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Wissenschaft
CARL VON OSSIETZKY UNIVERSITAET OLDENBURG, 19. September 1995
Ehrendoktorwuerde für Rudolf Arnheim
Oldenburg. Rudolf Arnheim, einer der bedeuten-den Kultur- und Medienkritiker dieses Jahrhunderts und einst Weggefaehrte Carl von Ossietzkys, ist zum Ehrendoktor der Fachbereiche 2 "Kommunikation & Aesthetik" und 11 "Sprach- und Literaturwissenschaften" der Carl von Ossietzky Universitaet Oldenburg ernannt worden. Der Dekan des Fachbereichs 11, Prof. Dr. Dirk Grathoff, uebergibt dem 91jaehrigen US-Wissenschaftler, der eine Reise nach Deutschland nicht mehr auf sich nehmen kann, am 22. September die Urkunde im Rahmen eines Festaktes am German Department der University of Michigan in Ann Abor, wo Arnheim lebt.
Arnheim, 1904 in Berlin geboren, erhaelt die Ehrendoktorwuerde fuer seine Verdienste auf den Gebieten der Kunstpsychologie, -geschichte und -philosophie, der Film- und Rundfunktheorie sowie der Kultur- und Medienkritik. Die Oldenburger Ehrung bezieht sich auf den Beginn seines wissenschaftlichen Werkes im Berlin der 20er Jahre und seine fruehen filmtheoretischen und -kritischen Arbeiten vor dem amerikanischen Exil. Fuer seine wissenschaftlichen Leistungen in den USA wurde Arnheim mit sechs Ehrendoktorwuerden amerikanischer Hochschulen bedacht. Es gehoerte zu den großen Verdiensten Arnheims, daß er schon in den 20er Jahren Photographie und Film als Kunstform begriff und analysierte - zu einem Zeitpunkt also, als die oeffentliche Wahrnehmung der neuen Medien noch weit von einem Kunstverstaendnis entfernt war. "Film als Kunst" ist denn auch der Titel des ersten großen Buches, das er 1932 bei Rowohlt veroeffentlichte und das 1974 und 1979 in deutschen Neuausgaben wiedererschien. Arnheims Lebensweg und wissenschaftlicher Werdegang ist gepraegt vom Schicksal eines deutschen Intellektuellen juedischer Herkunft in diesem Jahrhundert. Nach dem Studium bei der Gestaltpsychologen max Wertheim, Wolfgang Koehler und Kurt Lewin und der Promotion 1928 an der Berliner Universitaet wurde er Redakteur an der "Weltbuehne", fuer die er bereits waehrend des Studiums als freier Mitarbeiter geschrieben hatte und die von Carl von Ossietzky redaktionell geleitet wurde. Insgesamt schrieb er 174 Beitraege fuer die "Weltbuehne". 1933 ging er zunaechst ins faschistische Italien, wo ihm noch keine rassistische Verfolgung drohte. Dort arbeitete er in einem Lehrfilminstitut des Voelkerbundes fuer eine internationale Film-Enzyklopaedie und schrieb das 1936 in London erschienene Buch "Rundfunk als Hoerkunst", die erste bedeutende Analyse der akustischen Dimension des neuen Mediums Radio. In Deutschland wurde es erst 1979 veroeffentlicht. 1939 mußte der Wissenschaftler Italien wegen der nun auch dort eingefuehrten Rassengesetze verlassen, emigrierte zunaechst nach Großbritannien und ein Jahr spaeter in die USA, wo er Psychologieprofessor am Sarah Lawrence College im Staat New York und zugleich Lecture und Visiting Professor an der beruehmten Exiluniversitaet "New School for Social Research" wurde. 1968 - mit 64 Jahren - wurde er an die Havard University auf die Professur fuer Psychologie of Art berufen. Sechs Jahre lehrte er an der Eliteuniversitaet bis zu seiner Pensionierung 1974. Weitere zehn Jahre - bis zu seinem 80. Lebensjahr - unterrichtete er danach als Gastprofessor an der University of Michigang in Ann Arbor. Zahlreiche hohe Funktionen und Ehrungen begleiteten Arnheims Lebensweg. U.a. war er President der American Society for Aesthetics, Gastprofessor an der Columbia University und der Ochanomizu University in Tokio. Er erhielt Ehrendoktorwuerden der Rhode Island School of Design (1976), des Bates College (1981), der Marquette University (1984), des Kansas City Institute (1985), des Massachusetts College of Art (1985) und des Sarah Lawrence College (1985). Hinweis: In der Sendereihe "Zeugen des Jahrhunderts" strahlte das ZDF am 3., 19. und 26. Januar 1988 ein dreiteiliges Interview mit Rudolf Arnheim aus.
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