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Wissenschaft
Die vom Bund deutscher Kriminalbeamten vorgelegten Zahlen sind erschreckend: Rund 100.000 Kinder in Deutschland werden von Jahr zu Jahr vernachlässigt. Und diese Entwicklung beschleunigt sich rasant. Ist die Schwelle, bei der zur Sicherung des Kindeswohls in das Elternrecht eingegriffen werden kann, nach der Novellierung des Gesetzes zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls niedrig genug, um Kinder wirkungsvoll zu schützen? Darüber diskutierten Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis beim 1. Mönchengladbacher Symposium zu Kinderschutz und Kindeswohl in der Hochschule Niederrhein. Nach mehrheitlicher Ansicht reichen die geplanten Maßnahmen nicht aus, um künftige Fälle von Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern zu verhindern. Die Eingriffsschwelle müsse gesenkt werden. Nachbesserungen am Gesetzentwurf seien im Interesse des Kindeswohls angeraten.
Für die Konferenz hatte die aus dem Juristen Peter Schäfer, dem Familienrichter Walter Röchling und dem Psychotherapeuten Michael Borg-Laufs bestehende Arbeitsgruppe Kinderschutz des Fachbereichs Sozialwesen hochrangige Experten u.a. aus dem Bundesjustizministerium gewonnen. In der Diskussion formte sich der Eindruck heraus: Die Politik tut sich schwer, eine grundlegende Neuausrichtung zu vollziehen. Das ist jedoch, wie vor allem die Beiträge von Psychologen über die psychischen und sozialen Folgen von Verwahrlosung deutlich machten, im Interesse des Kindeswohls erforderlich. Zwar müssen die Familiengerichte auch jetzt schon eingreifen, wenn das Kindeswohl gefährdet ist, doch gebe es eine "gewisse Bandbreite" der anzuordnenden Maßnahmen, so Walter Röchling. Vor allem müsse den Gerichten ermöglicht werden, eher als bisher einzugreifen.
Eines der größten Probleme in der täglichen Gerichtspraxis sei z.B. das von den Eltern gedeckte oder hingenommene oder jedenfalls erzieherisch nicht genügend angegangene Schulschwänzen. Das Spektrum der Sorgerechtsmaßnahmen reiche hier bis zur Trennung des Kindes von seinen Eltern. Zwar gebe es die Möglichkeit, durch eine beaufsichtigende Pflegschaft oder durch Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts zu versuchen, Einfluss auf das Verhalten des Kindes zu nehmen. An diesem Beispiel werde aber deutlich, so Röchling, dass das neue Gesetz nur etwas bringe, wenn auch die Eingriffsschwelle gesenkt werde, um ein - vom Gesetzgeber ja ebenso gewünschtes - früheres, schnelleres und präziseres Eingreifen zu ermöglichen.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Psychologie, Recht
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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