leinders-Zufall, die von Baltimore aus an die Universität des Saarlandes gehen wird, um dort eine W3-Lichtenberg-Professur anzutreten. Damit könnte sie die erste Wissenschaftlerin sein, die eine solche W3-Professur übernimmt. Ziel der Stiftung ist es gerade über solche "Five-Star-Professorships", bereits etablierte, international herausragende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nicht klassischer Disziplinen zu gewinnen und ihnen an einer deutschen Hochschule eine Perspektive zu bieten.

    Leinders-Zufall spannt mit ihren Forschungsarbeiten einen Bogen von molekularen dynamischen Membranprozessen im peripheren System der Riechnerven über Funktionen des Immunsystems bis hin zur Hormonregulation im endokrinen System. Derzeit ist wenig bekannt über die Rezeptormoleküle, die die Pheromon-Signale empfangen. Ein breites Spektrum an Methoden möchte die Wissenschaftlerin einsetzen: gezielte Genmanipulation ebenso wie hochauflösende elektrophysiologische und bildgebende Verfahren, aber auch Verhaltensanalyse. Die gebürtige Niederländerin wird mit dieser Professur jetzt ebenso wie ihr Ehemann Frank Zufall an die Universität des Saarlandes berufen. Beide können damit die gemeinsame wissenschaftliche Arbeit fortsetzen - ein gutes Beispiel, sogenannten Dual-Career-Couples eine gemeinsame Zukunft zu eröffnen, um Spitzenforscher und -forscherinnen für sich zu gewinnen.

    Kontakt
    Professorin Dr. Trese Leinders-Zufall
    zurzeit erreichbar an der University of Maryland
    Baltimore/USA
    Telefon: +1-410 706 0112
    E-Mail: tlein001@umaryland.edu

    Zu 2. Wie Stammzellen Krebs auslösen
    Stammzellen sind bekannt als Alleskönner: Zellen, die sich lebenslang teilen und zu differenzieren vermögen und damit in vielen Geweben des gesunden Menschen abgestoßene oder abgestorbene Zellen ersetzen. In den vergangenen Jahren mehren sich allerdings Hinweise, dass diese Alleskönner auch eine dunkle Seite haben: Sie könnten gleichermaßen an der Entstehung von Tumoren beteiligt sein. Die Tumor verursachenden Stammzellen sind das Forschungsobjekt von Dr. Björn Scheffler, der sie im Rahmen einer W2-Lichtenberg-Professur am Institut für Rekonstruktive Neurobiologie der Universität Bonn untersuchen wird.

    Langfristiges Ziel ist es, die Tumor auslösenden Stammzellen aus verschiedenen Organsystemen zu vergleichen, verwandte Mechanismen zu entschlüsseln und daraus möglichst neue Ansätze für Diagnose und Therapie zu entwickeln. Zunächst werden Hirntumore im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen. Aus ihnen isolierte Stammzelllinien sollen phänotypisch und molekular analysiert werden. Darüber hinaus beschäftigt sich der Forscher mit Resistenzen, die sich inzwischen gegen bestimmte Medikamente (Zytostatika) herausgebildet haben - dabei immer den Patienten im Blick mit dem Ziel, Entstehung und Verlauf der meist tödlich verlaufenden Erkrankung zumindest besser zu verstehen.

    Kontakt
    Dr. Björn Scheffler
    zurzeit erreichbar an der
    University of Florida Gainesville, USA
    Telefon: +1-352 392 6754
    E-Mail: bscheffler@mbi.ufl.edu

    Zu 3. Sprache im Internet: E-Learning 2.0
    Wissen erwerben wir heute zunehmend im Internet; ganz neue Formen des Lernens am Computer bringt derzeit vor allem die Entwicklung des Web 2.0 hervor: Beim "E-Learning 2.0" - so der Begriff - verschwindet die klassische Unterscheidung zwischen Lehrern und Lernenden, immer häufiger wird der Lernende selbst zum Wissenslieferanten und Autor. Wikis, Blogs und Podcasts sind Merkmal dieser Entwicklung. Damit diese neuen Wissensquellen sinnvoll ausgewertet und genutzt werden können, ist es notwendig, die Technologien der automatischen Sprachverarbeitung im E-Learning zu erproben und weiterzuentwickeln. Hier setzt die W1-Lichtenberg-Professur an, die Dr. Iryna Gurevych am Fachbereich Informatik der Universität Darmstadt antreten wird. Sie liegt an der Schnittstelle zwischen automatischer Sprachverarbeitung, E-Learning, Informatik und Künstlicher Intelligenz.

    Die Forscherin ist ursprünglich in der Linguistik beheimatet und verbindet nun ihre sprachwissenschaftliche Kompetenz mit der Informatik. Das im Internet gebündelte Wissen adäquat nutzen zu können, setzt besondere Werkzeuge voraus und fordert solch einen interdisziplinären Ansatz. E-Learning stellt dabei eine besondere Herausforderung für die automatische Sprachverarbeitung dar, denn die Sprache der Autoren ist nicht selten fehler- und lückenhaft sowie unstrukturiert; die automatische Sprachverarbeitung ist zudem der im World Wide Web anzutreffenden Begriffsfülle nicht gewachsen. Mit ihrem Schwerpunkt der bildungsbezogenen automatischen Sprachverarbeitung wird Iryna Gurevych sowohl der Sprachverarbeitung als auch dem E-Learning entscheidende Impulse geben. Mit 31 Jahren ist sie die jüngste der fünf Lichtenberg-Professorinnen und -Professoren; die Einrichtung ihrer W1-Professur ist zudem ein gutes Beispiel für die Umsetzung der Tenure-track-Idee.

