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Wissenschaft
9.10.1996
Temperaturrekord am Fusionsexperiment WENDELSTEIN 7-AS WENDELSTEIN 7-AS erzeugt das weltweit heisseste Stellarator-Plasma
Eine ueberraschende Steigerung der Plasmatemperatur auf das anderthalbfache - auf 16 Millionen Grad - ist am Fusionsexperiment WENDELSTEIN 7-AS im Max-Planck-Institut fuer Plasmaphysik (IPP) in Garching gelungen. Dies ist die hoechste jemals in einem Experiment vom Typ Stellarator erreichte Ionentemperatur. Gemessen an seinen kleinen Abmessungen ist dies fuer WENDELSTEIN 7-AS ein beachtlicher Erfolg, auch wenn die - wesentlich groesseren - Fusionsanlagen vom Typ Tokamak heute Temperaturen bis zu 400 Millionen Grad erreichen. Von besonderer Bedeutung ist das Stellarator-Ergebnis fuer den Nachfolger WENDELSTEIN 7-X, der in einem neugegruendeten IPP-Teilinstitut in Greifswald entstehen soll.
Ziel der Fusionsforschung ist es, aehnlich wie die Sonne aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie zu gewinnen. Brennstoff ist ein duennes Wasserstoff-Plasma, d.h. ein ionisiertes Wasserstoff-Gas, in dem sich Elektronen und Kerne (Ionen) voneinander getrennt haben. Zum Zuenden des Fusionsfeuers wird der Brennstoff in einem ringfoermigen Magnetfeldkaefig eingeschlossen und auf hohe Temperaturen aufgeheizt. Ist die Waermeisolation des magnetischen Kaefigs ausreichend gut, so beginnt das Plasma oberhalb einer Temperatur von 100 Millionen Grad zu "brennen": Die Wasserstoffkerne verschmelzen miteinander zu Helium, wobei nutzbare Energie freigesetzt wird.
Problem Teilchen- und Waermeeinschluss Die Hoehe der in einem Experiment erreichbaren Plasmatemperatur haengt nicht nur von der Staerke der Heizung und der Groesse des Plasmas ab. Ebenso wichtig ist die Guete des Magnetfeldkaefigs, d.h. die Frage, wieviel Teilchen und damit auch Teilchenenergie waehrend einer Entladung nach aussen verloren gehen. Dieser Teilchenverlust, die Diffusion, haengt - abgesehen von den Plasmaeigenschaften wie Plasmadichte und Temperatur - auch von der Form des Magnetfeldkaefigs ab.
In den vergangenen Jahren wurden eine Reihe von Experimenten angestellt, um diese wichtigen Bestimmungsgroessen zu untersuchen. Man stellte fest, dass unter anderem ein zusaetzlich angelegtes, schwaches Magnetfeld die Teilchendiffusion verringern kann. Legt man die Felder an den richtigen Stellen an, gleichen sie naemlich Unregelmaessigkeiten und Unsymmetrien aus, die /2
durch die vorgegebene Form der Magnetspulen entstehen. Vor allem an den Stellen starker Kruemmung der Magnetfeldlinien sind die Teilchenverluste besonders hoch. Eine Glaettung des Feldverlaufs kann deshalb die Dichtigkeit des Magnetkaefigs erhoehen. Untermauert und erklaert wurden diese Versuche durch ausfuehrliche Feld- und Teilchentransportberechnungen. Zusaetzlich bemuehte man sich um besonders saubere Gefaesswaende, was dafuer sorgt, dass die Plasmaheizung besonders wirksam ist.
Der damit erreichte Erfolg war aber trotzdem fuer alle ueberraschend. "Eine Ionentemperatur von 16 Millionen Grad ist fuer die kleine Maschine mit nur 40 Zentimeter Plasmadurchmesser ein beachtlicher Erfolg", meint der Leiter dieser Experimentserie, Dr. Manfred Kick: "Stellaratoren anderer Bauart kommen bisher naemlich nur auf die Haelfte dieser Temperatur. Auch vergleichbar grosse Tokamaks lagen um 25 Prozent darunter."
Die gemessenen 16 Millionen Grad sind die hoechste in einem Stellarator weltweit erreichte Ionentemperatur. (Fuer die Temperatur der Plasmaelektronen hielt WENDELSTEIN 7-AS mit Spitzenwerten von 30 Millionen Grad schon laengere Zeit den Stellarator-Weltrekord). Abgesehen von dem Erfolg fuer das Experiment ist dieses Ergebnis auch fuer den geplanten groesseren Nachfolger WENDELSTEIN 7-X von Bedeutung. Er wird mit einem in vieler Hinsicht optimierten Magnetfeldkaefig arbeiten. Zum Beispiel sind hier die magnetischen Zusatzfelder, die beim Vorgaenger WENDELSTEIN 7-AS zur Glaettung des Feldes benutzt werden, von vornherein in die Form des Magnetfelds aufgenommen. WENDELSTEIN 7-X wird in einem neugegruendeten IPP-Teilinstitut in Greifswald entstehen und soll die Kraftwerkstauglichkeit der neuen optimierten Stellaratoren demonstrieren. Die jetzt erreichten Ergebnisse des Vorgaengers lassen die Zuversicht nochmals steigen, die angestrebten Ziele zu erreichen.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Elektrotechnik, Energie, Mathematik, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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