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Wissenschaft
Günther-Leibfried-Preise 1995 vergeben
Die Entwicklung eines neuartigen Transistortyps, Prozesse an Katalysatoren und die Herstellung glatter Kristallschichten: Dies sind die Themen, mit denen sich die drei Gewinner des diesjährigen Günther-Leibfried-Preises beschäftigten. Dr. Jörg Appenzeller erhält 5000 DM, Dr. Sebastian Horch 3000 DM und Dr. Georg Rosenfeld 2000 DM. Das Forschungszentrum Jülich vergibt diese Preise an ehemalige Doktoranden als Anerkennung für die allgemeinverständliche Darstellung ihrer Doktorarbeit.
Kleiner als ein Virus
Daß ein neuer Transistortyp, der Interferenztransistor, grundsätzlich zu verwirklichen ist, bewies Dr. Jörg Appenzeller vom Institut für Schicht- und Ionentechnik in seiner Dissertation. Die von der Elektro- und Computerindustrie gewünschte Verkleinerung des herkömmlichen Transistors stößt zunehmend an Grenzen, die mit Hilfe des Interferenztransistors überwunden werden können. Ein Transistor kann einen großen elektrischen Strom mit Hilfe eines kleinen Stromes schalten. Das Ein- und Ausschalten des kleinen Stromes wirkt wie ein Tor, das geschlossen und geöffnet werden kann. Ist es offen, wird der große Strom nahezu ungehindert hindurchgelassen; ist es geschlossen, hält es den Strom zurück. Dieses Schaltprinzip und damit der Transistor ist in der Elektro- und Computerindustrie von großer Bedeutung. Stromfluß kommt durch die gerichtete Bewegung von Elektronen zustande.
Die Idee des neuartigen Transistors besteht darin, die Welleneigenschaften der Elektronen auszunutzen. Wellen zeigen das Phänomen der Interferenz: überlagert sich ein Wellenberg einer Welle mit dem Wellenberg einer anderen Welle, so resultiert eine größere Gesamtwelle. überlagert sich dagegen ein Wellenberg mit dem Wellental einer anderen Welle, so werden die Wellen ausgelöscht. Bei dem neuen Transistor, der kleiner ist als ein Virus, kann mit Hilfe einer angelegten Spannung gesteuert werden, ob sich Elektronenwellen auslöschen oder verstärken sollen - und somit kann kontrolliert werden, ob ein Strom fließt. Messungen zeigen, daß der entwickelte Interferenztransistor gut funktioniert; vorläufig allerdings nur bei sehr niedrigen Temperaturen (nahe -270°C) und bei kleinen Strömen.
Ein erster Schritt, Grenzen der Miniaturisierung zu unterschreiten, ist getan.
Anders als vermutet
Katalysatoren sind in der chemischen Industrie von überragender technologischer Bedeutung. Sie beschleunigen chemische Reaktionen, ohne selbst bei dieser Reaktion verbraucht zu werden. Damit ermöglichen sie, daß viele chemische Prozesse überhaupt wirtschaftlich durchführbar sind. Als "Kat" im Auto sind Katalysatoren fester Bestandteil unseres Alltages. Die Selbstverständlichkeit, mit der man heute einen Wagen mit "Kat" kaufen kann, erweckt den Eindruck, als wisse man genau, wie Katalysatoren funktionieren. Daß aber längst nicht alle Prozesse an einem Katalysator bisher richtig verstanden wurden, konnte Dr. Sebastian Horch vom Institut für Grenzflächenforschung und Vakuumphysik zeigen.
