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13.07.2007 09:20

Aufgeklärte Eltern kollabieren nicht so oft

Simone Hoffmann Stabsstelle Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Münster

    Münster (ukm/sh). Das hat Tobias Reiske oft erlebt: Eltern, die ihr Kind zum ersten Mal nach einer geplanten Herz-Operation sehen, sind schockiert. "Manche kollabieren schlicht", erzählt der Kinderkrankenpfleger. Der Mensch, den Mutter und Vater über alles lieben, für den sie größt mögliche Verantwortung spüren, liegt scheinbar hilflos, beatmet und mit vielen Kabeln an Geräte verbunden im Bett. Dazu die Angst, ob es dem Kind gut geht, ob es die Folgen der OP verkraftet. Das müssen sie erst einmal verarbeiten. Tobias Reiske hilft ihnen dabei - und zwar schon einige Tage vor der Operation. Seit zehn Jahren klärt der 40-Jährige nun auf der kinderkardiologischen Station am Universitätsklinikum Münster (UKM) Eltern über die Versorgung ihrer Kinder nach der Herzoperation auf.

    "Ich habe gemerkt, dass es den Eltern eine große Hilfe ist, wenn sie ganz genau wissen, warum ihr Kind nach der Operation mit diesen oder jenen Kabeln verbunden ist, und wenn sie wissen, welche Rolle sie als Eltern bei der Versorgung ihrer Herz operierten Kinder spielen." "CARD-AG" hat sich das vierköpfige Team um Reiske genannt, abgeleitet vom englischen Wort für Kardiologie.

    Gemeinsam mit seinen Kollegen der Arbeitsgruppe zeigt Reiske den Eltern in einem ausführlichen Gespräch Fotos anderer Kinder nach einer OP, erklärt die Versorgung ihres Kindes nach dem Eingriff und führt sie über die Kinderintensivstation. "Wir leisten keine ärztliche Aufklärung", stellt Reiske klar. Er und seine Kolleginnen und Kollegen versuchen lediglich, die Aufklärung der Ärzte noch einmal mit Bildern und in einem weiteren Gespräch zu vertiefen. Die Ärzteschaft weiß Reiske dabei hinter sich: "Wir schätzen die Arbeit der CARD-AG sehr", betont Prof. Dr. Johannes Vogt, Chef der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin (Pädiatrische Kardiologie) am UKM. "Für uns ist sie eine wichtige Ergänzung geworden, die aus unserem Klinikalltag nicht mehr wegzudenken ist."

    Etwas, das Reiske in den Vorgesprächen erwähnt, ist die Taufe der häufig wenige Tage alten Babies. Reiske: "Eltern kritisch erkrankter Kinder raten wir dazu, sie vor der OP taufen zu lassen." Das, was dann ungesagt im Raum schwebt, macht allen zu schaffen. "Wir schätzen immer sehr sorgfältig ab, wie weit wir gehen dürfen." Bei manchen Elternpaaren spürt er den Drang, alles wissen zu wollen, andere wollen nur das Nötigste hören - jedes weitere Detail würden sie nicht verkraften.

    Mittlerweile klären Reiske und sein Team nicht mehr nur die Eltern auf: Angefangen hat er mit großen Kindern, seit einiger Zeit sagt er auch Dreijährigen, was sie erwartet. "Die verstehen es sehr wohl, wenn ich Ihnen sage, dass sie nach der OP nicht gut sprechen können, weil sie diesen Schlauch im Hals haben." Für die Gespräche mit Eltern, Kindern und Kleinkindern hat er sich psychologischen Rat geholt. Kinder zu informieren ist dabei eine der schwierigsten Aufgaben der Vorbereitung und setzt großes Einfühlungsvermögen und jahrelange Erfahrung voraus. Aber: "Es hat sich gezeigt, dass mehr Information für die Kinder mitunter auch weniger Bedarf an Beruhigungsmittel für sie bedeutet", betont der Kinderkrankenpfleger. Nach der Aufklärung durch die Card-AG sei für die jungen Patienten vieles nicht mehr so bedrohlich.

    Seit Bestehen der Card-AG hat Reiske engen Kontakt zur UKM-Pflegedirektion. Gemeinsam wollen sie ausloten, wie man das Projekt noch weiter ausbauen kann. Denn Patientinnen und Patienten lediglich zu erzählen, dass sie beatmet, auf die Intensivstation verlegt werden und nach fünf Wochen wieder nach Hause gehen können, sei längst überholt. "Wir freuen uns darüber, dass unsere Patientinnen und Patienten viel selbstbewusster sind als früher. Das veränderte Verhältnis zwischen Patienten, Pflegern und Ärzten haben wir bei der Erstellung des UKM-Leistungskatalogs immer vor Augen", betont Pflegedirektor Michael Rentmeister. Infrastrukturen, mit denen alle Beteiligten nur gewinnen, etabliert er dabei natürlich am liebsten. "Mit Projekten wie der CARD-AG sind wir bestens für die Zukunft gerüstet", ist sich Rentmeister sicher - und spricht dabei im Namen des gesamten UKM-Vorstands. Denn, so Rentmeister, Hightech-Medizin und Maximalversorgung hin oder her: "Wer Ansprache und Empathie im Krankenhaus fördert, fördert diejenigen, um die es geht: unsere Patientinnen und Patienten."


    Weitere Informationen:

    http://www.card-ag.de


    Bilder

    Tobias Reiske kümmert sich in besonderer Weise um die Patienten der kinderkardiologischen Station:
    Tobias Reiske kümmert sich in besonderer Weise um die Patienten der kinderkardiologischen Station:

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    Er klärt Eltern und Kinder über die bevorstehende Herz-OP der Kinder auf.
    Er klärt Eltern und Kinder über die bevorstehende Herz-OP der Kinder auf.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Organisatorisches
    Deutsch


     

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