    Kontakt
    Dr. Iryna Gurevych
    Technische Universität Darmstadt
    Telefon: 0178 1758 413
    E-Mail: gurevych@cre-elearning.tu-darmstadt.de

    Zu 4. Baustein des Universums gesucht
    Weit sind sie gekommen in den vergangenen Jahrzehnten, die Erforscher der Elementarteilchenphysik: Detailliertes Wissen über die Bausteine des Universums und über die zwischen ihnen wirksamen Kräfte haben sie erlangt. Doch einige grundlegende Fragen blieben offen, und nach einem wichtigen Teilchen fahndet man bisher vergebens: Das Higgs Boson ist der letzte fehlende Baustein im Standardmodell der Teilchenphysik und es ist - so die Hypothese - verantwortlich für den Mechanismus, der Teilchen eine Masse zuweist. Experimentell konnte das Teilchen bislang nicht nachgewiesen werden. Sollte es aber existieren, wird man es wohl am Schweizer CERN entdecken, wo mit dem Large Hadron Collider (LHC) ein Teilchenbeschleuniger mit hoher Energie existiert. Geplant ist nun der Bau eines weiteren Teilchenbeschleunigers, des International Linear Colliders (ILC), der den LHC durch Präzisionsmessungen unterstützen soll. Für Instrumente und Datenanalyse des ILC wird Dr. Ariane Frey im Rahmen einer Lichtenberg-Professur am II. Physikalischen Institut der Universität Göttingen zuständig sein - und damit vielleicht an der Entdeckung des Higgs Boson-Teilchens teilhaben können.

    Ihr Ziel ist der Aufbau einer Forschergruppe, die sich im Zuge des künftigen ILC-Projekts unter anderem an der Entwicklung eines Silizium-Pixel-Vertex-Detektors beteiligen soll. Dieser zeichnet sich durch außergewöhnlich präzise Messungen aus. Die Messungen werden dabei nicht nur das Higgs Boson betreffen, die Detektoren eignen sich auch für Experimente mit astrophysikalischen Fragestellungen. Dr. Ariane Frey erfüllt die Voraussetzungen für eine Lichtenberg-Professur noch auf ganz spezielle Weise, war doch Georg-Christoph Lichtenberg, der Namensgeber der Förderinitiative, im 18. Jahrhundert erster Professor für Experimentalphysik in Göttingen.

    Kontakt
    Dr. Ariane Frey
    zurzeit erreichbar am
    Max-Planck-Institut für Physik, München
    Telefon: 089-32354 515
    E-Mail: ariane.frey@cern.ch

    Zu 5. Mathematik und Physik vieler Teilchen
    Für die theoretischen Physiker besteht eine der größten Herausforderungen heute und auf absehbare Zeit darin, das kollektive Verhalten vieler Teilchen quantenmechanisch zu beschreiben. Jeder Fortschritt auf diesem Gebiet wird sich interdisziplinär niederschlagen und neben der modernen Physik auch die Mathematik berühren. Dazu beitragen kann Professor Dr. Herman Boos im Rahmen seiner W3-Lichtenberg-Professur an der Universität Wuppertal. Er widmet sich der Methodologie des quantenmechanischen Vielteilchenproblems und wird insbesondere analytische und algebraische Methoden entwickeln.

    Es gibt nur wenige hochkarätige Gruppen und Personen, die beteiligt sind an den aktuellen internationalen Bemühungen, das Vielteilchenproblem besser zu verstehen. Sehr aktiv ist an der Universität Wuppertal bereits eine Forschergruppe, deren Expertise die integrablen Modelle mit Anwendungen im Bereich der Theorie der kondensierten Materie sind. Weiterhin gibt es eine starke Algebra-Gruppe und ein Graduiertenkolleg "Darstellungstheorie und ihre Anwendungen in der Mathematik und Physik". Mit der Lichtenberg-Professur entsteht an der Universität Wuppertal eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit weltweit einmaligem Profil. Mit Professor Boos, der aus Kasachstan stammt und zuletzt wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Moscow State University war, wurde einer der international führenden Köpfe auf diesem Gebiet gewonnen.

    Kontakt
    Professor Dr. Herman Boos
    zurzeit erreichbar an der
    Moscow State University
    Moskau
    E-Mail: boos@ihep.ru

    Kurzporträts der Lichtenberg-Professoren auf unserer Website unter http://www.volkswagenstiftung.de/fileadmin/downloads/lichtenbergs.pdf

    Weitere Informationen zu der Förderinitiative "Lichtenberg-Professuren" finden Sie auch im jetzt erschienenen Jahresbericht 2006 der Stiftung auf den Seiten 18ff.

    Kontakte

    VolkswagenStiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Christian Jung
    Telefon: 0511 8381 - 380
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

    Förderinitiative
    Fachgebiete der Abteilung für Natur- und Ingenieurwissenschaften, Medizin
    Dr. Anja Fließ
    Telefon: 0511 8381 - 374
    E-Mail: fliess@volkswagenstiftung.de

    Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20070705.


    Weitere Informationen:

    http://www.volkswagenstiftung.de/fileadmin/downloads/lichtenbergs.pdf - Kurzporträts


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Mathematik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin, Physik / Astronomie, Sprache / Literatur
    überregional
    Personalia, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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