Mit Hilfe eines von ihm weiterentwickelten Rastertunnelmikroskops widerlegte er die gängige Lehrmeinung über die Anlagerung von Gasen an einer Katalysatoroberfläche. Dr. Horch untersuchte, an welcher Stelle genau sich Gase an einer Katalysatoroberfläche anlagern. Als Modellsystem für einen Katalysator wählte er Platin und als anlagerndes Gas Xenon, ein Edelgas. Um die ablaufenden Vorgänge beobachten zu können, wurde die Geschwindigkeit dieser Prozesse durch sehr niedrige Temperaturen verringert; sie wurden also bei etwa -260 Grad C "eingefroren". Mit Hilfe eines Rastertunnelmikroskops können Atome seit einigen Jahren sichtbar gemacht werden. Dr. Horch entwickelte dieses Gerät so weiter, daß es auch bei den erforderlichen tiefen und variablen Temperaturen arbeitet. Die rastertunnelmikroskopischen Aufnahmen der untersuchten Katalysatoroberfläche waren eine überraschung. Die ersten Xenonatome lagern sich anders als vermutet an: Sie belegen Plätze, an denen sie mit einer möglichst geringen Anzahl an Platinatomen in Kontakt treten. Außerdem stoßen sie später hinzukommende Xenonatome ab. Die erhaltenen Ergebnisse sind ein kleiner, aber wichtiger Schritt hin zu dem Ziel, die Wirkungsweise eine Katalysators im Detail zu verstehen.
Keine Hügellandschaften mehr
Beschreibbare CDs, neue Generationen von Computerchips und Magnetsensoren bei Anti-Blockiersystemen in der Automobilindustrie haben etwas gemeinsam: Ultradünne Kristallschichten. Sie sind stets wesentlicher Bestandteil dieser technologisch wichtigen Systeme. Dr. Georg Rosenfeld vom Institut für Grenzflächenforschung und Vakuumphysik entwickelte während seiner Dissertation Verfahren, mit denen solche Kristallschichten gleichmäßig und glatt hergestellt werden können. Er hat dabei die bisherigen Schwierigkeiten überwunden. Häufig entstehen nämlich atomare "Hügellandschaften", wenn zur Herstellung der dünnen Schicht ein Material im Vakuum auf eine Kristalloberfläche aufgedampft wird. Für den technologischen Gebrauch einer dünnen Schicht sind solche Hügel aber ungünstig. Gewünscht ist ein Material, das glatt ist; dazu muß es schrittweise, Atomlage für Atomlage, auf eine Kristalloberfläche aufwachsen. Eines der Verfahren, die Dr. Rosenfeld ausgearbeitet hat, erreicht dies durch eine periodische änderung der Temperatur auf der Kristalloberfläche. Zum Beginn des Wachstums jeder Lage ist sie tief, nämlich etwa -160 Grad C; während des weiteren Wachstums ist sie vergleichsweise hoch (0 Grad C). So gelang es, glatte Schichten aus Silber herzustellen - einem Material, das normalerweise immer Hügel bildet. Bei anderen Verfahren werden vor dem Aufdampfen des Materials bestimmte Substanzen - beispielsweise Antimon - auf die Kristalloberfläche aufgebracht oder die wachsende Schicht wird mit geladenen Teilchen ("Ionen") bombardiert. Auch dadurch läßt sich das Hügelwachstum verhindern.
Erinnerung an Prof. Leibfried
Das Forschungszentrum Jülich als eine aus Öffentlichen Mitteln des Bundes und des Landes geförderte Großforschungseinrichtung betrachtet es als eine wichtige Aufgabe, seine wissenschaftlichen Ergebnisse der Öffentlichkeit näherzubringen. Deshalb wird seit 1990 der Günther-Leibfried-Preis an diejenigen Doktoranden vergeben, die sich durch hervorragende wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet haben und in der Lage sind, die Ergebnisse ihrer Arbeit in allgemeinverständlicher Form schriftlich und mündlich der interessierten Öffentlichkeit darzustellen.
Der Preis wurde benannt nach dem 1977 verstorbenen Direktor am Institut für Festkörperforschung, Prof. Dr. Günther Leibfried. Vorstand und Wissenschaftlich-Technischer Rat würdigen damit die Verdienste Prof. Leibfrieds um den Aufbau des Forschungszentrums und erinnern an seine lebendige Art, Forschung und ihre Ergebnisse zu vermitteln.
Foto der Preisträger auf Anfrage: Tel. (0 24 61) 61-46 61 oder E-mail an: p.schaefer@kfa-juelich.de oder kfa@kfa-juelich.de
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