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21.08.2007 09:53

Wahnsinnige Kunst

Dr. Christian Jung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
VolkswagenStiftung

    Zwei Fernsehdokumentationen über die Heidelberger Prinzhorn-Sammlungen am 2. und 9. September um jeweils 20.15 Uhr auf arte.

    Eine gebrueder beetz-Filmproduktion in Koproduktion mit dem Südwestrundfunk, arte und dem ZDFdokukanal - gefördert durch die MFG-Medien- und Filmförderanstalt Baden-Württemberg und die VolkswagenStiftung

    Die weltweit bedeutendste Sammlung von Bildern, Skulpturen und Texten aus psychiatrischen Kliniken, die Heidelberger Sammlung Prinzhorn, hat dem Regisseur Christian Beetz ihre Archive und Magazine geöffnet und Einblick gewährt in eigentümlich irisierende Kunstwelten. Ans Licht gekommen sind ebenso faszinierende wie verstörende Werke, Schöpfungen von unverstellter Direktheit und Kraft - entstanden vor etwa hundert Jahren hinter hohen Anstaltsmauern und vergitterten Fenstern und Türen unter heute kaum noch vorstellbaren Umständen.

    Die Besuche des Filmemachers Christian Beetz mündeten in zwei TV-Produktionen: "Wahnsinnige Kunst - der gewebte Schmerz" und "Wahnsinnige Kunst - das unerhörte Genie". Dazu mehr im zweiten Teil der Pressemitteilung.

    Der Ursprung der Sammlung datiert ins Jahr 1919: Der damals als Assistenzarzt an der Heidelberger Universitätsklinik tätige Psychiater und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn (1886 - 1933) forderte in einem Rundschreiben die Leiter psychiatrischer Anstalten im In- und Ausland auf, schöpferische Erzeugnisse ihrer Patienten zu schicken. Das Echo war enorm: Tausende von Objekten, die noch heute den Grundstock der Sammlung bilden, fanden den Weg nach Heidelberg. Hans Prinzhorn selbst hat einige der von ihm in seinem Buch "Bildnerei der Geisteskranken" als "schizophrene Meister" gewürdigten Patienten-Künstler besucht. Das Buch avancierte in den 1920er Jahren zur Bibel des Surrealismus. Die Lebensgeschichten von vielen der künstlerisch Tätigen blieben jedoch über Jahrzehnte im Dunkeln. Erst in den vergangenen Jahren kamen nach und nach die Schicksale der Menschen hinter ihren Werken an den Tag. Christian Beetz nimmt in seinen Dokumentationen diese biographischen Spuren auf und verknüpft sie mit den Kunstwerken zu einer ansprechenden und fesselnden Geschichte der Sammlung Prinzhorn und ihrer "Meister".

    Die in den 1920er Jahren zu einiger Berühmtheit gelangten Werke der Sammlung Prinzhorn wurden 1938 vom damaligen Leiter der Heidelberger Klinik der nationalsozialistischen Wanderausstellung Entartete Kunst zur Verfügung gestellt und somit zur Diffamierung avantgardistischer Kunst missbraucht. Auf der Liste der Leihgaben standen Skulpturen des Holzschnitzers Karl Genzel und Bilder von Franz Karl Bühler. Der ehemalige Kunstschmied Bühler wurde wie Tausende anderer Psychiatriepatienten Opfer der nationalsozialistischen "Euthanasie" oder "Vernichtung lebensunwerten Lebens"; nach 42 Jahren in psychiatrischen Anstalten wurde er im März 1940 im Vergasungsschuppen der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet.

    Die Werke der Sammlung Prinzhorn überdauerten den Zweiten Weltkrieg und gerieten danach in Vergessenheit. Erst seit den 1960er Jahren begann man den wertvollen Bestand zu archivieren und zu restaurieren, seit 2001 hat die Sammlung Prinzhorn ein eigenes Museum in Heidelberg. Für die Erfassung, Erschließung und wissenschaftliche Aufbereitung der Sammlung stellte die VolkswagenStiftung seit dem Jahr 1978 umgerechnet rund 260.000 Euro zur Verfügung und unterstützte jetzt auch die Filmdokumentation.

    Die Dokumentationen im Einzelnen:
    Der Film Gewebter Schmerz zeigt an ausgewählten Werken und Lebensgeschichten von Psychiatriepatientinnen die besondere Situation von Frauen in Anstalten um 1900. Als herausragende und auch auf Grund ihres sozialen Status untypische Figur tritt hier die Malerin Else Blankenhorn hervor. Ihre Bilder hatten großen Einfluss auf den Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner und wirkten so in die Kunst der Moderne hinein.

    Der Film Unerhörtes Genie rekonstruiert anhand der Wahnsysteme, Beeinflussungsängste und Allmachtsphantasien internierter Männer ein (Zerr-)Bild der Gesellschaft in den Jahren um den Ersten Weltkrieg. Neben dem von Hans Prinzhorn am höchsten geschätzten "schizophrenen Meister" Franz Karl Bühler ist hier vor allem August Natterer prominent; ohne die Bilder seiner "großen Halluzination" wie "Der Wunder-Hirthe" wäre das, was wir heute bildnerischen Surrealismus nennen, kaum vorstellbar.

    Eine Sichtungskopie der Filme kann über die Presseabteilung von arteTV, bezogen werden.

    Kontakt:
    Frau Marion Sippel
    E-Mail: m-sippel@arte-tv.de / Telefon: 07221/9364-44

    Weitere Infos unter http://www.gebrueder-beetz.de

    Kontakt

    VolkswagenStiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Christian Jung
    Telefon: 0511 8381 - 380
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

    Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter
    http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20070821


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kunst / Design, Medizin, Musik / Theater, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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