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Wissenschaft
Satellitendaten von der Eisbedeckung der Antarktis zeigten 1974 erstmals ein riesiges Loch im Winter Eis des Weddell-Meeres. Für die Wissenschaftler eine Sensation, denn die freie Fläche erstreckte sich über 250.000 km2, etwa die Fläche aller westlichen Bundesländer zusammen. Sie tauften es die "Weddell Polynya", ein russisches Wort das in etwa bedeutet "Loch im Eis". Das Phänomen bot viele Rätsel auf. Wodurch entstand das Loch? Welche Bedingungen begünstigten sein fortbestehen? Doch bevor eine Expedition aufbrechen konnte, um direkte Messungen vor Ort durchzuführen, schloss sich das Eis wieder. Dreiunddreißig Jahre nach der Entdeckung veröffentlicht eine deutsch-amerikanische Forschergruppe, darunter ein Ozeanograph vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel, neue Erkenntnisse über die Entstehung der Weddell Polynya.
Die Studie zeigt erstmals einen Zusammenhang zwischen dekadischen Klimaschwankungen in der Südhemisphäre und dem Auftreten der Großen Weddell Polynya. "Die Daten haben uns eine interessante und ungewöhnliche Entwicklung im regionalen Klimageschehen kurz vor der Bildung der Polynya aufgezeigt", erzählt Martin Visbeck, Professor für physikalische Ozeanographie am IFM-GEOMAR und Koautor der Studie. Die Forschergruppe stellte einen Zusammenhang zwischen der Polynya und der Abschwächung der Winde im Gebiet des Zirkumpolarstroms und dem antarktischen Kontinent in den Daten fest. Der Zirkumpolarstrom ist wie eine mächtige Wasserstraße, die den Kontinent umkreist und eine maßgebliche Rolle im Klimageschehen der Antarktis spielt.
Die Abschwächung der Winde löste eine Art Kettenreaktion in dem Zusammenspiel zwischen Atmosphäre, Ozean und Eisbildung aus, stellt die Studie fest. Die Abnahme der Winde führte zu weniger Niederschlag und begünstigte eine stärkere Vermischung der Wassersäule im Weddellmeer. Das wiederum erlaubte ein Aufsteigen von wärmerem Tiefenwasser an die Oberfläche. "Dieses wärmere Wasser schmolz das Eis des Weddell-Meeres und bescherte uns die große Polynya", erläutert der Kieler Meeresforscher das komplexe Geschehen.
Mitte der 70er Jahre konnten sogar Großrechner die riesige Datenmenge, die Satelliten aus dem All zur Erde funkten, nicht in Echtzeit auswerten. Als sich schließlich mit Zeitverzögerung das große Loch im Eis vor den Augen der Wissenschaftler in den Daten auftat, war das Phänomen auch schon wieder verschwunden. Die umgekehrte Kettenreaktion, ausgelöst durch eine Verstärkung der Winde über die letzten 20 Jahre, hatte eingesetzt, so die Erklärung der Autoren Arnold Gordon, Martin Visbeck und Josefino Comiso.
"Leider gab es für uns damals keine Möglichkeit mehr, dieses imposante Loch im Eis durch Schiffsbeobachtungen und Messungen vor Ort zu untersuchen", erzählt Martin Visbeck ein wenig wehmütig. Seitdem schauen die Wissenschaftler Jahr für Jahr gebannt auf die Meereisdaten aus der Antarktis. Die Weddell Polynya zeigte sich seit 1976 jedoch nie wieder. Sie bleibt eine außergewöhnliche Erscheinung.
Die Studie, "A possible link between the Weddell Polynya and the Southern Annular Mode" von Gordon, A.J., Visbeck, M. and J. Comiso (2007) in Journal of Climate, Vol. 20, pp. 2558-2571, ist zu lesen unter http://www.ifm-geomar.de/index.php?id=visbeckpubs
Ansprechpartner:
Prof. Martin Visbeck, Tel. 0431 - 600 4100, mvisbeck@ifm-geomar.de
Mona Botros, M.S., Dipl.-Journ., Tel. 0431 - 600 2807, mbotros@ifm-geomar.de
http://www.ifm-geomar.de Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel
Die Große Weddell Polynya in den Jahren 1974 bis 1976.
Gordon und Comiso/ Lamont-Doherty Earth Observatory
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Informationstechnik, Mathematik, Meer / Klima, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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